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Behandlung von Long Covid Patienten

Erste Erfolge durch gezieltes Training mit Lactat-Tests

Es sind Patienten im jungen, wie auch im etwas höheren Alter. Die meisten von ihnen sind soweit gesund. Eine Infektion mit dem Coronavirus haben sie bereits seit längerer Zeit hinter sich. An den Spätfolgen leiden sie allerdings noch bis zum heutigen Tag. Wie etwa Stefan Kiechle, der im Dezember 2020 an Covid19 erkrankte und heute zu den sogenannten „Post-“ oder „Long Covid Patienten“ zählt. Dabei sind Symptome wie Müdigkeit, Geschmacklosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, oder in wenigen Fällen sogar teilweiser Gedächtnisverlust, nur eine Nebenerscheinung. Es sind vor allem sehr starke Schmerzen im Brust- und Herzbereich, die bei einer höheren körperlichen Belastung auftreten. Die längst noch nicht wieder erlangte körperliche Kondition in Verbindung mit den Schmerzen führt bei einigen Patienten außerdem zu psychischen Problemen, wie Ängsten oder sogar Psychosen. Insgesamt zwölf Long Covid Patienten wurden in den vergangenen Monaten im Therapiezentrum Eggensberger in Hopfen am See behandelt, mit großem Erfolg.

Höhere Belastungen nicht möglich

„Long-Covid-Patienten berichten, dass sie nicht mehr in vollen Zügen normal einatmen können“, erklärt Andreas Eggensberger. „Man atme bis zu einem bestimmten Punkt, an dem dann ein stechender Schmerz eintritt. Dieses Gefühl kann bei Long Covid Patienten sogar bis zu mehrere Tage andauern.“ Außer diesem beklemmenden Zustand fühlen sich die Patienten weitestgehend genesen. Zudem wurden sie bereits von den Ärzten, bei denen sie in Behandlung waren, mit allen nötigen Untersuchungen durchgecheckt. Alle Werte, wie etwa aus EKG oder Blutuntersuchungen gemessen, weisen auf den ersten Blick völlig normale Zahlen auf. Ebenso die Lungenfunktionen. „Trotzdem sagen die Patienten, dass sie sich noch nicht wohl fühlen“, so der Kneipp- und Physiotherapeut. „Das Problem ist, dass sie größeren und bisher gewohnten Belastungen noch nicht standhalten können.“ So wie auch bei Stefan Kiechle. Zwar erreichte er, auf eine durchschnittlich trainierte Person seines Alters und Gewichts bezogen in der Trainingsbelastung mit 220 Watt knapp 90 Prozent, was etwa 2,4 Watt pro Kilogramm Körpergewicht entspricht. Als Sportler und Mitglied der Bergwacht leistet er aber normalerweise gut 400 Watt, etwa 5,5 Watt pro Kilogramm Körpergewicht. „Er kam so gesehen bisher also nur auf 43 Prozent seiner sonstigen Leistung“, erklärt Eggensberger. „Die Angst vor dem Schmerz in der Brust hindert den Patienten schließlich auch daran, sich höheren Belastungen auszusetzen. Dieses Problem wollten wir lösen, was uns auch gelungen ist.“

Ermittlung des individuellen Trainingsfensters

Um dieses Problem anzugehen, wurden bei den Patienten, die im Therapiezentrum zur Reha behandelt wurden, schließlich die gleichen Leistungen abgerufen wie in den ärztlich geführten Untersuchungen zuvor. Der einzige Unterschied dabei waren Lactattests, die bei den einzelnen Patienten zusätzlich durchgeführt wurden. „Erreicht die Lactatkonzentration im Blut circa 4 Millimol (mmol/l), ist die sogenannte anaerobe Schwelle erreicht. Sie stellt den Punkt dar, an dem der Körper seine Energiegewinnung nicht mehr aus dem Sauerstofftransport durch das Blut decken kann. Der Lactatstufentest ermittelt also das Trainingsfenster zwischen 2 Millimol und 4 Millimol, damit der zu Trainierende weiß, mit welchem Puls er arbeiten muss“, sagt Andreas Eggensberger. „Das hat bei Stefan nach Long-Covid in rund zehn Wochen hervorragend geklappt, so dass er seine Belastungsgrenze langsam auch wieder steigern konnte, ohne die ständige Angst an einen Punkt zu kommen, an dem dann die Schmerzen in der Brust auftreten. Mit dem Trainingsfenster bleibt der Patient unter diesem Punkt.
So wurde bei allen Patienten, wie auch im Sportbereich üblich, ein gezielter Aufbau von körperlichen Fähigkeiten vorgenommen, überwacht von Diplomsportlehrern und Physiotherapeuten. Das Ergebnis ist, dass nahezu alle zwölf Patienten ihre Kondition kontinuierlich steigern konnten, bis hin zu ihrer gewohnten vollen Leistungsfähigkeit. „Nur bei drei Patienten sind wir noch nicht ganz auf dem altgewohnten Level“, sagt Andreas Eggensberger. „Aber sie wissen nun, was sie genau tun müssen und dass dieser Weg der richtige ist. Die Ängste sind weg.“

Mehr Informationen unter:
Therapiezentrum Eggensberger:
Ringweg 4-6, 87629 Hopfen am See
Tel. 08362 9103 613 · E-Mail: info@reha-hopfen.de

Text: Lars Peter Schwarz · Foto: Klinikverbund Allgäu

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