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Hilfe für Schwerkranke

Cannabis auf Rezept

Schwer kranke Menschen können unter bestimmten Voraussetzungen Cannabis auf Kassenrezept erhalten. Dazu hat der Bundestag letztes Jahr ein Gesetzt verabschiedet, das bereits in Kraft getreten ist. Bis zu diesem Zeitpunkt zahlten die Krankenkassen nur in Einzelfällen. Meist mussten die Patienten selbst für die teure Behandlung aufkommen. Das Gesetz „Cannabis als Medizin“ ist am 10. März 2017 in Kraft getreten. Dazu ein Zitat des damaligen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: „Schwer kranke Menschen müssen bestmöglich versorgt werden. Dazu gehört, dass die Kosten für Cannabis als Medizin für Schwerkranke von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders wirksam geholfen werden kann.“

Bisher waren Patienten gezwungen, für eine Cannabis-Therapie eine Sondergenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einzuholen. Durch das neue Gesetz ist der medizinische Therapieeinsatz von Cannabis in Deutschland keine Ausnahmeregelung mehr. Sowohl Fertigarzneimittel und Rezepturen auf Cannabisbasis als auch getrocknete Cannabisblüten können von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden. Voraussetzung: Sie sind medizinisch angezeigt. Zudem soll die Abgabe von Cannabis wissenschaftlich begleitet werden. Im Rahmen dieser Begleiterhebung geben Ärzte, die Cannabis verordnen, Daten zur Behandlung in anonymisierter Form an das BfArM weiter.

Cannabis – Was ist das eigentlich genau?

Cannabis ist der lateinische Begriff für Hanfpflanze und gehört zu den ältesten bekannten Rauschmitteln mit einer jahrtausendealten Tradition als Nutz- und Heilpflanze. Es gibt eine weibliche und eine männliche Form der Pflanze. Sie beinhaltet mehr als 60 Cannabinoide, so nennt man ihre spezifischen Inhaltsstoffe mit pharmakologischer Wirkung. Hauptwirkstoffe von Cannabis sind Tetrahydrocannabinol (THC, auch Dronabinol genannt) und Cannabidiol (CBD), deren Gehalte je nach Pflanzensorte erheblich schwanken. Darüber hinaus enthält die Cannabispflanze weitere Inhaltsstoffe, die medizinisch nützlich sein können, darunter ätherische Öle (Terpene) sowie Flavonoide.

Cannabis – Einsatz in der Medizin

THC, der Hauptwirkstoff von Cannabis, ist seit 1998 in Deutschland als Medikament verschreibungsfähig. Ärzte können ihren Patienten THC-haltige Medikamente mit den Inhaltsstoffen Dronabinol oder Nabilon verordnen, wenn ihrer Einschätzung nach eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome zu erwarten ist. Dies kann unter anderem in der Schmerzmedizin der Fall sein oder bei bestimmten chronischen Erkrankungen, ebenso bei schwerer Appetitlosigkeit und Übelkeit.

Im Gesetzestext wurde darauf verzichtet, einzelne Erkrankungen oder Symptome für die Gabe von Cannabis aufzuführen. Daran verdeutlicht sich die Tatsache, dass nach streng wissenschaftlichen Kriterien der medizinische Einsatz von Cannabis nicht hinreichend erforscht ist.

Als etablierte Indikationen gelten derzeit jedoch: Einsatz in der Schmerztherapie – insbesondere bei sogenannten neuropathischen Schmerzen, Spastik bei Multipler Sklerose, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Hinweise auf positive Wirkungen gibt es in vielen medizinischen Fachgebieten – von neurologischen Indikationen (Spastik, Bewegungsstörungen) über dermatologische Erkrankungen zu augenärztlichen (Glaukom), internistischen (Arthrose und Arthritis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn) und psychiatrischen Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen, ADHS) sowie weiteren Erkrankungen. Der Einsatz von Cannabis wird oft erst dann empfohlen, wenn andere Therapiemaßnahmen nicht erfolgreich waren.

Cannabis auf Rezept. Wegweiser für den Patienten

Zunächst ist es wichtig, einen Arzt zu finden, der bereit ist, entsprechende Arzneimittel einzusetzen. Jeder Arzt in Deutschland kann Cannabis auf einem Betäubungsmittelrezept (BtM-Rezept) verschreiben. Ausgenommen sind Zahn- und Tierärzte. Der Arzt entscheidet darüber, ob der Patient sinnvoll mit einem Cannabisarzneimittel behandelt werden kann.

Kostenübernahme:
Bei der Erstverordnung muss die Kostenübernahme von der Krankenkasse genehmigt werden. Die wichtigsten Voraussetzungen dafür sind:
– Es liegt eine schwerwiegende Erkrankung vor.
– Es gibt keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsalternative.
– Es besteht die Aussicht auf positive Beeinflussung des Krankheitsverlaufs oder der schwerwiegenden Symptome.
– Der Patient muss zustimmen, dass seine Daten anonymisiert an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) übermittelt werden.

Die Krankenkassen schalten bei der Abklärung der Kostenübernahme ihren medizinischen Dienst (MDK) ein, der den Fall bewertet und eine Empfehlung ausspricht. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf die Cannabis-Therapie verweigert werden. Wichtig zu wissen: Bei Patienten, die sich in ambulanter Palliativversorgung befinden und nicht wochenlang auf eine Entscheidung warten können, hat die Krankenkasse innerhalb von drei Tagen zu entscheiden. Auf diese Weise soll das neue Gesetz zu einer Verbesserung der Palliativversorgung beitragen. Palliativmedizin bezeichnet die Behandlung von Patienten mit einer unheilbaren, fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung.

​Verordnung: Bei Genehmigung des Antrags auf Kosten-übernahme kann der Arzt ein BtM-Rezept ausstellen

Cannabis-Agentur regelt Anbau in Deutschland

Cannabis als Medizin soll in Deutschland künftig unter staatlicher Aufsicht vertrieben werden. Dafür wurde beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine staatliche Agentur eingerichtet. Ziel dieser Einrichtung ist es, schwer kranke Patienten bis zum Jahr 2019 mit hierzulande angebautem Cannabis in pharmazeutischer Qualität zu versorgen. Bislang wird die Pflanze für den medizinischen Einsatz aus den Niederlanden und aus Kanada bezogen.

Text: UPD

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