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Von Plastikmüll zur Designerbrille

Doch was macht man mit so vielen Tonnen von Plastikmüll? Diese Frage stellte sich auch François van den Abeele. Gemäß seiner Philosophie, dass Nachhaltigkeit bezahlbar sein muss, weil man nur so in der Masse etwas bewegen kann, reifte in ihm die Idee, bezahlbare, aber qualitativ hochwertige Recycling-Produkte zu produzieren. Zuerst wollte er Surfshorts produzieren. Aber die Schritte, bis aus Plastikmüll ein Kleidungsstück wird, waren doch zu kompliziert. „Es sollte unbedingt ein emotionales Lifestyle-Produkt werden, dass uns nahe ist – und mit dem man ein Statement setzen kann. Eine Billigsonnenbrille aus Asien war dann die Erleuchtung für mich: Aus Plastik – und mitten in unserem Gesicht! Heute können wir sagen: Mit jeder gekauften Sea2see-Brille trägst du dazu bei, dass fünf Kilo Plastikmüll aus dem Meer geholt und recycelt werden“, erzählt er in einem Interview mit opticundvision. So gründete er sein Unternehmen Sea2see in Barcelona. Seit 2015 ist es sein Ziel, ein globales Bewusstsein für diese Problematik der Plastikverschmutzung der Ozeane zu schaffen. „Wir haben Pionierarbeit in der Brillenindustrie geleistet und damit bewiesen, dass Meeresplastikabfälle eine großartige Rohstoffquelle sind. Wir produzieren keine Brillen oder Uhren, sondern ein Statement der Veränderung, das von jedem getragen werden kann, der bereit ist, für unsere Ozeane einzustehen“, so der Vater zweier Töchter. François van den Abeele ist überzeugt davon, dass immer mehr Menschen Nachhaltigkeit wollen und deswegen auch umweltbewusster einkaufen. Ob das nun Nahrungsmittel sind, Brillen oder Mode. Im Grunde ist es nicht wichtig um welches Produkt es sich handelt. Mit Brillen hatte der studierte Betriebswirtschaftler vorher nichts zu tun, aber die Verbindung zu Meer, Sonne, Stil und Mode lag für ihn nahe.

13 Prozent der gesamten Plastikkontamination der Ozeane wird durch „Geisterfischerei“ verursacht, das sind Fischernetze (aus einem der stärksten, nicht biologisch abbaubaren Kunststoffe), die verloren gehen, verlassen oder von Fischern auf See entsorgt werden und Abfallinseln und -strudel bilden, die Hunderttausende von Meeressäugern und Fischen töten.

„Wir sammeln fast eine Tonne täglich an verlassenen Netzen, Seilen und Plastik. Fischergemeinden arbeiten zusammen und legen Plastikmüll in mehr als 150 Containern in 30 Häfen Spaniens ab“, so van den Abeele. Die Fischer seien hoch motiviert, um ihr schlechtes Image als Meeresverschmutzer zu verbessern. Ein Prozentsatz des Umsatzes von Sea2see gehe an Umweltorganisationen zurück. Ein weiterer Aspekt des Unternehmens ist, dass es dem Müll eine Wertigkeit geben, die sich für die Fischer finanziell auswirkt. . „Wir haben die gesamte ghanaische Küste abgeklappert und den dortigen Fischern gesagt, dass sie ihre alten Seile und Netze nicht einfach in die Landschaft werfen sollen, weil das schlimm für die Umwelt ist. Wir sagten: „Sammelt den herumliegenden Müll auf, wir kaufen ihn euch ab.“

Inzwischen sind die Sea2see-Brillen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Spanien, Italien, den Niederlanden und Belgien erhältlich. Deutschland hat den stärksten Absatzmarkt, gefolgt von Österreich und der Schweiz. Hier scheint man verstanden zu haben, was Nachhaltigkeit bedeutet. Hauptsächlich sind es unabhängige Optiker, die Sea2see verkaufen. Einige große Ketten führen die Brillen auch, doch für sie hat der Unternehmer eine eigene Kollektion entworfen, damit die Exklusivität für die Independent-Optiker gewährleistet ist. Für den Unternehmer ist es wichtig, dass Nachhaltigkeit nicht exklusiv sein kann und darf – sie MUSS für jedermann zugänglich sein. Deshalb gibt es bei Sea2see auch keinen Gebietsschutz. „Wir verkaufen hier keine Brillen, sondern ein Statement!“, so seine Aussage.

Nachgefragt bei
Holger Höhne, Dipl. Ing.- FH

Herr Höhne, warum haben Sie sich entschlossen, die Sea2see Brillen in ihrem Verkauf aufzunehmen?
Weil ich die Idee einfach sehr gut finde. Grundsätzlich sollte von uns jedem das Ziel sein, dass gar kein Müll im Meer landet und wir umweltbewusster denken. Nachhaltigkeit ist nicht immer so einfach zu erfüllen, wie es sich anhört. Nichtsdestotrotz bin ich der Meinung, wenn wir schon so ein Projektbeispiel haben, dass wir es auch unterstützen sollten.

Dass die Brillen aus Plastikmüll sind wissen, wir bereits. Doch sind sie wirklich so nachhaltig wie sie beschrieben werden?
Die Produktion von Sea2see-Brillen erfüllt die strengen Vorgaben von ‚Cradle to Cradle e.V.‘ und erhielt die Zertifizierung in Gold. Konkret heißt dies, dass die für die Brillenproduktion benötigte Energie in vollem Umfang aus erneuerbaren Quellen stammt beziehungsweise in den Produktionsprozess zurückgeleitet wird. Abwässer werden durch eigene Filteranlagen gereinigt und belasten die Umwelt nicht zusätzlich.

Wie sehen sie die Brillen aus der Sicht eines Optikers?
Wir sind von den Brillen begeistert. Es sind modische, leichte und robuste Brillen. Man muss sich selbst davon ein Bild machen.

Sind die Brillen nur für Erwachsene?
Nein, es gibt sie auch für Kinder und Senioren. Die Kollektion ist vielfältig. Von der klassischen Sehbrille bis zur Sonnen- und Sportbrille.

Holger Höhne · Reichenstraße 20 · 87629 Füssen
Tel. 08362 6109 · www.optik-foto-niebler.de


Text: Sabina Riegger · Fotos: sea2see

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