KulturLeben

Eine Weltpremiere

Mit dem Komponisten Frank Nimsgern inszeniert die Regisseurin und Autorin Birgit Simmler das Musical „Freischütz – Seele für Seele“

Quasi in Personalunion als Regisseurin und Autorin des neuen Musicals „Freischütz – Seele für Seele“, das am 1. Mai im Festspielhaus Neuschwanstein Füssen seine Weltpremiere feiert, ist Birgit Simmler maßgeblich für die Inszenierung der ursprünglichen Opfer „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber verantwortlich. Für die gebürtige Münsteranerin, die seit mehreren Jahren künstlerische Leiterin der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel ist, ist es die erste Arbeit am Festspielhaus mit Frank Nimsgern, der die Musik zu dem Musical geschrieben hat und Theaterdirektor Benjamin Sahler. 

Kurz vor der Premiere hat sich „Füssen aktuell“ mit der 49-Jährigen unterhalten, die auch schon in Berlin, München, Wien und am New Yorker Broadway künstlerisch tätig war und darüber hinaus über ein Staatsexamen in Deutsch und Englisch sowie einen Diplom-Abschluss als Executive Master in Arts Administration verfügt.

Was hat Sie dazu bewogen, mit dem Festspielhaus zusammenzuarbeiten?
„Nachdem ich zuerst Frank Nimsgern bei einem Symposium zum Thema ‚Perspektiven des deutschen Musicals‘ in Wunsiedel und ein Jahr darauf auch Benjamin Sahler kennengelernt habe, haben wir festgestellt, dass wir die gleiche künstlerische Ader haben. So sind wir beispielsweise auch mal auf die Oper ‚Der Freischütz‘ zu sprechen gekommen. Dabei hat Benjamin Sahler dann gesagt, dass dies durchaus auch ein Thema für die Region Füssen sein könnte. Diesen Gedanken haben wir schließlich weiterverfolgt und daraus den Entschluss gefasst, mit einer Neuinszenierung dieses Stücks für die beiden Spielstätten, die Felsenbühne in Wunsiedel und das Füssener Festspielhaus, gemeinsame Synergien zu ziehen. Das Festspielhaus in Füssen hat schließlich eine der großartigsten Innenbühnen Deutschlands mit einer fantastischen Technik und dem Wasserbecken. Hier bietet sich eine spannende Möglichkeit, eine große, optisch opulente Produktion mit großen Bildern auf die Bühne zu bringen. Daher waren Benjamin Sahler und ich relativ schnell beieinander.“ 

Haben Sie vorher schon mal mit Frank Nimsgern zusammengearbeitet?
„Ja, unter anderem bei der Bearbeitung des Schauspiels ‚Sturm‘.“

Wie sehr ist das Musical an die Oper von Carl Maria von Weber angelehnt?
„Von der ursprünglichen Oper haben wir eigentlich nur die Grundidee übernommen. So geht es auch in unserem Musical um einen Liebeskonflikt beziehungsweise um die manchmal unterschiedlichen Vorstellungen von Eltern und Kindern im Leben. Dabei erzählen wir unser Stück aus der Sicht des gefallenen Engels Samiel und damit aus einer sehr biblischen Perspektive. Bei uns spielen aber andere Figuren auf der Bühne, die auch andere Namen als im Original haben. Alles dreht sich um  eine Familiensituation mit drei Wesen aus einer anderen Welt. Darüber hinaus geht es um die großen Menschheitsfragen, um den Sinn des Lebens, um die große, einzige Liebe, aber auch um Rache, Vergeltung und Hass. Dabei haben wir Motive aus dem alten Märchen genommen, wie etwa den Teufel, die Versuchung der Verführung, die Macht der Liebe, magische Kugeln, das ist zum Teil sehr faustisch. Es gibt aber keine reine Opernbearbeitung, und nur ein einziges Freischütz-Zitat kommt darin vor. Ansonsten halten wir uns eher an das alte Märchen, das aufgenommen und weiterverarbeitet wird. Wer unser Stück als eine Neuerarbeitung eines ältlichen Stoffes anerkennt, hat, glaube ich, sehr viel Spaß daran. Wer eine Opernadaption mit viel Wiedererkennungseffekt des Werkes von Carl Maria von Weber erwartet, wird dagegen enttäuscht sein.“

Welche Art von Musik werden die Besucher in der Inszenierung von Ihnen und Frank Nimsgern zu hören bekommen?
„Wir haben natürlich modernere Klänge als im Original von von Weber, so kommen auch ein wenig rockige Passagen und E-Gitarrentöne vor. Es wird jedoch nicht nur rockig. Frank Nimsgern hat so viele lukullisch große, melancholische, sinfonische Orchesterarrangements eingebaut. Damit haben wir versucht, die mystische Kraft in der Erzählung und der Musik abzubilden.“

Was hat Sie daran gereizt, eine Oper als Musical zu inszenieren?
„In erster Linie fand ich es spannend, die Teufelsdarstellung in der deutschen Literatur dabei in den Mittelpunkt zu stellen. So wollte ich schon seit längerem einmal eine Teufelsgestalt auf die Bühne bringen. Natürlich in moderner Fassung und mit moderner Sprache. Ich wollte den ‚Freischütz‘ von von Weber einfach ‚entstauben‘. Daraus ist schließlich etwas sehr Neues und sehr Mystisches entstanden, so dass man sagen kann: ‚Es weht ein frischer Wind durch unser Werk.‘ Im Zentrum steht dabei, wie bereits erwähnt, die enorme Macht beziehungsweise die Essenz des Gefühls der Liebe, womit unser Musical allgemein zeitlos gehalten ist.“ 

Sie haben das Buch zu dem Bühnenwerk geschrieben. Gab es bei der Umsetzung als Musical Herausforderungen, die Sie nicht erwartet haben?
„Frank Nimsgern wollte unbedingt eine starke musikalische Referenz an die ursprüngliche Oper und hat dafür ein großes orchestrales Instrumentalstück von viereinhalb Minuten Länge komponiert, dem ich schließlich Rechnung tragen und es als Regisseurin sowie Autorin bei der Inszenierung mit einbauen musste. Das war nicht ganz einfach.“ 

Sie haben schon häufiger Profis und Laiendarsteller zusammen auf die Bühne gebracht. Wie war das bei dieser Inszenierung, haben Sie die Bühnendarsteller dazu alle selber ausgesucht?      
„Ja, aber diesmal arbeiten wir nur mit Profidarstellern. Mit dem Cast habe ich dazu im Mai vergangenen Jahres einen ersten Workshop sowie heuer im Januar einen zweiten Workshop und mit einem Großteil zwischendurch das Musical „Jesus Christ Superstar“ auf die Bühne gebracht, so dass ich sagen kann, man ist gut eingerockt und man kennt und liebt sich.“

Wie sind die Proben verlaufen?
„In den letzten Wochen haben wir sechs Tage die Woche jeden Tag acht Stunden geprobt. Das ist auf der einen Seite sehr anstrengend, da die Probenarbeit viel Energie aus einem zieht. Andererseits macht es aber auch viel Spaß, weil wir ein fantastisches Ensemble haben, mit dem sich emotionale Synergien auf der Bühne ergeben. So baut die Probenarbeit einen gleichzeitig auch wieder mit viel Energie auf.“

Wie sind Ihre Eindrücke von der Zusammenarbeit mit dem Festspielhaus Neuschwanstein? Können Sie sich vorstellen, in Zukunft wieder etwas in Füssen zu inszenieren? 
„Das kann ich mir sofort vorstellen. Das Haus ist fantastisch, es atmet Kunst und wagt immer wieder mal etwas Neues. Die Möglichkeiten hier sind großartig und es macht total Spaß, hier zu arbeiten.“

Könnte auch ein Hiesiger den Freischütz darstellen, zumal das Allgäu ja eine ländliche Gegend ist, wo auch gejagt wird?
„Die bayerische, allgäuerische Jägerromantik, die vielleicht mehr dem Original der Oper entspricht, ist zwar unserer Neufassung zum Opfer gefallen, aber der mystischen Gewalt der Natur, der man nicht mehr Herr wird, kann man hier auf jeden Fall besser nachspüren als in der Großstadt.“ 

Am 1. Mai ist Premiere in Füssen. Wie lange bleiben Sie hier?
„Ich bleibe bis zum 2. Mai, dann fahre ich wieder nach Wunsiedel, wo am 5. Mai die Proben für die Sommerproduktion des Musicals ‚Freischütz – Seele für Seele‘ bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel beginnen.“         

Text:Sabina Riegger · Foto: privat

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