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Vom Traum zur Wirklichkeit

Längst ist das Schlossbrauhaus in Schwangau zu einer festen und vor allem nicht mehr wegzudenkenden Einrichtung geworden. Aus dem ehemaligen Kurhaus des Ortes hatte sich schon innerhalb kürzester Zeit ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt, ob für Einheimische oder auch Gäste, entwickelt. Vor zehn Jahren hat Andreas Helmer das Haus übernommen, mit seiner Idee vom eigenen Brauhaus in seinem Heimatort. Eine wohl überlegte Saat, die vollends aufgegangen ist. Heute genießt das Schlossbrauhaus eine außerordentlich gute Reputation, nicht nur als Produzent von Bier, sondern auch als hervorragende Gastronomie, als Freizeit- und Ausflugsziel und besonders als Ort für die unterschiedlichsten Veranstaltungen.

Ausbildung und Studium

Der Gedanke, einmal Bierbrauer zu werden, war bei Andreas Helmer schon in sehr frühen Jahren gewachsen, immerhin war er auch in der Gastronomie groß geworden. Durch eine Schnupperlehre bei der Postbrauerei in Nesselwang festigte sich diese Vorstellung dann sehr schnell. Dem gebürtigen Schwangauer war somit endgültig klar, welchen Beruf er später ausüben möchte. „Da habe ich mir schon in den Kopf gesetzt, einmal eine eigene Brauerei zu besitzen“, erzählt er. „Das war immer ein Traum von mir.“ Nach dem Abitur und seiner Zeit bei der Bundeswehr absolvierte Helmer schließlich zuerst eine klassische Ausbildung zum Brauer und Mälzer, bevor er im Wissenschaftszentrum Weihenstephan an der Technischen Universität München Brauwesen studierte. Als Diplom-Braumeister war er anschließend gut vier Jahre lang im Ausland unterwegs, arbeitete unter anderem für eine Firma in Rankweil im österreichischen Vorarlberg, die sich auf die Inbetriebnahme und Automatisierung von großen Industriebrauereien spezialisiert hatte. „Wenn irgendwo auf der Welt große Brauhäuser gebaut worden sind, waren wir meist mit dabei“, erzählt der heute 42-jährige, zweifache Familienvater. „Dabei ging es nicht um Abfüllanlagen, vielmehr um die Herstellung von Bier, Zutaten, Lagerung, Gärung und Filtration.“

Die Welt der internationalen Brauriesen

So brachte ihn sein damaliger Job unter anderem nach Rumänien, Serbien – dort verbrachte er fast ein Jahr in der Stadt Novi Sad, die an der Donau liegt-, Spanien oder sogar bis nach Mexiko und Vietnam. „Das war in der Tat eine der größten Anlagen, die wir da in Asien aufgebaut haben, dort konnte ich auch meinen Junggesellenabschied feiern“, lacht er. „Ganz so einfach war es aber nicht, denn im Gegensatz zu Europa ist es dort ziemlich schwer, überhaupt genießbares Trinkwasser in großen Mengen geliefert zu bekommen. Allerdings wird in vielen anderen Ländern auch nicht wirklich nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut. Die internationalen Brauriesen halten sich gewöhnlich sehr selten daran.“ In welcher Stadt oder welchem Land er auch immer war, er hatte Leute vor Ort, die ihn in die Gepflogenheiten des jeweiligen Landes einführten und ihm auch Tipps gaben, wo er sich aufhalten kann und wo lieber nicht. Denn manche Städe oder Regionen waren nicht ganz ungefährlich.

Die Mengen, die Andreas Helmer heute in seinem Brauhaus braut, stehen dabei in keinem Vergleich zu den Dimensionen, die er früher produziert hat. „Am meisten Bier haben wir damals in Barcelona, was mein Lieblingsbeispiel ist, gemacht“, sagt er. „Jeden Tag habe ich zwölf Mal einen Sud von 1200 Hektolitern angesetzt. Da habe ich also allein mit einem Sud mehr Bier gebraut, als ich das jetzt in Schwangau in einem ganzen Jahr mache. Das waren letztlich auch genau die Erfahrungen, die ich nach meinem Studium machen wollte. Wie man in Bayern handwerklich Bier braut, wusste ich bereits, auch durch meine Zeit bei Dachsbräu in Weilheim. Ich wollte aber wissen, wie das Bier auf der ganzen Welt entsteht.“

Das „Projekt Gipsmühle“

Dass es Andreas Helmer aber trotzdem irgendwann wieder zurück in seine Heimat ziehen wird, spätestens dann, wenn Nachwuchs im Hause ist, stand für ihn von Anfang an fest. Schon seit vielen Generationen hat sich seine Familie neben der Landwirtschaft auch der Gastronomie und dem Tourismus verschrieben. Seinen Traum vom eigenen Brauhaus zu verwirklichen, hätte er sich woanders gar nicht vorstellen können. Die gesamte Brauanlage für sein Vorhaben hatte er bereits Jahre zuvor in Finnland erstanden, noch bevor er wusste, wann sie zum Einsatz kommen würde. Dem Ostallgäuer liegt es besonders am Herzen, ökologisch und nachhaltig zu arbeiten. Es ist der Gedanke der Regionalvermarktung, der für ihn am meisten zählt. Deswegen hat er auch das „Projekt Gipsmühle“, das er vor einigen Jahren schon einmal realisieren wollte, noch immer im Hinterkopf.

An dem alten Sägewerk direkt am Eingang zur Pöllatschlucht, das schon sein Großvater betrieben hat und nun von seinem Vater geführt wird, hatte Helmer im Sommer 2015 versuchsweise eine Einkehr installiert. Wanderer, Fahrradfahrer, Gäste wie auch Einheimische, hatten über rund drei Monate lang sehr gerne in der Erdinger Urweiße Hütte eine Rast eingelegt. Durch die sanierungsbedingte Schließung der Schlucht hatte sich dieser Plan damals allerdings wieder verworfen. Ursprünglich war sogar geplant, an diesem Standort den Brauereigasthof zu errichten. Die nötige Baugenehmigung für eine Ausflugsgaststätte hatte die Gemeinde 2011 auch schon genehmigt. „Uns hätte nichts Besseres passieren können, als das ehemalige Kurhaus und jetzige Schlossbrauhaus zu bekommen. Es ist ideal“, sagt Helmer. Als er das Haus übernahm, hatte er Respekt. Schließlich standen Summen im Raum, die er erst einmal schultern musste. „Einen starken Rückhalt hatte ich von meinen Eltern. Das war beruhigend“, blickt er zurück. Im Grunde genommen konnte ja auch nichts schief gehen. Mit der Gemeinde Schwangau hatte er einen starken und zuverlässigen Partner an seiner Seite. Das nötige Know-How brachte er mit, sowohl für die Brauerei als auch für die Gastronomie.

Mittlerweile sind zehn Jahre vergangen. Sehr schnell, wie er selber sagt. Er ist den Weg gegangen, für den er sich entschieden hat. Es gab Dinge, die er erst einmal ausprobieren musste, um seine Erfahrung zu machen. Sei es das Brauen von Kraftbier oder die Bar 1516.

Jetzt baut er wieder um. Dass es so ruhig abgehen wird, hätte er damals, als vor zwei Jahren die Planungen für den Umbau liefen, nicht gedacht. Denn normalerweise wäre der Umbau parallel zum Betrieb gelaufen. Coronabedingt ist alles geschlossen. Jetzt kann er sich unter anderem auf den geplanten Bier-Erlebnispfad konzentrieren.

Familie steht für Andreas Helmer an erster Stelle. Er nimmt sich die Zeit für den Familienurlaub oder auch an Heiligabend, nur kurz ins Schlossbrauhaus vorbeizuschauen, um sich dann seiner Familie zu widmen. „An Heiligabend ist hier alles voll. Das traditionelle Weisswurstessen gehört für viele dazu, wie in die Christmette zu gehen“, erzählt der Familienvater. Als seine Oma Luise Helmer noch lebte, gab es bestimmte Termine, die im Kalender dick vermerkt waren, wie zum Beispiel ihr Geburtstag. Heute ist alles ein wenig legerer. Die Familie trifft sich, doch nicht alle zur gleichen Zeit. „Das ist fast unmöglich, weil auch die Arbeitszeiten nicht bei allen die gleichen sind.“

Starkbierzeit

Höchstwahrscheinlich finden keine Starkbierabende oder Veranstaltungen statt, auf den Genuss des Doppelbocks muss man aber nicht verzichten. Ab dem 10. Februar gibt es den süffigen „Linator“ im Schlossbrauhaus auch zum Mitnehmen.

www.schlossbrauhaus.de

Text:lps/rie · Foto: Schlossbrauhaus Schwangau

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