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Die schönen Frauen des Königs

Bei einem Besuch der eindrucksvollen Räumlichkeiten des Schlosses Nymphenburg in München kommt man in den Genuss, die sogenannte Schönheitengalerie im ersten Obergeschoss zu bewundern. Eine Sammlung von Frauenporträts, die im Auftrag König Ludwigs I. von Bayern, Großvater des Märchenkönigs Ludwig II., entstanden ist.

Von 1827 bis 1861 ließ Ludwig I. 38 der – seines Erachtens – schönsten Frauen auf Leinwand bannen.

Ursprünglich wurden diese Schönheiten allerdings nicht in Nymphenburg präsentiert. Ihr eigentlicher Bestimmungsort war die Münchner Residenz. Hier konnten die schönen Damen bis zur Bombardierung dieses Stadtschlosses im Jahr 1944 in zwei separaten Räumen bewundert werden.

Der Maler Joseph Karl Stieler wurde von König Ludwig I. mit der Fertigung der Gemälde beauftragt. Ein namhafter Künstler, für den bereits Goethe und Beethoven Modell saßen. Schon Ludwigs Vater König Max I. Joseph war vom Können des gebürtigen Mainzers beeindruckt und hatte ihn zum Hofmaler ernannt. Alle Schönheiten in König Ludwigs Galerie, ausgenommen die beiden zuletzt gemalten, stammen aus seiner Hand.

Ob eine Dame in die Reihe der schönen Frauen aufgenommen wurde, entschied der König höchstpersönlich. Allerdings erhielt er aus seinem Umfeld Vorschläge und Hinweise auf passende „Frauenzimmer“. Unter den porträtierten Damen befanden sich aber nicht nur Adelige; auch Schauspielerinnen, Sängerinnen, Tänzerinnen sowie Töchter aus ärmeren Schichten gehörten zu den Auserwählten. So hing das Porträt der Tochter eines Wildprethänderls oder der Tochter eines Schuhmachermeisters neben einer Prinzessin oder einer zukünftigen Königin.

Bald tuschelte ganz München, dass der leidenschaftliche Monarch stets auf der Suche nach schönen Gesichtern war. „Besuchte man damals ein Odeonskonzert, so fand man schon vor Beginn desselben fast alle Eckplätze von Mädchen und Frauen besetzt. Sie wussten, dass der König nach Schluss der Symphonie Reihe um Reihe musterte und die Außensitzenden ihm am meisten in die Augen fielen.“ Doch nicht allen gefiel es, durch die Gunst des Königs einen Platz in der Sammlung zu erhalten. Man munkelte, dass sich unter den gemalten Schönheiten auch Frauen befanden, zu denen sich der König weitaus mehr hingezogen fühlte, als es einem verheirateten Mann zugestanden hätte. Als beispielsweise der Verlobte Amalia von Schintlings erfuhr, dass ihr Porträt für die Schönheitengalerie bestimmt war, setzte er alles daran, dies zu verhindern. Er machte sich erhebliche Sorgen um den guten Ruf seiner Zukünftigen. Großer familiärer Zwist entstand, als sich der Vater Amalias weigerte, sein Versprechen an den König zurückzunehmen. So wich Amalias Mutter während jeder Sitzung in Stielers Atelier nicht von deren Seite. Die Auseinandersetzungen machten der ohnehin gesundheitlich angeschlagenen jungen Frau sehr zu schaffen. Amalia starb noch im Jahr der Fertigstellung ihres Porträts im Alter von 19 Jahren.

Ganz anders trug es sich – zumindest anfänglich – bei der Entstehung des Porträts der Schauspielerin Charlotte von Hagn zu. Sie gefiel dem König besonders. Er verfasste ihr zu Ehren Gedichte, Huldigungsverse, schrieb ihr Briefe und stattete ihr Besuche ab. Musste sie in Stielers Atelier Modell sitzen, konnte man davon ausgehen, dass auch Ludwig I. dort anzutreffen war. Der schönen Schauspielerin wurde die offenkundige Zuneigung des Königs jedoch bald unangenehm. Sie verließ München, um in Berlin und Dresden auftreten zu können. Ludwig war außer sich vor Wut und verbannte Charlotte gänzlich von den Münchner Bühnen.

Das Gemälde der Marchesa Marianna Florenzi hatte für den König eine besondere Bedeutung. Seit sich die beiden 1821 in Rom das erste Mal begegnet waren, war ihr Ludwig ganz und gar verfallen. Unzählige Male besuchte der König Marianna in Italien, und auch die junge Italienerin reiste nach München. Ihre tiefen Bande werden durch unzählige Briefe, die sich die beiden bis zu Ludwigs Tod schrieben, deutlich.

Amouröse Eskapaden des Königs entwickelten sich aber nur zu wenigen Frauen der Schönheitengalerie. Die meisten der bewunderten Damen wurden aufgrund ihrer tatsächlichen ästhetischen Schönheit in die Sammlung aufgenommen. Auch die Attraktivität enger Familienmitglieder floss in die Gemäldereihe ein. Stieler porträtierte eine von Ludwigs Halbschwestern, seine jüngste Tochter, zwei Schwiegertöchter sowie eine Nichte. Die Frau, die dem König am nächsten stand – seine Ehefrau Königin Therese, erhielt jedoch keinen Platz in der Schönheitengalerie.

Das wohl skandalträchtigste Bildnis innerhalb dieser Gemäldesammlung ist das Portrait der Lola Montez. Jener Hochstaplerin, die den König mit ihrem Charme um den Finger gewickelt und ihn letztlichen sogar den Thron gekostet hatte. Die Beziehung der beiden war reiner Zündstoff. Als Ludwig seine Geliebte in den Adelstand aufnehmen ließ, explodierte die Stimmung in München. Lola musste Bayern verlassen. Langsam, aber stetig mischte sich Schwermut in den so leidenschaftlichen Charakter des Königs. Seit dem Fortgang der Montez aus München war viel geschehen. Ludwig I. hatte auf den bayerischen Thron zu Gunsten seines Sohnes verzichtet; seine Ehefrau starb unerwartet und auch der Maler Joseph Karl Stieler war mittlerweile verstorben.

Beim Besuch seiner Tochter, der Großherzogin Mathilda von Hessen, veränderte sich jedoch seine Stimmung grundlegend, denn dort lernte er Carlotta Freiin von Breidbach-Bürresheim kennen. Ludwigs Leidenschaft entflammte erneut. Knall auf Fall verliebte er sich in die erst 18-jährige Frau, die als Hofdame in Diensten seiner Tochter stand. In den folgenden Monaten war Ludwig auffallend oft zu Besuch am Hof seiner Tochter und lud sie und ihre Hofdame nach Bayern ein. Er schrieb nicht nur an Carlotta; unzählige Briefe gingen auch an seine Tochter, die er bat, Carlotta von seiner tiefen Zuneigung zu überzeugen. Sein Werben gipfelte in einem Heiratsantrag, den die junge Hofdame zurückwies. Ludwig war am Boden zerstört.

Doch trotz der Zurückweisung blieb das Porträt Carlottas fester Bestandteil der Schönheitengalerie und kann neben den weiteren 37 Damen bis heute bewundert werden.

Text: Vanessa Richter
Foto: Wikipedia

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