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König Max II. von Bayern – der Gelehrte

„Wäre ich nicht Kronprinz, wäre ich am liebsten Professor geworden“

Das weltberühmte Königsschloss Neuschwanstein lockt jährlich 1,6 Millionen Besucher nach Hohenschwangau. Darunter befindet sich auch die ein oder andere berühmte Persönlichkeit aus Film und Fernsehen, aber auch aus Politik, Kunst und Wissenschaft. Ist es heutzutage eher die Ritterburg des Märchenkönigs, die die Menschen anzieht, war es Mitte des 19. Jahrhunderts noch der Vater Ludwigs II., König Max II. höchstpersönlich, der die bedeutenden Wissenschaftler, Gelehrte, Schriftsteller und Philosophen seiner Zeit nach Hohenschwangau einlud.

Bereits als Kronprinz, aber auch noch nach seiner Thronbesteigung hegte Max II. ein großes Interesse für die Geistes- und Naturwissenschaften. Wissenschaft und Geschichte wurden zu den Stützpfeilern seiner Politik. Auch mit Hilfe von Bildung versuchte der Monarch ein bayerisches Nationalgefühl zu erschaffen und dies zu stärken. Otto von Bismarck sagt einmal: „Bayern ist vielleicht das einzige deutsche Land, dem es durch seine materielle Bedeutung, durch die bestimmt ausgeprägte Stammeseigentümlichkeit und die Begabung seiner Herrscher gelungen ist, ein glückliches und in sich selbst befriedigtes Nationalgefühl auszubilden.“

Maximilians Wunsch nach sollte allen Bürgern des Königreichs Bayern, unabhängig ihres Standes, der Zugang zu Bildung ermöglicht werden. Aus diesem Grundgedanken wuchsen diverse öffentliche Bildungsinstitutionen, wie zum Beispiel die Stiftung Maximilianeum, die es bis heute gibt.
Doch nicht nur sein Volk sollte gebildet werden, auch der König selbst hatte einen schier unstillbaren Wissensdurst. Sein Studium, dass er in Berlin und Götting absolvierte, bildete dabei nur den Grundstock. Egal wo sich der König aufhielt, ob in seiner Residenzstadt München oder in seiner Sommerresidenz in Hohenschwangau, Bücher waren seine ständigen Begleiter. Dabei waren die Themen mannigfaltig, von Philosophie über Religion bis hin zu Chemie und Geschichte. Die Bücher und Aufzeichnungen studierte er nicht nur in seinen Appartements, auch am Ufer des Alpsees oder während der Pause eines Spaziergangs. Ja sogar während der Rast bei einer Bergwanderung oder auf der Jagd war es nicht ungewöhnlich, den König in ein Buch vertieft vorzufinden. Im Laufe seiner Regentschaft berief er die unterschiedlichsten Wissenschaftler, wahre Fachmänner und Pioniere ihrer Fachgebiete, nach München. In der Grünen Galerie der Münchener Residenz versammelte der König einmal wöchentlich die Elite der Wissenschaft, um zu diskutieren oder philosophieren. Noch in seiner Kronprinzenzeit soll er einmal gesagt haben: „Wäre ich nicht Kronprinz, wäre ich am liebsten Professor geworden“.

Zu den erlesenen Gästen in Maximilians abgeschiedener Sommerresidenz Hohenschwangau gehörten unter anderem der Philologe und Experte für das griechische Altertum, Friedrich Thiersch, der Historiker Wilhelm von Doenninges, der Göttinger Professor Wagner, aber auch der dänische Dichter Hans Christian Andersen. Dieser war ganz besonders angetan vom Schloss Hohenschwangau und der umgebenden Natur. So schrieb er in einem Brief: „ Die Fahrt über den von großen Alpen umgebenen See, die Wanderung auf der kleinen Insel mit dem Fliederbaum (…) dieses und alles an und von jenem Orte gehört zu den Lebensmomenten, die der einzelne für alle Zeit aufbewahrt.“ Und nach einem weiteren Aufenthalt in Hohenschwangau bemerkte er: „Man könnte ein Märchen von der Elfe der Alpenrose dichten, die aus ihrer Blüte heraus durch die Bilder geschmückten Säle Hohenschwangaus fliegt, wo sie Dinge erblickt, die noch schöner sind als die Blüte. – Zwischen den Alpen und dem Flusse Lech in einem offenen, üppigen Tale, zwischen zwei klaren, dunkelgrünen Seen, der eine etwas höher als der andere gelegen, erhebt sich auf einem Felsenberge das Schloss Hohenschwangau. Früher stand hier die Burg Schwanstein; Welfen, Hohenstaufer und Schyren waren einstmals die Herren, deren Taten noch heute in den an den Wänden des Schlosses gemalten Bilder fortleben (…) Kein Schloss am Rhein ist so schön wie Hohenschwangau, und keines dort hat eine solche Umgebung wie dieses. Das ausgedehnte Tal und die schneebedeckten Berge (…) Hohenschwangau ist die schönste Alpenrose, die ich hier in den Bergen gesehen habe; möge sie hier auch allzeit die Blume des Glückes sein.“

Noch heute ist genau nachvollziehbar, über was der König mit den unterschiedlichen Wissenschaftlern sprach und debattierte. Er verfasste von jedem Gespräch Aufzeichnungen, um die daraus resultierenden Erkenntnisse immer wieder lesen und studieren zu können.

Doch er beschäftige sich nicht nur mit den Arbeiten der Gelehrten, die er nach Hohenschwangau einlud, Maximilian unterhielt einen permanenten Schriftverkehr zu weiteren Wissenschaftlern und tauschte sich in unzähligen Briefen über deren Fachrichtungen aus. Darunter waren zum Beispiel der Philosoph Friedrich Wilhelm von Schelling oder der Chemiker Justus von Liebig, den er mit dem Maximiliansorden auszeichnete. Diesen Orden stiftete König Max II. im Jahr 1853 für herausragende Leistungen in den Bereichen Kunst und Wissenschaft. Seit 1980 wird er wieder regelmäßig verliehen. Weitere Ordensträger waren Alexander von Humboldt, Jacob Grimm, Friedrich Gauß oder Georg Simon Ohm. Zu den Ordensträgern der Gegenwart gehören Jonas Kaufmann, Mariss Jansons oder Ottfried Preußler. Ein Exemplar des Maximiliansordens kann heutzutage im Museum der bayerischen Könige in Hohenschwangau besichtigt werden. Weitere Details über das Leben und Wirken dieses außergewöhnlichen Königs erhalten die Zuhörer des Vortrags „Heftige Regengüsse – König Max II. von Bayern auf Fußreise von Lindau nach Berchtesgaden“, der am 30. Januar im Museum der bayerischen Könige im Rahmen der Vortragsreihe „Wittelsbacher Wintersemester“ stattfinden wird.

Text: Vanessa Richter, Kulturvermittlerin im Museum der bayerischen Könige in Hohenschwangau
Foto: Archiv MdbK

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