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Der letzte König Bayerns Ludwig III.

Am 7. November 1918 endete die 738-jährige Regentschaft der Dynastie Wittelsbach in Bayern. Sechs Tage später entband der letzte bayerische König, Ludwig III. seine Beamten und Soldaten vom Treueeid, den sie nur wenige Jahre vorher auf ihn geleistet hatten. Eine Abdankung lehnte der König jedoch ab.

Die Regentschaft König Ludwigs III. von Bayern dauerte nur knapp sechs Jahre. Nach dem Tod seines Vaters Luitpold übernahm er das Amt des Prinzregenten. Ein knappes Jahr später wurde er zum König von Bayern proklamiert. Auch Ludwig, wie bereits sein Vater vor ihm, trat dieses hohe Amt im fortgeschrittenen Alter an. Er war 67 Jahre alt. Bei seiner Regierungsübernahme konnte der Cousin des gleichaltrigen Märchenkönigs Ludwig II. auf ein ereignis- und erfahrungsreiches Leben zurückblicken. Sein bisheriges Hauptaugenmerk galt einem, für einen königlichen Prinzen eher außergewöhnlichen Beschäftigungsfeld.

Im Jahr 1875, Ludwig war 30 Jahre alt, erwarb er das Schloss Leutstetten am Starnberger See, das sich zwei Stunden mit der Pferdekutsche außerhalb von München befand. Das Schloss bewohnte er mit seiner Ehefrau Marie Therese, einer Erzherzogin von Österreich-Este und der stetig wachsenden Kinderschar. Aus deren Ehe gingen dreizehn Kinder hervor. Das Schloss platzte bald aus allen Nähten und so wurden die dem Schloss nahegelegenen Häuser renoviert und von den königlichen Prinzessinnen bewohnt.

Nachdem Ludwig das Anwesen und die dazugehörigen Ländereien erstanden hatte, kaufte er in den darauffolgenden Jahrzehnten größere Flächen und verdoppelte somit den anfänglichen Grundbesitz nahezu. Sein Privatgut umfasste schließlich ein Gebiet von 2793,51 Tagwerk, was ca. 957 Hektar entspricht. Es teilte sich in ca. 830 Tagwerk Acker- und Weideflächen, ca. 1500 Tagwerk Wald und ca. 400 Tagwerk Torf und Moos auf. Man kann sagen, dieses Gut war einer der größten landwirtschaftlichen Betriebe unter den großen Besitzungen der damaligen Zeit in Bayern.

Trotz des überwiegenden Waldanteils war die Forstwirtschaft nicht der größte wirtschaftliche Sektor dieses Anwesens. Das Gut hatte in unterschiedlichen Stallungen 158 Milchkühe, man baute Hafer und Roggen an und besaß eine kleine, aber nicht unbedeutende Vollblutpferdezucht. Prinz Ludwig war ein Landwirt mit Leib und Seele, denn er betrieb die Landwirtschaft nicht nur auf dem Papier in seinem Arbeitszimmer, er legte auch selbst täglich mit Hand an. „Was nun die Landwirtschaft besonders betrifft, so erkenne ich ihren Wert für das ganze Volk wohl. Ist sie doch von allen Gewerben das, welches die Grundlage bildet. Wenn es der Landwirtschaft gut geht, befinden sich auch die anderen wohl.“ sagte Ludwig im Jahr 1892.

Das Gut Leutstetten avancierte nach und nach zum Mustergut. In seinen Kuhställen wurde penibel auf Hygiene und Reinlichkeit geachtet. Jede Kuh unterzog man alle zwei Wochen einer tierärztlichen Kontrolle und impfte sie halbjährlich gegen „Tuberkelbazillen“. Die Rinder wurden ausgesprochen gut gepflegt, täglich gebürstet und gestriegelt und gewaschen, sobald es erforderlich war. Von seinen 158 Milchkühen, die täglich zweimal gemolken wurden, gab jede Kuh etwa acht Liter Milch am Tag. Die Milch der 58 Rinder aus dem Stall Rieden wurde als spezielle Kindermilch, vor allem an Kinderspitäler und Säuglingsheime verkauft. Die Milch der weiteren 100 Kühe wurde zweimal täglich mit der Eisenbahn in die Zentralmolkerei nach München transportiert. Die Hygienemaßnahmen galten dabei nicht nur für den Umgang mit dem Tierbestand. Auch das Personal wurde ärztlich überprüft und hatte sich nicht nur während seiner Arbeit mit den Tieren an genaue Hygienerichtlinien zu halten.

Prinz Ludwig investierte viel in seinen landwirtschaftlichen Betrieb. Dabei verfolgte er mehrere Ziele. Unter anderem war er davon überzeugt, dass die großen landwirtschaftlichen Güter die Pflicht hätten, die neuesten Methoden und Maschinen zu testen. Nur sie hätten die Möglichkeit, diese „Experimente“ durchführen zu können, ohne bei einem eventuellen Fehlschlag daran zugrunde zu gehen. Sobald eine Methode Rentabilität versprach, konnte das neu erworbene Wissen an kleinere landwirtschaftliche Betrieb weitergegeben werden. Diese konnten davon profitieren, indem sie die Praktiken kopierten. So waren auf seinem Gut schon früh Allzweck-Dampfmaschinen in Betrieb, die wahlweise mit einer Holzspaltmaschine, Dreschmaschine oder Häckselmaschine verbunden werden konnten. Aufgrund dieser hohen finanziellen Investitionen konnte das Gut jedoch keine großen Gewinne erzielen.

Die Resultate der neuen landwirtschaftlichen Versuche gab Ludwig stets an kleinere Betriebe weiter, jedoch nicht nur im Umland von Leutstetten oder München. Er war über viele Jahrzehnte Teil der landwirtschaftlichen Wanderversammlung des bayerischen Landwirtschaftsvereins, die im ganzen Königreich Bayern gastierte und erläuterte hier in Reden und Vorträgen seine Erkenntnisse. Im Bayern der damaligen Zeit war die Landwirtschaft der größte wirtschaftliche Faktor und der größte Arbeitgeber. Fünfzig Prozent der Berufstätigen hatten in den 80iger Jahren des 19. Jahrhunderts ihre Beschäftigung in einem Bereich der Landwirtschaft.

Ludwig wusste somit, wie es einem Großteil des bayerischen Volkes erging. Er kannte seine Ängste und Nöte genau und strebte danach zu helfen und zu unterstützen, wo er nur konnte. So versuchte er u.a. auf die politischen Entscheidungen dieser Zeit maßgeblich einzuwirken und für die Belange der Landwirtschaft einzutreten. Dabei war er aber auch auf die Eigeninitiative der Landwirte bedacht: „Alle gesetzgeberischen Maßnahmen helfen nichts, wenn nicht der Mann selbst um seine Wirtschaft sich annimmt, wenn nicht der Landwirt die Erfahrung und wissenschaftliche Entdeckung der Neuzeit sich zu Nutze macht.“

Vortrag am 26.3., ab 18 Uhr,
im Museum der bayerischen Könige


Es berichtet der Historiker Klaus Reichold über das Leben des letzten bayerischen Königs im letzten Teil des „Wittelsbacher Wintersemesters 2019/2020“.

Text: Vanessa Richter, Kulturvermittlerin im
Museum der bayerischen Könige in
Hohenschwangau
Foto: Wikipedia

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