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Zeit heisst gutes Brot

Es riecht fantastisch, geradezu verlockend in der Backstube von Helmut Schmid. Er ist der Inhaber der Bäckerei Höfler in der Schrannengasse in Füssen. Seit drei Generationen wird dort Brot gebacken. Für den Bäcker ist das ein schöner Beruf, der viel Potenzial hat und noch viel mehr Kreativität fordert. Vor 84 Jahren fing die Brotgeschichte mit Korbinian Höfler, dem Gründer der Bäckerei, an.

Einiges hat sich in den Jahren geändert, allen voran die Industrialisierung des Brotes, die Hygienevorschriften und vieles andere mehr. Industrialisierte fertige Brotmischungen waren während Helmut Schmids Lehrzeit ganz normal, auch heute werden solche Mehlmischungen genommen. Den Bäckereien erleichtert es die Arbeit, weil es zeit-und personalsparend, aber vor allem auch kostengünstiger ist. Zeit ist Geld. Diese Effizienz hält sich noch immer. Viele Menschen vertragen aber dieses industrialisierte Brot nicht – sie bekommen Bauchschmerzen und Blähungen. Es schlägt uns förmlich auf den Magen.

Nach der Ausbildung war diese Art von Arbeiten und Backen für Helmut Schmid keine Option mehr. Er backt seine Brote nur nach seinen Rezepturen und mit seinem eigenen angesetzten Sauerteig. So wie ein Koch aus verschiedenen Produkten und Gewürzen neue Gerichte zusammenstellt, so ist es auch bei dem 45-Jährigen. In seiner Backstube wird tatsächlich noch experimentiert und das mit viel Spaß an der Arbeit. Er übt im wahrsten Sinne des Wortes nichts anderes aus als das ursprüngliche Handwerk eines Bäckers. In seiner Bäckerei bekommt jeder Verarbeitungsschritt die Zeit, die es dafür braucht. „Das Geheimnis eines guten Brotes sind die Produkte, die Verarbeitung, aber allem voran die Gehzeit des Teiges“, so seine Philosophie. „Je länger der Teig geht, desto aromatischer und bekömmlicher wird er. Das Mehl kann besser verquellen und ganz wichtig sind auch die Zuckerstoffe, die, je länger der Teig geht, abgebaut werden“, erklärt er. Helmut Schmid kennt sich, was das Brotbacken anbetrifft, bestens aus. Er ist mit seinem Beruf so verbunden, dass daraus mehr geworden ist als nur Backen. Es ist eine Philosophie für sich, die zu seinen Wertevorstellungen passt, nicht aber immer mit dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis übereinstimmt. So wie zum Beispiel die Sache mit dem Roggenmehl. Das ist bei Helmut Schmid in Bio-Qualität und er verwendet es in jedem Brot, wo Roggenmehl dazu gegeben wird, ohne es explizit zu deklarieren. Selbstverständlich hat er Bio-Brote, die zertifiziert sind. Qualität ist für den Füssener immens wichtig. Leider ist es nicht immer möglich, regionale Produkte zu bekommen. „Wenn ich Gutes aus der Region bekommen kann, dann kaufe ich es auch. Aber nur dass es regional ist ohne meinen Qualitätsanspruch zu erfüllen, davon halte ich nichts.“ Schmid findet auch klare Worte mit dem Umgang von Verpackungen. „Manchmal ist es nicht so einfach auf Plastik zu verzichten, besonders nicht im Lebensmittelbereich. Da sind Hygienevorschriften, die man erfüllen muss, weil sie so vorgegeben sind. Es ist immer eine Gratwanderung zwischen dem Wollen und Müssen.“ Etwa 15 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt die Bäckerei, davon vier in der Backstube. Warum es nicht mehr Betriebe gibt, die sich dem traditionellen Brotbacken zuwenden, erklärt Schmid mit einem Satz. „Es fehlt die Zeit“. Im englischen hat man schon längst einen Begriff für das traditionelle Brotbacken gefunden oder vielmehr für die Zeit, die man sich dafür nimmt. „Slow Baking“ heißt das, also langsames Backen.

In der Bäckerei ist auch ein Café integriert. Hier trifft sich täglich ein Damenstammtisch und lässt sich Kaffee und Kuchen schmecken. Bei schönem Wetter kann man draußen vor der Bäckerei Platz nehmen.

Kein Brot landet beim „Höfler“ im Mülleimer. Jeder Krümel wird wiederverwertet. Sei es für die Tiere, für die Tafel oder als Röstbrot in frischem Brot, selbstverständlich aufgeteilt in Bio und Nichtbio. Viele Restbrote bleiben in der Bäckerei nicht übrig. Helmut Schmid folgt einem ganz besonderen Prinzip. „Ist sonntags das Wetter gut, kaufen die Leute montags weniger Brot. Am Monatsanfang dafür mehr als am Monatsende und wenn Ferien sind, dann sind auch mehr Besucher in Füssen.“ Nach diesen Beobachtungen richtet er die Produktion aus.
Früher belieferte die Bäckerei Hotels. Heute ist das längst Vergangenheit. „Ich wollte mir und meinen Mitarbeitern keinen Druck mehr machen. So wie es ist, ist es jetzt gut. Ich will gutes Brot und Gebäck backen, mir neue Rezepturen ausdenken, experimentieren und mich freuen wenn die Kunden sagen: Das schmeckt. Das ist mein Anliegen“, so Schmid. Sein Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Und wenn er wieder mitten in der Nacht in seiner Backstube steht, dann ist er dabei die Welt ein bisschen genussvoller zu machen.

INFO:
Bäckerei Höfler · Schrannengasse 3 · 87629 Füssen
Telefon: 0 83 62 / 61 24

Text· Foto: Sabina Riegger

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