
Es war ein historischer Moment. Zum ersten Mal hat in der vergangenen Woche in Füssen eine muslimische Bestattung stattgefunden. Die Lechstadt ist damit die erste Kommune im Altlandkreis Füssen, die diese natürliche Art von Bestattungen jetzt anbietet.
Erst vor gut zwei Jahren hatte der Freistaat Bayern als Gesetzgeber die Bestattungs-Verordnung gelockert und den Weg dafür geebnet. So besteht zwar weiterhin eine Sarg-Pflicht, nur werden Ausnahmen seitdem auch zugelassen. Um diese Art der Bestattung korrekt durchführen zu können, haben die Mitarbeiter des Füssener Friedhofs ihren Kollegen in der Landeshauptstadt München über die Schulter geschaut.
„Die Friedhofsverwaltung in München hat uns hier sehr weitergeholfen“, sagt Andreas Rösel, Leiter des Füssener Standesamtes. „Wir haben dort Schulungen bekommen, haben mit Dummies geübt und gelernt, wie das genau gemacht wird und was dabei alles zu beachten ist.“ So konnten wir jetzt die erste muslimische Beerdigung nahezu ohne Probleme durchführen. Die muslimische Gemeinde war sehr angetan und hat sich ausdrücklich bei uns bedankt.“
Die muslimische Bestattung folgt dabei einem festgelegten Ritual. Nach der Waschung und dem Totengebet wird der Verstorbene in ein weißes Leinentuch gehüllt. Das sogenannte Kefen ist zumeist aus demselben Stoff, der auch von Pilgern während der Wallfahrt getragen wird. Der Verstorbene wird schließlich in ein Erdgrab gehoben. Dabei blickt das Gesicht des Toten gen Mekka zur Kaaba, dem zentralen Heiligtum des Islam.
Bevor das Grab mit Erde geschlossen wird, werden Holzbretter wie ein Dach über den Leichnam gelegt. Dadurch entsteht ein Hohlraum, der den Verwesungsprozess in Gang setzt. Bedenken bezüglich des Grundwassers gibt es dabei keine, so Rösel. „Der Kiesboden unter dem Waldfriedhof bietet die besten Grundvoraussetzungen und der Lech mit dem Forggensee als nächste Gewässer sind weit genug entfernt.“
Andreas Rösel sieht in der nun möglichen muslimischen Bestattung einen Gewinn für die Stadt, den Friedhof und vor allem die Füssener Bürgerinnen und Bürger, die muslimischen Glaubens und hier seit mittlerweile drei oder sogar vier Generationen Zuhause sind.
„Der Friedhof ist ein Friedhof für alle Bürger dieser Stadt. Wichtig ist, dass wir als Füssener auch immer zusammenhalten. Wir hoffen auch, dass der Waldfriedhof insgesamt wieder einen anderen Stellenwert in der Bevölkerung bekommt.“
Noch bis vor wenigen Jahren war es für viele Muslime gängig, sich in ihrem Heimatland bestatten zu lassen, weil nur dort eine traditionelle Beerdigung möglich war. Allerdings war dies auch mit hohen Kosten verbunden, um die Überführung in das Ausland zu finanzieren.
Immer mehr Friedhöfe in Deutschland bieten in den vergangenen Jahren muslimische Gräberfelder. So ist auch die Zahl der Bestatter, die diese Art von Beerdigung nach den Riten des Islam durchführen, in den letzten Jahren gewachsen. Im Allgäu werden auch in Kempten und Kaufbeuren islamische Bestattungen angeboten.
Text. Lars Peter Schwarz