KulturLeben

Ein schönes Paar feiert Goldene Hochzeit

Die Städtepartnerschaft zwischen Füssen und Palestrina begeht 50-jähriges Jubiläum

Füssen war also die Schöne, auf die die Wahl der glutäugigen Südländer aus Mittelitalien bei deren Suche nach einer Braut aus dem nördlichen und weit entfernten Germania 1971 fiel. Hatte doch die in der Nähe von Rom gelegene Kleinstadt Palestrina damals den dringenden Wunsch, mit einer deutschen Stadt in Verbindung zu treten, weshalb man sich diesbezüglich an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Rom wandte, wo Erwin Wäspy aus Füssen arbeitete. Ihn kontaktierte denn auch der römische Fotojournalist Professor Angelo Mercuri, der ein begeisterter Freund der Lechstadt war und gleichzeitig von Palestrina schwärmte. So kam es, dass Wäspy und Mercuri quasi die Paten einer Partnerschaft wurden, die am 1. Juni 1972 offiziell besiegelt wurde und in diesem Jahr Goldene Hochzeit feiern kann. Die Städtepartnerschaft von Füssen mit Palestrina, die heuer nun ihr 50-jähriges Jubiläum begeht, hatte indes auch eine Frau ganz entscheidend mit auf den Weg gebracht: Cilly Kahle, die ehemalige Leiterin des Füssener Kulturamtes. Die „Mutter“ der Städtepartnerschaft, als welche sie Füssens Altbürgermeister Dr. Paul Wengert einmal bezeichnete, organisierte und betreute seit 1972 eine Vielzahl von Besuchen Füssener Delegationen in der Stadt im Latium sowie von Gegenbesuchen palestrinesischer Abordnungen in der Stadt am Lech, nachdem sie die Partnerschaft von Füssener Seite auch maßgeblich mit vorbereitet hatte. Über die vielen Jahre hinweg besuchten demzufolge zahlreiche Füssener Vereine, Gruppen und Privatpersonen Palestrina. Genauso machten umgekehrt aber auch immer wieder Palestrineser Füssen ihre Aufwartung und sorgten so dafür, dass die beiden kleinen Städte zu einer Art europäischem Ehepaar wurden, dessen Ehegatten von vornherein ohnehin einige Gemeinsamkeiten hatten. Dementsprechend liegen beide Orte jeweils am Fuße von Bergen, während sie zudem sowohl einwohnermäßig als auch bezüglich ihrer Fläche ähnlich groß sind (Füssen hat rund 15 500 Einwohner und ist 43 Quadratkilometer groß, Palestrina gut 22 000 Einwohner bei einer Größe von etwa 46 Quadratkilometern).

Cilly Kahle
Quasi die Hebamme der Städtepartnerschaft

Die frühere Kulturamtsleiterin Cilly Kahle hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Freundschaft von Füssen und Palestrina seit mittlerweile einem halben Jahrhundert besteht.
„Mich hat man damals dazu verdonnert, mich um das Einfädeln dieser Städtepartnerschaft zu kümmern“, sagt Cilly Kahle heute mit einem Lächeln im Gesicht. Dabei dürfte ihre Aufgabe, die beiden kleinen Städtchen Füssen und Palestrina enger miteinander zu verbandeln, nicht immer ganz einfach gewesen sein. So klagte die ehemalige, langjährige Leiterin des Füssener Kulturamts später auch einmal. „Meine Güte, das lerne ich nie.“ Und damit meinte die heute 93 Jahre alte, von vielen in Füssen als „Mutter der Städtepartnerschaft“ bezeichnete Grande Dame des Kulturreferats nicht nur die italienische Sprache. Ganz schön zu schaffen machte Kahle denn auch immer wieder mal die zwischen ihren Allgäuer Landsleuten und den in der Nähe von Rom lebenden Südländern bestehende, unterschiedliche Auffassung davon, was zum Beispiel Planung und Pünktlichkeit angeht.

Mittlerweile alles Schnee von gestern, zumindest für Cilly Kahle, die das 50-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Füssen und Palestrina, das heuer gefeiert werden darf, vermutlich viel entspannter genießen dürfte, als so manchen früheren Geburtstag dieser Städtefreundschaft. Diese hatten sich einst der italienische Fotograf Professor Angelo Mercuri und der bei der deutschen Botschaft in Rom angestellte Erwin Wäspy aus Füssen ausgedacht und in die Wege geleitet, womit sie beim damaligen Füssener Bürgermeister Dr. Ernst Enzinger 1971 nicht unbedingt offene Türen eingetreten haben. „Er war zuerst nicht so begeistert davon“, erzählt Kahle, die dann aber von Enzinger den Auftrag erhielt, die Kontakte nach Palestrina herzustellen. Nach einigem Hin und Her und mittels Kommunikation über die italienische Botschaft in München organisierte Kahle dann das erste Treffen in Palestrina, in dessen Rahmen am 1. Juni 1972 schließlich Enzinger und sein italienischer Kollege Professor Giulio Fornari die Partnerschaftsurkunde unterzeichneten.

Neben Mercuri und Wäspy, die heute als die Väter der Städtepartnerschaft gelten, wird Kahle daher als die Mutter dieser mittlerweile seit einem halben Jahrhundert existierenden Freundschaft bezeichnet. Bald war diese „mir eine Herzensangelegenheit“, erklärt Kahle, die von 1972 an bis 1990 jedes Jahr mindestens zwei, drei Gruppen von Füssenern, darunter unter anderem Jugendliche, Vereine oder Stadträte, nach Palestrina geführt und im Laufe der Zeit fließend italienisch zu sprechen gelernt hat. Kein Wunder, dass die ehemalige Kulturamtsleiterin bei ihren zahlreichen Italien-Reisen viel erlebt hat, als sie nicht nur mit den Füssener Rathauschefs Enzinger, Otto Wanner, Dr. Paul Wengert, Christian Gangl und zuletzt 2012 mit Paul Iacob in Palestrina war, wo sie nach wie „viele Freunde“ hat. Immerhin haben auch zahllose italienische Abordnungen regelmäßig Füssen besucht. Allerdings war der gegenseitige Kontakt Kahles Auskunft nach eine Zeitlang „ein bisschen eingeschlafen“, den von Seiten Füssens „nur die Böllerschützen“ am Leben erhalten haben. Das hat sich inzwischen wieder gebessert und so würde sie selbst auch „von Herzen gerne wieder mal nach Palestrina“ fahren. Schließlich haben es sicherlich nicht nur ihr die italienische „Leichtigkeit und Herzlichkeit“ besonders angetan. Abgesehen davon, schwärmt Kahle von Palestrina als einer tollen, alten Stadt mit viel Geschichte und charmantem, südländischem Flair, über das einst schon Johann Wolfgang von Goethe schrieb: „Kennst du das Land, wo die Citronen blühn, im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn, ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, die Myrte still und hoch der Lorbeer steht. Kennst du es wohl? Dahin! Dahin. Möchte ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.“

Bewusst oder unbewusst entsprach diesem Wunsch möglicherweise auch die Tat zweier Teilnehmer einer Fahrt des Füssener Stadtrats nach Palestrina vor vielen Jahren. Nachdem sie nämlich auf dem Rückweg von einem Ausflug nackt im Meer gebadet hatten und dabei von der Polizei erwischt worden waren, sagte Füssens Bürgermeister Otto Wanner: „Wir lassen sie am besten da!“ Auch Cilly Kahle unterstreicht schließlich, dass es „immer eine Gaudi“ war und Palestrina im Laufe der langen Zeit so etwas wie „meine zweite Heimat geworden“ sei.

Text: Alexander Berndt: Fotos: Stadt Füssen

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