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Ralph Siegel und sein musikalisches Lebenswerk

Keineswegs nur „Mr. Grand Prix“

Wo soll man bei Ralph Siegel am besten anfangen? Schon als Fünfjähriger beginnt Ralph Junior Schlagzeug, Gitarre, Klavier und Akkordeon zu spielen, interessiert sich bald auch für Harmonielehre und Komposition und schreibt erste Lieder.

Mit 19 Jahren lebt er in Nashville und fährt mit Roy Orbison durch die Hickory Islands. Während der Zeit in Nashville schreibt er 50 Songs, einer davon ist „It’s A Long, Long Way To Georgia“, den Don Gibson singt. Damit landet er auf Platz 8 der amerikanischen Country Charts. Der 76-Jährige spricht fließend italienisch, französisch und englisch. „Das habe ich meinen Eltern zu verdanken. Ich hatte das Glück überall leben zu können und die Menschen, ihre Kultur und die Musik dadurch besser kennenzulernen. Italien war so wunderbar, die Musik… ich habe sie aufgesogen.“

Er ist keineswegs nur der Mr. Grand Prix, sondern weitaus viel mehr. Über 2000 Lieder sind bei der Gema registriert, darunter „Griechischer Wein“, „Ein ehrenwertes Haus“, die er für Udo Jürgens 1974 schrieb und auch Peter Alexanders „Die kleine Kneipe in unserer Straße“. Viele der Titel sind Welthits geworden und haben die Künstler berühmt gemacht.

14 Mal startet Ralph Siegel für Deutschland beim ESC-Finale. Er hat die unausgesprochenen Gesetze des ESC in- und auswendig gekannt. Freunde hat er sich nicht damit gemacht, eher Neider. In der Branche wird hart gekämpft, aber wo bitte sehr ist das nicht so. Neider muss man sich erarbeiten und das hat er zu Genüge getan – gearbeitet. „Ich hatte 40 Jahre lang Erfolge, aber auch Misserfolge. Das sehen die Leute oftmals nicht“, erzählt er. Ralph Siegel ist ein Meister seines Fachs. Er hat es immer wieder bewiesen was er kann, zuletzt im Festspielhaus in Füssen.

„Zeppelin“ das Musical ist sein Lebenswerk. Jetzt, endlich, wurde es aufgeführt. Es ist grandios und das im wahrsten Sinne des Wortes. Vier Stunden wird getanzt, gespielt und gesungen. Ralph Siegel hat alles gegeben und mit ihm sein Team. Die Presse jubelt ihn hoch, selbst jene, die mit Lob geizen – so wie BR-Klassik – und das will etwas heißen. Der Erfolg hat ihn überrascht und gleichzeitig glücklich gemacht. „Meine Mama hat da aufgepasst“. Er lächelt, als er das sagt. Denn obwohl er nicht an den „Mann mit dem weißen Bart glaubt“, glaubt er an die Gerechtigkeit und die Bestimmung. Es muss wohl beides im Spiel gewesen sein. So wie damals, 1981, als er mit Lena Valaitis wegen drei Punkten nicht den ESC-Sieg für Deutschland mitnehmen durfte. „Hätte uns die Schweiz drei Punkte gegeben, wären wir erster geworden und ich hätte nie das Lied „Ein bisschen Frieden“ für Nicole geschrieben“, erzählt er. 22 Jahre hat er mit ihr zusammen gearbeitet. „Es ist die längste Beziehung, wenn auch nur eine Geschäftsbeziehung, die ich mit einer Frau hatte“, sagt er lachend. Seine Ehen hielten zwischen acht und 12 Jahren. Mit allen hat er noch ein gutes Verhältnis. Jetzt ist er in vierter Ehe mit Laura, die „ihm der Himmel geschickt hat“, verheiratet. „Sie ist ein Engel und hat noch einen Engel mitgebracht“, meint er liebevoll. Ralph Siegel hat drei Kinder und ein angeheiratetes. Laura ist seine Kraftquelle und Inspiration zugleich. Gesundheitlich ist er etwas angeschlagen. Der Ischiasnerv plagt ihn, so dass er bei der Weltpremiere seines Musicals immer wieder im Rollstuhl sitzen musste. „Wenn jemand früher über Ischias klagte, fragte ich mich was das ist. Heute weiß ich es selbst.“

Ralph Siegel ist dankbar. „Ich habe hier in Füssen tolle Menschen kennenlernen dürfen.“ Sie haben ihn und seine Arbeit bereichert. „Stefanie Görning habe ich unterschätzt. Sie ist eine Spitzenchoreografin und hat eine super Arbeit gemacht, genauso wie Benjamin Sahler und das gesamte Team.“ Als Produzent, das er nicht werden wollte, aber gezwungen war, weil der Geschäftspartner absprang, castete er selbst die Schauspieler. „Allesamt wunderbare Darsteller“, schwärmt er. Das Musical ist eine Großproduktion. 20 Solisten stehen auf der Bühne. „Ich war 75, und sagte mir, wenn ich es nicht jetzt mache, dann schaffe ich es nie.“ Er schaffte es und bekam das Geld von seiner Bank. Dafür nahm er eine Hypothek auf sein Haus auf.

Noch bis zum 7. November wird das Musical aufgeführt. Danach gibt es eine Pause, bis es dann ab dem 19. Mai 2022 wieder weitergeht. Bis dahin bleibt Ralph Siegel mit seiner Familie in Füssen. Die Einladung für einen Eintrag ins goldene Buch der Stadt Füssen hat er bereits erhalten. Es ist wohl eine Geste der Dankbarkeit für die große Publicity,die er der Lechstadt brachte.

Text · Foto: Sabina Riegger

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