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Positive Bilanz nach 10 Jahren

In gut zwei Jahren endet die Amtsperiode von Reuttes Bürgermeister Luis Oberer, seit zehn Jahren steht er nun an der Spitze des Rathauses der Marktgemeinde. Als der gebürtige Steirer im Februar letzten Jahres seinen siebzigsten Geburtstag feierte, machte er bereits klar, dass er sich nach dieser Periode als Bürgermeister engültig aus der Politik zurückziehen wird. Füssen aktuell sprach mit Luis Oberer über die abgelaufene Dekade, über Höhepunkte, Meilensteine und Ziele, aber auch über Wünsche und Zukunftsaussichten.

Wie zufrieden sind Sie persönlich nach 10 Jahren im Amt und wie fällt Ihre eigene Bilanz für diese Zeit aus?
Vor meiner Bürgermeisterzeit war ich 25 Jahre Betriebsratsvorsitzender bei der Firma Plansee AG und bin 2009 nach 40 Dienstjahren in Pension gegangen. Ich wollte aber in der Pension nicht nur Radfahren und Berggehen und habe deshalb mit einer eigenen Namensliste bei den Gemeinderatswahlen 2010 kandidiert. Wohl wissend, dass die Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt alles andere als einfach waren. Der alte Gemeinderat hatte das Image in der Bevölkerung eines verstrittenen Haufens, die Parteipolitik stand vor der Sachpolitik und die finanzielle Situation war besorgniserregend.

Zu meiner Überraschung bin ich mit nur 19 Stimmen Vorsprung zum Bürgermeister gewählt worden und mit meiner Liste erreichte ich auf Anhieb 4 Mandate. Ich sah es als meine dringlichste Aufgabe, den Gemeinderat zu einen und die Zusammenarbeit in den Vordergrund zu stellen. Diese Umstellung auf Sachpolitik hat Reutte enorm weitergebracht und damit konnten viele Projekte in den letzten 10 Jahren umgesetzt werden. Ich ziehe deshalb persönlich eine sehr positive Bilanz über meine bisherige Amtszeit. Die Bevölkerung dürfte das auch so sehen, denn bei der letzten Gemeinderatswahl 2016 wurde ich mit 70 % als Bürgermeister bestätigt und erreichte mit meiner Liste „Luis“ 10 Mandate und damit die absolute Mehrheit.

Wie steht die Marktgemeinde Reutte heute da, im Vergleich zu vor 10 Jahren?
Obwohl sehr viele Projekte umgesetzt wurden, konnte der Schuldenstand abgebaut werden und der Verschuldungsgrad von 70 % auf aktuell 18 % gesenkt werden. Der Markt Reutte präsentiert sich heute als moderner Bezirkshauptort mit sehr hoher Lebensqualität. Die eingeführte Wirtschaftsförderung (Miet-, Investitions- und Fassadenförderung) hat dazu beigetragen das die Leerstände der Geschäftsflächen im Zentrum von 30 % auf 5 % zurückgegangen sind. Durch große Investitionen in Infrastruktur und zusätzlichen Attraktivitäten ist Reutte für die Einheimischen sowie für unsere Gäste zu einem größeren Anziehungspunkt geworden. Reutte gehört zu den Wachstumsgemeinden in Österreich und hat in der Einwohnerzahl pro Jahr um ca. 1,5 % zugelegt.

Was waren die wichtigsten Projekte in dieser Zeit?
Die größte Investition mit rund 25 Mio. Euro war sicherlich die Errichtung der Alpentherme Ehrenberg, die bis zur Coronakrise sehr positiv lief und an die 200.000 Besucher pro Jahr verzeichnen konnte. Das Seniorenzentrum wurde von 42 auf 64 Betten erweitert. Für die Kinder- und Jugendlichen wurden alle 5 Spielplätze komplett erneuert, ein großer Funpark errichtet und die Mobile Jugendarbeit bekam neue Räumlichkeiten. Im Kulturbereich entstand die Kleinkunstbühne „Kellerei“, die neue Zeillergalerie, ein neues Probelokal für die Musikkapelle und ein neuer Musikpavillon im Park. Infrastrukturell wurden neue Verbindungstraßen, sowie Rad- und Gehwege gebaut, das denkmalgeschützte Gemeindeamt aufwendig saniert, die Feuerwehrhalle bekam eine Generalüberholung und ein neues Tanklöschfahrzeug wurde angeschafft. Der Park wurde komplett neugestaltet und soll bis Mitte des Jahres fertiggestellt werden. Über die Siedlungsgesellschaften konnten in den letzten 10 Jahren mehr als 700 Wohnungen neuen Mietern oder Eigentümern übergeben werden. Die Sportvereine bekamen ein neues, modernes Mehrzweckgebäude und eine neue Tartanbahn. Eine enorme Weiterentwicklung erfuhr auch das Burgenensemble Ehrenberg. Hängebrücke „Highline 179“, Schrägaufzug „Ehrenbergliner“, Sagenverließ, Themenspielplatz, Neues Restaurant im „Salzstadel“ sowie Verbesserung des Zimmerangebotes sind dazu nur einige Beispiele.

Vermissen Sie eine oder mehr Zusammenarbeit im Gemeinderat?
Die Zusammenarbeit im Gemeinderat über die Fraktionen hinweg funktioniert sehr gut. Unser Reutte weiterzuentwickeln steht bei den gemeinsamen Bemühungen erfreulicherweise immer im Vordergrund. Gemeindeübergreifend ist das „Kastldenken“ trotz eingerichteter Gemeindeverbände allerdings schon noch deutlich spürbar. 37 Bürgermeister und Gemeinden für eine gemeinsame Sache zu begeistern, ist ab und zu noch harte Knochenarbeit. Bei der Errichtung eines dringend benötigten 3. Pflegewohnheimes für den gesamten Bezirk sehen wir beispielsweise, wie schwer wir uns tun, einen gemeinsamen Konsens zu finden.

Welche wichtigen Maßnahmen werden die nächsten sein und welche sind noch in Planung, die umgesetzt werden sollten?
Seit vielen Jahren verfolgt die Marktgemeinde Reutte den Schwerpunkt Zentrumsbelebung und Zentrumsgestaltung. In einem 5-Jahresprogramm erfährt damit das Zentrum eine Generalsanierung bzw. Neugestaltung. Derzeit sind wir dabei, dem Untermarkt nach 30 Jahren ein komplettes Facelifting zu verpassen und zur Hebung der Attraktivität wird in diesem Bereich eine „Begegnungszone“ umgesetzt. Die Arbeiten haben bereits begonnen und sollen Ende 2021 ihren Abschluss finden. Im Zuge dieser Neugestaltung wird auch der neue „Via Claudia Radplatz“ am Fernradweg zum Verweilen in Reutte einladen. Bis Ende des Jahres soll auch die Neukonzipierung des Amtsplatzes zwischen Gemeindeamt und Bezirkshauptmannschaft fertiggestellt sein. Reutte hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Für mich als Bürgermeister wäre deshalb die längst fällige Stadterhebung nur eine logische Folge der weiteren Ziele. Reutte ist nämlich neben Tamsweg der einzige Bezirkshauptort in Österreich, der noch nicht Stadt ist.

Wie wichtig ist eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zu den benachbarten Grenzregionen wie Füssen und Pfronten?
Die Grenzregion im benachbarten Allgäu steht dem Bezirk Reutte näher als die innertirolerische Region jenseits dem Fernpass. Umso wichtiger ist eine Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Im Bereich der Wirtschaft passiert das ja bereits seit vielen Jahren und sehr erfolgreich. Ich denke da z.B. auch an die Messe Füssen und die Wirtschaftsmeile in Reutte im Zweijahresrhythmus. Oder die Aktivitäten der EWR AG im Raum Füssen Pfronten oder auch an die Kooperation zwischen den Krankenhäusern Reutte und Füssen u.v.a.m.. Auch mit den grenznahen Gemeinden gibt es immer wieder themenbezogene Zusammenkünfte, aber es könnte aus meiner Sicht etwas mehr sein. Gemeinsame Themen gebe es genug wie z.B. Verkehrsproblematik, Kulturveranstaltungen, Bildungsbereich oder wenn es nur darum geht Kommunalpolitischen Erfahrungsaustausch zu betreiben, von dem die Bürgerinnen und Bürger an beiden Seiten unserer Grenze Vorteile daraus ziehen können. Bedanke mich jedenfalls bei meinen Allgäuer Kolleginnen und Kollegen für die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis sehr herzlich.

Text: Lars Peter Schwarz · Foto: Marktgemeinde Reutte

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