
„Der Sommer gehört dem Theater!“
Schauspielerschar in alt und jung
Es ist 19 Uhr, im Proberaum der Geierwally-Freilichtbühne im Lechtaler Elbigenalp trudeln nach und nach mehr als ein Dutzend Mitwirkende ein. Die verschworene Gemeinschaft aus vielen Stammspielern und einigen neuen Darstellern trifft sich bereits seit Anfang Mai beinahe jeden Werktag abends zu einer Probe. Aufgeführt soll ein Stück über Anton Falger werden, den Universalgelehrten und Mäzen des Lechtals.
„Das Proben im Gebäude ist fast Zeitverschwendung“, stellt der künstlerische Leiter der Geierwallybühne, Bernhard „Berny“ Wolf, nüchtern fest und bittet seine Schauspielerschar nach draußen, auf die rund 40 Meter breite Bühne vor der imposanten Felsenwand der Schlucht des Bernhardstals. Das sei der Unterschied zwischen Laien- und Profidarstellern: Die Profis hätten viel mehr Zeit, die Laien der Geierwallybühne müssten das Stück in den wenigen Abendstunden einstudieren.
Auch wenn noch keinerlei Kulisse zur Verfügung steht: Auf der geräumigen Bühne können die Akteure sich realistisch bewegen und keine reinen „Trockenübungen“ veranstalten, wie es im Proberaum der Fall wäre. Lediglich ein Möbelstück hat Hauptdarsteller Erwin Haider zur Verfügung: Er sitzt an einem Tisch und denkt zurück an sein Leben.
Zum Stück: Man schreibt das Jahr 1876. Seinen Lebensabend verbringt der weitgereiste, beruflich wie künstlerisch erfolgreiche Anton Falger wohlhabend in seinem Zuhause in Elbigenalp. Er lässt sein Leben Revue passieren, gibt Einblicke in seine persönlichen Triumphe und Niederlagen, berichtet von seinen Kontakten zu Goethe, Schiller, Beethoven und Königin Marie von Bayern. Und er erzählt von seiner Gründung der Lechtaler Zeichenschule, die Vorgängerin der Schnitzschule war.

Eine von Falgers Schülerinnen war Anna Stainer-Knittel, die als Vorlage für den berühmten Roman „Geierwally“ diente. Der Universalgelehrte unterstützte die Armen, auch die Schulen des Lechtals, und die Errichtung eines Doktorhauses, das heute als „Wunderkammer“ viele seiner Werke beherbergt.
Das Stück ist eine etwas angepasste Neuauflage des Werkes „Todtentanz“ aus dem Jahr 2015. Das künstlerische Lebenswerk Johann Anton Falgers, die Tafelbildserie „Todtentanz“, bildet den Rahmen für die Gespräche, die Falger an seinem Lebensabend im Lechtal auf der Geierwallybühne führt. Die vor zehn Jahren etwas verhaltene Reaktion der Besucher veranlasste nun das Autorenteam Wolf und Christof Kammerlander, das Stück etwas gefälliger umzuschreiben und so dem Publikumsgeschmack mehr entgegenzukommen.
Der 67-jährige Erwin Haider hatte schon in der Vergangenheit bei der Verpflegungsstation der Geierwallybühne mitgearbeitet. Der gelernte Tischler war gut drei Jahrzehnte hauptberuflich bei der Wildbachverbauung tätig. Und seine Funktion als Schützenhauptmann lastete seine Freizeit weitgehend aus. Bis er vor zwei Jahren in Pension ging.
Als ihn Wolf – er spielt den jungen Falger – angefragt habe, stellte er fest: „Jetzt in der Pension habe ich wieder Zeit“. Denn wenn er etwas mache, dann richtig. Schließlich halte ihn die Schauspielerei geistig jung. Bei dem vielen Text, den er habe, helfe seine Frau Sonja mit und höre ihn ab. Ihm ist aber auch die zeitliche Auslastung in diesem Jahr bewusst: „Der Sommer gehört dem Theater!“
Die zwölfjährige Ronja Larcher war schon letztes Jahr dabei. Heuer spielt sie die junge Anna Stainer-Knittel, die Zeichenschülerin bei Falger war. Die Figur der Stainer-Knittel diente als Vorlage für den berühmten Roman sowie die Verfilmungen der „Geierwally“. Ronja stellt auch noch ein Dienstmädchen sowie eine Münchner Stadtbewohnerin dar.
Wie das mit den drei Charakteren zusammengeht? Sie habe zwar drei Rollen, aber nur in einer einen Text. Die Truppe zusammenhalten, das ist die Aufgabe von Madeleine Weiler als Regisseurin. Sie war bereits beim „Todtentanz“ im Jahr 2015 als Regie-Assistentin tätig. Bei der „Reichen Lisabeth“ im Jahr 2022 war sie dann Co-Regisseurin. Die 35-Jährige hat sich ein Zimmer in Elbigenalp gemietet, um während der Woche nicht den weiten Weg aus ihrem nahe Innsbruck gelegenen Heimatort Telfs ins Lechtal machen zu müssen. Sie muss aber nicht nur die abendlichen Proben leiten.
„Der Unterschied zwischen Laien- und Profibühnen“ liegt laut Wolf unter anderem in der intensiveren Vorbereitung, da die Laien weniger Stunden zur Verfügung haben. So muss Weiler tagsüber nochmals die Texte der abendlichen Proben überprüfen, die Musik des Komponisten (und Co-Autors) Christof Kammerlander einbeziehen und Änderungen bei den Kostümproben vornehmen.
Helfend zur Seite steht ihr Julia Amprosi als Regie-Assistentin. Die 31-Jährige hat Weiler im Theater in Imst kennengelernt. „Man kann sich viel herauspicken“, freut sie sich auf die Regieassistenz. Sie würde auch gerne Rollen spielen, auf jeden Fall aber weiter in Sachen Regie machen.
Die Premiere findet am Samstag, 5. Juli 2025 statt. Die weiteren Termine sind jeweils freitags und samstags, bis zum Samstag, 23. August 2025. Beginn ist jeweils 20.30 Uhr. Karten gibt‘s über Lechtal Tourismus, Telefon +43(0) 5634 5315 12.
E-Mail geierwally@lechtal.at
An den Spieltagen ist die „Wunderkammer“ in Elbigenalp kostenfrei für die Theaterbesucher geöffnet. Gezeigt wird die Sonderausstellung „Anton Falger – Universalgenie vom, im und fürs Lechtal“.
Text · Fotos: Anton Reichart



