Menschen

Generalistik und Corona in der Pflegeausbildung

Die Auszubildenden in der Pflege sind seit letztem Jahr nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie mit vielen Veränderungen in Schule und Praxis konfrontiert. Im September startete der erste Jahrgang mit dem neuen Konzept der generalistischen Ausbildung zur Pflegefachfrau bzw. zum Pflegefachmann. Was sie antreibt und wie sie ihren aktuellen Alltag erleben, berichten zwei Schüler sowie die Ausbilder der Berufsfachschule für Pflege der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren. Die ersten Generalisten der Berufsfachschule für Pflege in Kaufbeuren sind wie fast jedes Jahr bunt gemischt: sie sind Quereinsteiger oder fangen direkt nach dem Schulabschluss an, sie kommen aus dem Allgäu oder von weiter weg – doch sie haben unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft eins gemeinsam: ihre Leidenschaft für den Pflegeberuf und, dass sie Menschen helfen wollen. Das seit 2020 gültige Konzept der generalistischen Ausbildung hat die drei bisherigen Berufsbilder Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege zum Beruf der Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann zusammengeführt. So sollen die Auszubildenden einen Einblick in alle Bereiche gewinnen, um in allen Versorgungsbereichen professionell pflegen zu können. „Für unsere Schüler hat sich nicht allzu viel verändert“, berichtet Stefanie Kohler, die Leiterin der Berufsfachschule der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren.

„Die Schüler haben nun ein paar mehr Fremdeinsätze als früher.“ In der dreijährigen Ausbildung durchlaufen die Auszubildenden unterschiedliche und möglichst viele Stationen im Klinikverbund: von Innerer Medizin über Kinderklinik bis hin zur Chirurgie, sind aber auch in anderen Häusern wie Sozialstationen oder nun auch Altenheimen im Einsatz. „Die Schüler sehen bei uns auch immer Bereiche der Krankenpflege, die laut Plan nicht vorgesehen sind, die sie aber sehen möchten. Es gibt viele Wahlabteilungen und Freiheiten und wir bieten unterschiedliche Möglichkeiten, wenn möglich, je nach Wohnort und Wunsch des Schülers.“

Mehr Sicherheit als daheim

„Das war einer der Hauptgründe, warum ich mich hier in Kaufbeuren beworben habe“, erzählt die 24-jährige Michaela Brugger, die nach Abitur, freiwilligem sozialen Jahr (FSJ), einem begonnenen Studium sowie einem Auslandsaufenthalt zudem Erfahrungen in Büropraktika gesammelt hat. „Es ist ein großes Haus, hier sieht man alles, was man sehen möchte und kann viel mehr mitnehmen, ohne dass man in eine andere Stadt fahren muss.“ Im September begann sie ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau und ihre Station wurde Anfang des Jahres zur Covid-Station umgewandelt. „Meine Großeltern hatten zu Beginn schon Bedenken, aber ich konnte ihnen versichern, dass ich so sicher bin wie kein anderer. Die erfahrenen Kollegen auf der Station sind total auf mich eingegangen und haben mir die Hygiene- & Schutzmaßnahmen ausführlich und so lange erklärt, bis ich mich sicher gefühlt habe. Neben den Maßnahmen werden wir zudem jeden Tag getestet, da hat man viel mehr Sicherheit als daheim.“ Da der Schutz von Patienten und Mitarbeitern an erster Stelle steht und das Wechseln der Schutzkleidung viel Zeit in Anspruch nimmt, findet die Schülerin nur schade, dass sie dadurch weniger Zeit mit den Patienten verbringen kann.

Die Schulleiterin ist gerade in dieser Situation stolz auf ihre Schützlinge „Alle haben sich schnell auf die neue Situation eingestellt, sich mitnehmen lassen und alles ganz toll gemeistert, das finde ich super! Ich finde es jedoch unlogisch und unpassend, dass wir an den Berufsfachschulen für Pflege mit unseren Schülern keine praktischen Übungen durchführen dürfen. Die Ausbildung beginnt hinterherzuhinken und einige Schüler haben Angst, dass deswegen ihre Ausbildung darunter leidet.“ An der Berufsfachschule für Pflege finden in der Regel neben dem theoretischen Unterricht, der aktuell wie überall online durchgeführt wird, ansonsten praktische Übungen statt. Der Pflegedirektor Axel Wagner bestätigt dies: „Die Schüler arbeiten einerseits auf den Pflege-Stationen, aber dürfen andererseits Situationen, die sie im Alltag dort erleben, vorher nicht in Praxisübungen mit ihren Klassenkameraden testen.“

Damit die Auszubildenden dennoch schrittweise, geplant und strukturiert an die Praxisaufgaben herangeführt werden, sind die sogenannten Praxisanleitungen ein wesentlicher Bestandteil der generalistischen Ausbildung. In Kaufbeuren nehmen sich die Praxisanleiter auf den Stationen pro Monat ein bis zwei ganze Tage mit ihren Schülern aus dem Arbeitsalltag und behandeln gezielt einzelne Lerninhalte wie z. B. den Schwerpunkt Vitalzeichenkontrolle. „Hier besteht der Vorteil, dass die Schüler das in der Schule theoretisch Erlernte in der Praxis mit ihren eigenen Erfahrungen üben und verknüpfen können“, so der Pflegedirektor. „Praxisfern ist nur die Vorgabe, dass man zu Beginn der Ausbildung ausschließlich die Fälle hat, wie sie im Lehrplan vorgesehen sind. Man findet nicht immer einen Patienten, der genau dem Ausbildungsstand angepasst ist. Doch unsere Schüler lernen generell auf Station alles Wichtige, was sie für die dortigen Patienten brauchen, unabhängig vom Lehrplan“.
Ein Lächeln sieht man auch unter der Maske

Auch der 17-jährige Julian Gerlach hat nach seinem Realschulabschluss ein freiwilliges soziales Jahr absolviert und für ihn stand schon früh fest, dass er mit Menschen arbeiten möchte. „Ich hatte vor meinem FSJ gar keine Berührungspunkte mit dem Krankenhaus und hab sofort gemerkt, dass mir das liegt und ich mit den Aufgaben richtig wachse. Außerdem habe ich nach der Ausbildung viele Weiterbildungsmöglichkeiten und kann mich weiter entwickeln.“ Das Gemeinschaftsgefühl mit Ärzten und Pflegern sei ein großer Antrieb. „Man ist willkommen und arbeitet nicht für sich alleine. Wir haben alle das gleiche Ziel, nämlich, dass wir den Patienten helfen wollen, bis es ihnen besser geht“, beschreiben die beiden Schüler ihre Motivation. „Keiner liegt gerne mit Beschwerden im Krankenhaus, doch wenn der Patient dann hoffentlich gesund und mit einem Lächeln entlassen wird und du dazu beigetragen hast, ist das ein schönes Gefühl. Und das Lächeln sieht man auch unter der Maske“ schmunzelt Julian. „Ich bin gespannt, ob die Pflege wieder in den Hintergrund der Bevölkerung rückt, wenn Corona überwunden ist. Ich finde, Pflege braucht man immer – jeden Tag.“ Im Vergleich zu Bürotätigkeiten berichtet Michaela: „Ich geh hier nach Hause und weiß, da liegen 15 Patienten auf der Station, denen ich heute was Gutes getan habe. Als ich im Büro tätig war, habe ich mich am Abend oft leer gefühlt und wusste nicht wirklich, was ich am Tag geschafft habe. Auf der Pflegestation sind es oft kleine Gesten oder nur etwas Zeit, die beim Patienten Großes bewirken und ich hab Einfluss darauf, dass es Ihnen besser geht. Der Job nimmt viel, gibt aber ultra viel zurück. Ich würde diese Ausbildung immer empfehlen.“

Für die Interessenten in der Region Ostallgäu bietet die Berufsfachschule für Pflege eine ortsnahe Möglichkeit für die Ausbildung in der Krankenpflege, was insbesondere im Rahmen des zunehmend spürbaren Fachkräftemangels auch in diesem Bereich eine wichtige Ergänzung der Ausbildungsmöglichkeiten vor Ort darstellt.

Mehr Informationen gibt es auf den Seiten der Kliniken:
www.kliniken-oal-kf.de bzw.
www.krankenpflegeschule-kaufbeuren.de

Text · Foto: Gebriele Apfelbacher/Kreiskliniken OAL

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