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Wenn Grabkreuze erzählen

Der alte Friedhof bei St. Sebastian in Füssen

Im Monat November wird auf den Friedhöfen besonders der Verstorbenen gedacht und die Verbundenheit mit ihnen zum Ausdruck gebracht. Grabkreuze und Grabstätten haben eine bedeutsame Symbolik, die Kreuze sollen den Weg der Verstorbenen zu Gott symbolisieren. Die Geschichte der Grabkreuze reicht über viele Jahrhunderte zurück, bereits seit der frühen Neuzeit finden sie Verwendung. Zunächst wurde als Material überwiegend Holz oder Stein verwendet, in der Zeit des Barock wurden die Kreuze zunehmend aus Eisen gefertigt.

Alle diese Grabstätten auf den Friedhöfen können darüber hinaus auch Geschichte und Geschichten erzählen. Ein Paradebeispiel dafür ist der alte Füssener Friedhof zwischen der Franziskanerkirche und der Kirche St. Sebastian, innerhalb der Stadtmauer gelegen, der im Jahre 1528 angelegt wurde. Ein Gang durch die Reihen der Grabstätten, auch integriert in die Stadtführungen, ist immer auch ein Gang durch die Stadtgeschichte Füssens. Denn auf den Gräbern von früher ist natürlich mehr an Wissenswertem zu entdecken als nur nüchterne Daten, wie sie heutzutage üblich sind.

Die Fragen der Besucher zielen natürlich auf prominente Persönlichkeiten, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben. Als da wären Domenico Quaglio, der Erbauer von Schloss Hohenschwangau, die Freiherren vom Geschlecht Freyberg zu Eisenberg, der Stadtpfarrer Johann Baptist Graf, der vor 150 Jahren den Kreuzweg auf den nahen Füssener  Kalvarienberg errichten ließ oder ebenso Dekan Simpertus Holzmann, der im Jahre 1818 von Seiner Majestät, dem König von Bayern, die goldene Civil-Verdienst-Medaille als musterhafter Seelsorger erhalten hatte und nicht zuletzt Pater Franz-Xaver Seelos, im Jahr 2000 in Rom selig gesprochen, ein gebürtiger Füssener, verstorben Anno 1867 in New Orleans. Nur wer sich in dieser Oase der Ruhe und Stille auskennt wie in seiner Hosentasche, kann solch interessante und liebenswerte Details an die Besucher vermitteln.
Da begegnen einem dann auch Berufe aus früheren Zeiten wie Müller oder Schmied, Rotgerber oder königlicher Posthalter. Die tugendsamen Jungfrauen und Jünglinge tauchen ebenso auf wie Privatiere oder Füssens letzter Nachtwächter, was die Besucher natürlich zum Staunen bringt.

Und wenn man dann die Besucher an die Grabsteine einer Bremsersgattin, der Frau Hauptzollamtsoffizial oder danach einer Colonialwarengeschäftsinhaberin und sogar auch der Regierungsvermessungsratsgattin hinführt, zeigt sich immer ein Schmunzeln auf allen Gesichtern. Noch jede Menge weitere und interessante Details warten auf Besucher, die meisten davon sicher auch nicht allen Füssenern bekannt, der alte Friedhof ist zu jeder Jahreszeit einen Abstecher wert. Wie gut, dass es ehrenamtliche Helfer wie Fredl Hofmann und Isidor Bernhard gibt, die sich liebevoll um dieses einmalige Kleinod kümmern.

Für Isidor Bernhard wird im kommenden Jahr ein Nachfolger gesucht, Meldung bei Interesse bitte im Pfarramt St. Mang, Luitpoldstraße 10 oder unter Telefon 08362/6190.

Text · Bild: Manfred Sailer

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