KulturLeben

„Verkauft euch nicht unter Wert!“

Die Kulturagentin Angela Bassani hat zu einem Kunst- und Kulturstreik im Internet aufgerufen

Für Manfred Reichegger kommt das, wogegen sich ein ganz neuer Appell unter dem Namen „Funkstille“, laut dessen Initiatorin Angela Bassani ein Kunst- und Kulturstreik im Netz, wendet, sowieso nicht in Frage. Demzufolge bedeutet ein Verzicht darauf, seine musikalischen Darbietungen derzeit online anzubieten, auch keinen Streik für den Gitarristen.

Manfred Reichegger

Schließlich präsentiert Reichegger seine Musik nicht im Netz, wie es allerdings viele machen. Genau das zu unterlassen, verfolgt die Kulturagentin Bassani mit der jüngsten Aktion „ohneaschekeinphönix“ im Internet. Diese bezieht sich wiederum auf die Initiative „sang- und klanglos“, mit der Künstler, Kreative und Kulturschaffende vor kurzem gegen Auftrittsverbote demonstriert und damit versucht haben, auf ihre teils prekäre berufliche Situation aufmerksam zu machen. „Wegen mangelnder Qualität“ stellt Reichegger „nichts online“, verdeutlicht er, dass es einen zu hohen Aufwand für ihn bedeuten würde, ein Konzert in angemessener Güte im Netz zu geben. „Als No-Name bringt das nichts“, betont er und hofft, den momentanen Lockdown „irgendwie aushalten zu können“. Schließlich hofft er auch so, dass die Gesellschaft in der Zeit des jetzigen Zwangsauftrittsverbots für Musiker erkennt, was ihr dadurch fehlt.

Marketa Bednarova

Ähnlich sieht es die in der Nähe von Lechbruck lebende Musikerin Marketa Bednarova, die als „Marketa“ normalerweise „rund 120 Gigs im Jahr“ hat. Davon musste sie heuer allerdings bereits etwa drei Viertel absagen. Aufgrund von technischen Schwierigkeiten, die zum Teil auch damit zu tun haben, dass sie im Moment umzieht, macht auch sie derzeit nicht online Musik. „Ich würde so etwas schon tun“, stellt Marketa aber klar, dass dies wenigstens eine Möglichkeit wäre, sich und ihre Musik weiterhin in der Öffentlichkeit anbieten zu können. Schließlich sei es „schlecht, wenn ich mich nicht präsentieren kann“, unterstreicht die gebürtige Tschechin und erklärt, wie froh die Leute im Sommer gewesen seien, als sie öfter mal auf der Straße aufgetreten ist. Für sie wäre ein derzeitiger Kunst- und Kulturstreik à la „Funkstille“ deshalb nicht unbedingt das richtige Mittel, die Gesellschaft mit mehr Druck auf ihre eigene Misere sowie die ihrer Künstlerkollegen hinzuweisen.

Axel Reisinger

„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll“, betont Axel Reisinger, auf die Aktion „Funkstille“ hin angesprochen. Der Inhaber zweier Firmen für Licht- und Tontechnik beziehungsweise Videotechnik sowie Streaming-Dienstleistungen in Roßhaupten ist dabei der Meinung, dass solch ein Streik „eine Bestrafung“ gerade der Leute sei, die trotz des Zwangsauftrittsverbots für Künstler weiterhin gerne Konzerte hören und/oder sehen wollen. Er selbst wäre von dieser „Funkstille“ denn auch nicht geschäftlich betroffen, da seine Kunden durchweg „keine Künstler“ seien. Ein Kunst- und Kulturstreik, wie ihn sich Angela Bassani vorstellt, würde nach Reisingers Meinung zudem eine Art Eigentor für viele Kulturschaffende und Kreative darstellen, die zum Beispiel mit Streamingangeboten nicht nur ihren Fans einen Benefit geben, sondern auch auf sich aufmerksam machen und so für sich werben könnten.

Angela Bassani indes verspricht sich, mit der „Funkstille“, zu der sie am 29. Oktober zum ersten Mal aufgerufen hat, ein gewisses „Signal“ auszusenden, das zeigen soll, „was wir für die Gesellschaft leisten“. Satirisch übertrieben, soll damit die ihrer Auffassung nach „wichtige Bedeutung von Kunst und Kultur“ hervorgehoben, sowie gleichzeitig eine Art „Hilfeschrei“ ausgestoßen werden. „Wir wollen ein Zeichen in der Stille setzen“, sagt Bassani, die die Kulturbranche momentan „in einem katastrophalen Zustand“ sieht.

Mit ihrem Aufruf an ihre Branchenkollegen, virtuelle Aufführungsmöglichkeiten, ruhen zu lassen, richtet sich Bassani außerdem mit der Botschaft an sie, „ihre Kunst nicht kostenlos zur Verfügung zu stellen.“ Und so ruft sie ihnen schließlich zu: „Verkauft euch nicht unter Wert!“

Text: Alexander Berndt · Fotos: privat

Verwandte Artikel

Das könnte Dich auch interessieren
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Nacht der Musik 2024