Essen & TrinkenLeben

Die Heilkraft des Bieres

Heute überrasche ich sie wahrscheinlich mit einem etwas ungewöhnlichen Artikel. Den möchte ich schon seit vielen Jahren schreiben, denn meine Vorfahren stammen aus einer sehr alten Münchner Brauersfamilie.

Am 21. September 2019 beginnt dieses Jahr wieder die (186.) Wiesn, das Oktoberfest, dessen Ursprung auf die Hochzeit von Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese 1810 zurückzuführen ist. Noch heute wird im Schottenhammel-Zelt das Bier unserer Familie (Motto: „Lass Dir raten…) traditionell angestochen und so als erstes getrunken.

Sitzen Sie vielleicht gerade bei einem Krügerl Bier, im Biergarten oder auf der eigenen Terrasse? Und denken eventuell: ist das gar schädlich oder ungesund? Die Antwort ist – Gott sei Dank nein – natürlich sollte alles immer in Maßen sein und außerdem gibt es ja Alternativen mit wirklich 0,0% Alkohol, aber es ist definitiv erwiesen, dass Bier geradezu ein Heiltrank ist! Wann das erste Bier entstand, ist ungewiss. Höchstwahrscheinlich war es ein Versehen, ein Brotteig fing wohl an zu gären und mit der Zeit entstand ein Brei, der eine leicht berauschende Wirkung hatte, denn eigentlich ist Bier nichts anderes als flüssiges vergorenes Brot! Der erste schriftliche Nachweis des Bierbrauens ist ungefähr 6000 Jahre alt, sumerische Tontafeln aus dem Zweistromland, dem heutigen Irak, beschreiben bereits detailliert das gesamte Brauverfahren. Bei den Sumerern tauchte das Wort Bier schon oft im Zusammenhang mit Medizin auf. Überliefert sind beispielsweise 15 Rezepte „für ein gesundes Leben“. 10 davon beinhalteten Bier, um herbe Pflanzenextrakte zu verdünnen und sie so bekömmlicher zu machen. Auch für Opfergaben wurde es verwendet. Und natürlich auch zum trinken! Je nach Standeszugehörigkeit durfte ein Sumerer etwa 2-5 Kannen Bier pro Tag beanspruchen. Der berühmte König Hammurabi (1728-1686 v. Chr.) legte auch die Qualität der Biersorten genau fest. Wenn man so will, war er dann eigentlich der Vorfahr unseres bayerischen Reinheitsgebotes von 1516 durch Herzog Wilhelm IV. , das ursprünglich nur Gerste, Hopfen und Wasser zum Brauen von Bier festlegte. Das heutige „Reinheitsgebot“ beinhaltet übrigens Getreidemalz, also gekeimtes, bei hohen Temperaturen gedarrtes Getreide, Hopfen, Hefe und Wasser. Etwa zeitgleich mit den Sumerern entwickelte sich auch in Ägypten die Braukunst: fast die Hälfte ihrer Getreideernte verflüssigten sie im eigenen Staatsmonopol. Bier galt schon damals neben Brot als Grundnahrungsmittel. Es war Sold der Armee, Entlohnung für Beamte und selbst Sklaven erhielten 2 Krüge pro Tag, eine Art Existenzminimum.

In nahezu allen Kulturen unserer Erde hat das Bier eine große Rolle gespielt und tut es bis heute noch. Als Tacitus als erster einen ausführlichen Bericht über die Germanen verfasste, schrieb er: „Als Getränk haben die Germanen ein schauerliches Gebräu, aus Gerste oder Weizen gegoren, ein Gebräu, welches mit Wein nur eine sehr entfernte Ähnlichkeit hat.“ Julius Cäsar war da dann doch schon deutlich cleverer, denn als er im Krieg den Fluss Rubicon überschritt, versorgte er seine Truppen mit dem nahrhaften und kräftigendem Getränk in ausreichenden Mengen zur Motivation.

Wie das Bier nach Mitteleuropa kam, ist nicht eindeutig geklärt. Der älteste Nachweis kommt aus einem Germanengrab aus der Zeit um 800 v. Chr. Was aber sicher ist, dass das Bierbrauen stets Frauensache war, da ja Grundnahrungsmittel. Der Braukessel gehörte lange zur Mitgift junger Bräute. In den Klöstern war Bier natürlich immer beliebt – denn: „Flüssiges bricht das Fasten nicht“. Und immerhin berichten Chronisten, dass es jedem Mönch erlaubt war, 5 l Bier pro Tag zu sich zu nehmen. Na ja, hatte es in früheren Zeiten meist nur 2 % Alkohol… Und es war sicherer zu trinken, als das gerade in den Städten zum Teil stark verunreinigte Wasser.

Jetzt nach der vielen Historie doch mal zur versprochenen Heilwirkung des Bieres: „Cervisium bibat“ Dieser Satz ist eine geschmackvolle Aufforderung: „Man trinke Bier“ und sie kommt von keiner Geringeren als der Heiligen Hildegard von Bingen! Sie schreibt dazu, dass der Gerstensaft „den Leib kräftigt und die Regeneration fördert“. Natürlich enthält ein normales Bier Alkohol, aber nur in Maßen, der Gehalt ist der niedrigste von allen alkoholischen Getränken. Und dick soll es auch noch machen: je nach Biersorte hat es sogar weniger Kalorien als die gleiche Menge Apfelsaft oder fettarme Milch! Allerdings kann es durchaus Hunger erzeugen, das wird ausgelöst durch die Bitterstoffe, die enthalten sind. Und wenn dann noch eine Schweinshaxn dazukommt…

Nun mal zu den Fakten: Die enthaltene Kohlensäure sorgt für eine gute Durchblutung der Mundschleimhaut, fördert die Speichelbildung sowie die Säureproduktion der Magenschleimhaut und die Verdauung. Bier ist zwar kein wirklich eiweißreiches Lebensmittel, aber es sind doch alle essentiellen und viele der nicht essentiellen Aminosäuren enthalten.

Mineralstoffe: mit 1 Liter Bier kann ein beträchtlicher Teil des Tagesbedarfs an Mineralien gedeckt werden: Magnesium 45%, Phosphor 40%, Kalium 20 %. Außerdem enthält es auch Kalzium, Sulfat, Schwefel, Kupfer, Mangan, Zink und Eisen. Zusätzlich ist es aber trotzdem sehr natriumarm. Gut gegen Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Gallen- und Harnsteine. Das gilt auch für alle alle alkoholrezudierten- und freien Varianten. Ganz wichtig sind auch die B-Vitamine, ebenfalls in 1 l enthalten: B2 20%, B3 20%, B6 35% des Tagesbedarfs verbessern die Konzentrationsfähigkeit, unterstützen die Bildung roter Blutkörperchen, wirken sich positiv aus das Herz-Kreislauf-System aus und regen den Stoffwechsel an. Niacin mit 65% dient u.a. zum Abbau von Zuckerstoffen und Fettsäuren und reguliert den Einfluss schädlicher UV-Strahlung. Bier enthält ähnlich wie Rotwein und grüner Tee recht viele Polyphenole. Diese früher gerne als Gerbstoffe bezeichneten Substanzen schützen als Antioxidantien den Organismus vor den aggressiven freien Radikalen. Sie sind der Hauptgrund dafür, dass Bier vor Krankheiten wie Infarkten, Arthritis und Krebs schützen kann. 70-80 % dieser Polyphenole stammen aus dem Malz, 20-30 % aus dem Hopfen, die wie das Xanthohumol zu den effektivsten zählen.

Organische Säuren wirken sich günstig auf die Herzleistung und die Darmflora aus und regen den Speichel an. Amine beschleunigen die Herztätigkeit, erweitern die Blutkapillaren und steigern die Magensaftsekretion. Nukleinbausteine beeinflussen den Blutdruck und erweitern die Herzkranzgefäße. „Passionierte“ Biertrinker dürften sicherlich glänzende Augen bekommen, wenn sie hören, was die Wissenschaftler verschiedener Länder noch an weiteren Pluspunkten für ihr Lieblingsgetränk anzuführen haben: Italienische Forscher entdeckten, dass Bier als Isogetränk die Leistungsfähigkeit von Hochleistungssportlern steigert. Nach Untersuchungen von Münchner Neurologen kann Bier die Durchblutung des Gehirns steigern.

Bier senkt den Homocystein-Spiegel im Blut und verringert so das Herzinfarktrisiko. Ein amerikanischer Psychiater hat festgestellt: Bier verbessert die Gemütsstörungen älterer Menschen nachhaltiger als Psychopharmaka. Französische Ärzte empfehlen Bier in der Genesungsphase nach schweren Erkrankungen. Dass Bier die Nieren spült, ist dem Bierfreund bekannt. Die Wissenschaft kann es mit Zahlen belegen. Schwedische Forscher haben nachgemessen: Wenn man 1 Liter Wasser trinkt, werden danach 385 ml Urin ausgeschieden. Nach dem Genuss von 1 Liter Bier beträgt die ausgeschiedene Harnmenge dagegen 1012 ml. Bekannt ist ja auch die Weißbierkur bei Nierensteinen…
Aber auch im Hinblick auf seinen Alkoholgehalt hält das Bier unter den Getränken eine Sonderstellung: es geht nicht so schnell ins Blut wie andere Alkoholika, denn es enthält nämlich deutlich weniger alkoholische Begleitstoffe als Wein oder Schnäpse. Dementsprechend flacher verläuft auch die Promillekurve des Alkohols im Blut nach dem Biergenuss.

Na dann „Wohl bekommts!“,

Ihre Apothekerin
Simone Wagner

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