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Schöne Entspannung

Für Eva Keller ist ein Wunsch in Erfüllung gegangen. Sie hat ihr Hobby zum Beruf gemacht. Am ersten Juli übernahm sie das Handarbeitsgeschäft Bruggesser in der Hutergasse in Füssen.

Seit 95 Jahren gibt es den schönen Laden mitten in der Altstadt von Füssen. Hier fühlt sich Eva Keller wohl, inmitten der Farbenpracht von Wolle, Garn, Nadeln und Knöpfen. „Bruggesser“ ist der einzige Laden seiner Art, den es noch in der Region gibt. Als sie das Geschäft angeboten bekam, war sie hin- und hergerissen. Ihr Mann war es schließlich, der zu ihr sagte „Überlege es dir gut!“. Sie wusste, ein zweites Mal würde sie so ein Angebot, das so ganz ihren Fähigkeiten entsprach, vielleicht nicht mehr bekommen. „Mein Mann weiß, wie ich ticke“, lacht sie. Nach dem Gespräch mit ihrer Familie sagte sie schließlich zu.
Bei Eva Keller wurde zu Hause immer schon gehandarbeitet. „Ich hatte eine lange Zeit noch meine Uromas, die in ihren Sesseln saßen und strickten, häkelten oder nähten. Es war faszinierend und es hat mich von Anfang an gefesselt. Sie und meine Mutter brachten es mir bei“, erzählt die Mutter dreier Söhne. Eva Keller ist eine Handarbeiterin, die viel von ihrem Handwerk versteht. Etwas selbst gestalten und daran zu arbeiten ist für die Füssenerin kein Muss, sondern eine Passion. Wie viele Sachen sie bislang gestrickt, genäht, gehäkelt oder gestickt hat kann sie nicht mehr sagen. Vieles davon hat sie verschenkt.

Ursprünglich wollte sie auch einen kreativen Handwerksberuf erlernen. Doch als Goldschmiedin fand sie keine Lehrstelle und so lernte sie Uhrmacherin. Eine Lehre, die eher technisch ist und nicht so ihrer kreativen Art entsprach. Dass sie auch eine Banklehre gemacht hat, vergisst sie manchmal, weil es irgendwie noch weniger zu ihr gepasst hat als die Uhrmacherei. Heute ist sie froh darum, denn vieles kann sie umsetzen und die Selbstständigkeit ist ihr nicht fremd – sie wuchs in einem Geschäftshaushalt auf.

Auf den ersten Blick ist im „Handarbeitsgeschäft Bruggesser“ alles gleich. Erst beim genauem Hinschauen sieht man die Veränderungen. Der große Tisch ist weg, dafür steht ein kleiner mit zwei Stühlen mitten im Raum. Einladend, um sich zu setzen und vielleicht Entscheidungen darüber zu treffen, welcher Knopf, Wolle oder Farbe zu dem neuen Handarbeitsstück besser passt. Dann ist da noch die große Etagere aus Holz, die mit einer Farbenpracht aus Wolle und Garn befüllt ist. Auch der Fußboden ist neu. Man könnte meinen, man läuft über ein Schiffsparkett und dabei ist es Linoleum, das sich wunderbar in den Raum einfügt. Eva Keller mag das Natürliche und Besondere. Mal schnell etwas übers Knie brechen passt nicht zu ihr. Deshalb war es auch für sie klar, dass sie den Flair des schmucken Handarbeitsgeschäft beibehalten wird und nur Nuancen setzen will, die ihre Arbeit und Kreativität widerspiegeln.

Zwei links, zwei rechts, eine fallen lassen – lange Zeit galt Handarbeit als Beschäftigung der älteren Generation. In den letzten Jahren entdecken aber auch immer mehr junge Menschen ihre Begeisterung fürs Nähen, Sticken und Stricken. Das wiederum belebt den neu aufgelegten Trend: Durch detaillierte Anleitungen und Lernvideos im Internet ist es nun fast jedem möglich, die kreative Arbeit schnell und selbstständig zu lernen. „Auf Social-Media-Plattformen tauschen sich viele Begeisterte aus und zeigen stolz ihre angefertigten Werke“, weiß Eva Keller. „Dahinter steckt oftmals der Wunsch, in einer Zeit, in der man alles kaufen kann, ganz individuelle Stücke zu erschaffen und sich aus der Masse abzuheben. Das verstehe ich“, so die Geschäftsfrau. Doch Handarbeit ist mehr als nur ein angenehmer Zeitvertreib mit einem hübschen Ergebnis: Die ruhige Tätigkeit ist ein gelungener Ausgleich für Körper und Seele und zeigt die Wertigkeit dessen, was man geschaffen hat. Früher musste man sich Pullis stricken, weil man sich die gekauften nicht leisten konnte. Heute heißt es: „Ich muss mir den Pulli nicht kaufen, ich kann ihn mir selbst stricken. Das ist der Unterschied.” Der Vorteil ist auch: Man hat ein absolutes Unikat“, erzählt die 49-Jährige. So verpasst sie vielen ihrer Kleidungsstücke ihre eigene Note, mal mit einer Falte, Knöpfen oder Bordüren.

Die Kunden, die in das „Handarbeitsgeschäft Bruggesser“ kommen, wissen, dass sie sich hier nicht nur auf beste Qualität, sondern sich auch auf eine individuelle und kompetente Beratung verlassen können. Eva Keller kennt sich aus, ob in Makramee, Filzen, Stricken, Sticken, Häkeln, … ja selbst in Amigurumi, einer japanischen Strick- und Häkelkunst, die gerade bei den Teenagern hoch im Kurs steht.

Handarbeiten Bruggesser
Hutergasse 5 · 87629 Füssen · Telefon: 08362 / 7714
info@handarbeiten-fuessen.de
www.handarbeiten-fuessen.de

Text: Sabina Riegger · Fotos: privat

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