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Kein eindimensionaler Tourismus

Maximilian Eichstetter nennt ihn einen Meister in Netzwerken und interdisziplinärem Austausch im Allgäu. „Wir beide sind auf optimales gemeinsames und zielgerichtetes Arbeiten ausgerichtet”, so der Rathauschef und hebt hervor, dass Fredlmeier mit seinem Team nicht nur eindimensional den Tourismus entwickle, sondern auch Beiträge zu einem funktionsfähigen Lebensraum für Leben, Arbeiten und Urlauben leiste. Füssen aktuell sprach mit Stefan Fredlmeier über die Entwicklung des Tourismus und seine Ziele für die weiteren fünf Jahre.

Wie zufrieden sind Sie über die touristische Entwicklung, die Sie in den letzten Jahren geprägt haben, abgesehen von Corona?
Trotz aller Herausforderungen bin ich zufrieden mit der Entwicklung, die vielen großartigen und inspirierten Akteuren zu verdanken ist. Die Stadt Füssen kann stolz darauf sein, als touristischer Spitzenort wahrgenommen zu werden.

Wie sehr hat sich der Tourismus in Füssen in den letzten zehn Jahren verändert?
Im Vergleich zu 2009 haben wir quantitativ – die coronabedingten Rückgänge einmal außer Acht gelassen – wie qualitativ einen großen Sprung gemacht. Die Tourismusbranche ist deutlich professioneller als früher. Die Herausforderungen sind mit der Internationalisierung, der Digitalisierung und der gestiegenen Erwartungshaltung der Gäste allerdings auch spürbar größer geworden.

Sie sind ein Verfechter für Qualitätstourismus. Haben wir den in Füssen erreicht oder sind wir noch entfernt davon?
In vielen Bereichen sind wir auf einem sehr guten Weg. An anderen Stellen hat der „Mitnahmeeffekt“ auf der internationalen „Rennstrecke“ zu einer Erosion von Qualität geführt. Man spürt den Unterschied zwischen Gastgebern aus Berufung und reinen Geschäftsleuten ohne wirklich touristische Widmung.

Es gab immer wieder die Frage über die Zuständigkeit mancher Infrastrukturen und ihrer Finanzierung. Ein banales Beispiel sind die öffentlichen Toiletten, Wanderwege oder auch Veranstaltungen. Ist es überhaupt möglich, klare Linien zu ziehen, was ausschließlich Touristen bzw. nur Einheimische nutzen?
Klare Linien und eine objektive Abgrenzung zwischen der Nutzung durch Gäste und der Nutzung durch Einheimische gibt es nicht. Dafür müsste man die Nutzungen direkt erfassen, was aber kaum umsetzbar ist. Haushaltsrechtlich gibt spätestens das Finanzamt vor, wie hoch die jeweiligen Anteile sind. Im Operativen müssen Stadt und FTM sich im guten Miteinander einigen, wer welche Aufgaben aufgrund seiner Kompetenz oder auch der Finanzierung am besten übernimmt. Unter dem Strich ist es für Gäste und Einheimische oft egal, wer für was zuständig ist. Hauptsache, es funktioniert.

Was sind ihre nächsten Ziele, die sie für Füssen in den kommenden Jahren umsetzen wollen?
Wir – ich spreche für das Unternehmen und unser Team – möchten Füssen als zukunftsfähigen und zukunftsverantwortlichen Lebensraum, in dem Leben, Arbeit und Urlaub konfliktarm und gut ausbalanciert möglich ist, weiter stärken. Dazu gehört es nicht allein, immer neue Marketingmaßnahmen umzusetzen. Noch wichtiger ist es, Störungen und Defizite in den Griff zu kriegen, die die Lebens- und Urlaubsqualität negativ beeinflussen. Ganz oben auf der Agenda stehen Themen wie Nachhaltigkeit inklusive Besucherlenkung, Mobilität, Digitalisierung und die Stärkung des Gesundheitsstandortes. Die Nachhaltigkeit steht dabei nicht neben der Qualität, sondern ist ein integraler Qualitätsbaustein.

Sie sprechen von Füssen als Gesundheitsstandort. Jeder Gesundheitsstandort hat seine Besonderheit. Was ist die Besonderheit in Füssen und gibt es da bereits bestehende Strukturen oder müssen die erst noch aufgebaut werden?
Füssen ist ein Gesundheitsort mit hoher Kompetenz und weitreichender Erfahrung, allerdings diesbezüglich im Vergleich zu anderen Orten wie Bad Wörishofen oder Bad Füssing extrem unterschätzt. Dies liegt daran, dass die Gesundheitskompetenz im Schatten der sonstigen touristischen Stärken verweilt. Mit der Profilierung als Kneipport moderner Prägung mit gutem Schlaf als Spitzenleistung wollen wir aus diesem Schatten heraustreten und stärker als Gesundheitsort wahrgenommen werden. Dazu gilt es nicht zuletzt, die Basisversorgung mit Kurärzten und Therapeuten zu sichern, sie noch stärker mit den Kurhotels zu vernetzten und damit erweiterte Grundlagen für eine gemeinsame Angebotsentwicklung und das Management von Kurangeboten zu schaffen.

Braucht es da nicht auch eine innerstädtische Infrasruktur, die dem Gesundheitstourismus bzw. den Gästen entgegenkommt?
Im öffentlichen Raum haben wir massiv an der Infrastruktur gearbeitet, die den Status Füssens als Kur- und Gesundheitsort sehr gut unterstreicht, gleichzeitig so erlebnisorientiert ist, dass sie auch „normale“ Urlauber anspricht und natürlich genauso den Einheimischen zur Verfügung steht. Eine stärkere räumliche Zusammenfassung von Gesundheitsdienstleistern wäre sicher einerseits für Kunden und Patienten wünschenswert, andererseits würde sie auch Synergien schaffen. Inwiefern sich so etwas in der weiteren Entwicklung materialisiert, kann ich nicht sagen, bin aber sicher, dass solche Gedanken auch bei den weiteren Überlegungen zur Stadtentwicklung auf einen fruchtbaren Boden fallen.

Welche Unterstützung wünschen Sie sich von der Stadt Füssen, um den Tourismus noch mehr zu stärken oder zu stabilisieren?
Ich habe den Eindruck, dass das Bewusstsein für die Querschnittsfunktion des Tourismus und dementsprechend auch für die gemeinsame Verantwortung für diese Form der Wirtschaftsförderung im Vergleich zu früher deutlich gestiegen ist. Die beste Form der Unterstützung ist ein offenes, konstruktives und konkurrenzfreies Miteinander. Schließlich dienen wir auch gemeinsam der Stadt, ihren Bürgern und ihren Gästen.

Würden sie den Satz bitte vervollständigen:
In Füssen fehlt…

… zum Teil der Stolz auf den Tourismus als die herausragende Spitzenleistung unserer Stadt: Wenn Gäste aus der ganzen Welt bei uns zu Gast sind, können wir darauf wahrlich stolz sein und uns geehrt und privilegiert fühlen.

… bei einigen die Wertschätzung für den Tourismus als positiven Faktor für die Lebensqualität in unserer Stadt: Viele Angebote und Annehmlichkeiten blieben uns vorenthalten, wenn es keine Kaufkraft und keine Finanzierung aus dem Tourismus gäbe.

… bisweilen die Bereitschaft zum Perspektivewechsel: Überall, wo wir nicht zu Hause sind, sind wir selbst Gast und fragen die Gastgeber-Bevölkerung vorher sicher nicht, ob ihnen der Besuch gerade passt; freuen wir uns, dass wir selbst zumeist frei reisen können, gestehen wir dies auch unseren Gästen zu und bewahren unsere Gastfreundschaft.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Umsetzung Ihrer touristischen Ziele für Füssen.
Ich danke Ihnen.

Das Interview führte Sabina Riegger · Foto: Felix Blersch

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