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Wickel, Kompressen & Co. KG

Ein sehr netter Artikel aus Österreich, den ich kürzlich gelesen habe, hieß „Essigpatscherl statt Fieberzapferl“ und hat mich daran erinnert, wie oft ich eigentlich als Kind bei erhöhter Temperatur diese bekommen habe, damit es mir schnell wieder besser ging. Für unsere Vorfahren waren sie noch ganz selbstverständlich: Wadenwickel bei Fieber, Zwiebelwickel bei Ohrenschmerzen, Kohlblätter bei Gelenkschmerzen, um nur einige zu nennen. Leider sind diese Methoden ziemlich in Vergessenheit geraten, was wirklich schade ist, sind sie doch erwiesenermaßen wirksam und gleichzeitig sehr schonend. Deshalb würde ich Ihnen gerne ein paar davon vorstellen, um sie auch an die nächsten Generationen weiterzugeben.

Beginnen wir doch einfach mit dem, was man in der Erkältungszeit sicher häufig braucht, den Wadenwickeln oder den „Essigpatscherln“ (hier wird dem Wasser ein Schuss normaler Haushaltsessig oder noch besser Apfelessig zugesetzt), um die erwünschte Wirkung herbeizuführen – ein richtig angelegter Wadenwickel wirkt sowohl fiebersenkend als auch giftableitend, kreislaufstärkend und beruhigend, also auch zum Einschlafen, ohne Fieber zu haben. Möglich für Kinder ab etwa 18 Monaten. Die wichtigste Voraussetzung ist, vor der Anwendung zu prüfen, ob der ganze Körper warm ist, besonders auch die Arme und Beine, sonst funktioniert die Blutzirkulation nicht richtig. Ist das nicht der Fall, können vor allem die Waden durch dicke Socken oder eine Wärmflasche auf Temperatur gebracht werden. Das klingt bei Fieber vielleicht etwas seltsam, macht aber für die anschließende Behandlung durchaus Sinn!

Nun geht es los, am besten richten Sie sich die „Zutaten“ schon mal her:

  • 2 Leinen – Innentücher, sie sollten in etwa 1,5 Mal um jedes Bein gehen, also so ungefähr vom Fußgelenk bis zur Kniekehle
  • 2 Woll- oder Frottee-Außentücher, alternativ Wollkniestrümpfe
  • 1 Schüssel mit kaltem bis handwarmem Wasser – umso kleiner das Kind ist, desto angepasster sollte das Wasser sein, also höchstens 5-10 Grad Celsius unter der Fiebertemperatur!
  • Wenn gewünscht, ein Zusatz wie Apfelessig
  • 1 Bettschutz wie z.B. ein Handtuch oder ähnliches

Bevor man anfängt, wäre es ganz gut, dass der Patient seine Blase entleert und den Raum kurz durchlüften, damit eine schöne Atmosphäre entsteht. Die Innentücher nass machen und auswringen, aber nur so weit, dass sie gerade nicht mehr tropfen – ein zu stark ausgewrungenes Tuch kühlt nicht herunter, sondern wärmt anstatt dessen!
Jetzt beide Beine ab dem Fußgelenk bis zur Wade straff einwickeln, darüber kommen nun die Außentücher oder die Wollstrümpfe bis zur Kniekehle.

Dauer der Anwendung: 10 – 20 Minuten, umso höher das Fieber ist, desto kürzer der Zeitraum. Normalerweise ist eine 3-malige Durchführung notwendig. Je höher die Körpertemperatur, desto kürzer sollte auch die Pause zwischen den einzelnen Durchgängen sein, also in etwa 20 Minuten, das bedeutet bei 3 Anwendungen so grob 1-2 Stunden.

Die Innentücher muss man nach jedem Wickelvorgang selbstverständlich gut auswaschen, denn in ihnen befinden sich viele Stoffwechselabbauprodukte. Alternativ geht es auch, jedes Mal frische Tücher zu verwenden. Ganz wichtig ist das Fiebermessen vor demBeginn und ½ Stunde nach der letzten Anwendung. Die Temperatur sollte nicht mehr als 1 Grad Celsius in dieser Zeit gesunken sein, sonst werden Herz und Kreislauf zu stark belastet.

Zwiebelwickel

Ohrenschmerzen sind auch leider gerne Begleiterscheinungen einer Erkältung, können aber auch durch Zugluft oder kaltes Wetter ausgelöst werden. Zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung haben sich hier Wickel mit Zwiebeln bestens bewährt, die zwar streng riechen, aber auch ordentlich helfen! Wichtig ist natürlich, vorher abzuklären, ob es sich nicht um eine Mittelohrentzündung handelt, denn sie gehört sicher in ärztliche Behandlung.
Geeignet ist der Zwiebelwickel für Kinder ab ca. 1 Jahr und für Erwachsene.

Was braucht man nun dazu?

  • 1-2 Zwiebeln, dünnen Baumwollstoff oder Verbandmull, ganz praktisch sind hier auch Mullfingerlinge, dann geht es besonders einfach
  • Pflaster oder Faden zum verschließen
  • Spezielle Heilwolle
  • Mütze, Schal oder Stirnband

Die Zwiebeln, in etwa 1-2 cm dick geschnitten, auf das mittlere Drittel das Tuches, Verbandmulls oder in den Fingerling geben. Das Tuch wird zusammengeschlagen bzw. der Fingerling mit einem Bindfaden verschlossen. Wichtig ist: der Wickel sollte schon etwas größer sein als das Ohr und v. a. die Partie hinter dem Ohr mit einbeziehen. Bei empfindlicher Haut ist es gut, dem Bereich um das Ohr herum mit etwas Creme oder Vaseline zu schützen.

Nun wird das präparierte „Zwiebelpäckchen“ und etwas Heilwolle auf einem umgedrehten Kochtopfdeckel (Vorsicht Verbrennungsgefahr!) über Wasserdampf leicht erwärmt. Erst den Zwiebelpack, dann die Heilwolle auf das Ohr legen und mit einer Mütze, einem Schal oder einem Stirnband fixieren. Die Kompresse kann bis zu einer Stunde drauf bleiben und die Anwendung ist bis zu 2-3 mal täglich möglich.

Nicht nur bei Arthrose wirken die Kohlwickel unterstützend. Äußerlich kann er angewendet werden bei Gelenkschmerzen, Tennisarm, Knochenhautentzündung, Gicht und ähnlichen Beschwerden, um nur einige zu nennen. Was allerdings schon wichtig ist: Kohlblätter gehören nicht auf offene Wunden!

Was brauchen Sie nun: frische Wirsing- oder Weißkohlblätter, je grüner und dicker sie sind, umso wirkungsvoller sind sie auch. Zur Behandlung eines Knies, Ellenbogens oder der Schulter reicht eigentlich ein großes Blatt aus. Das Blatt oder die Blätter werden gewaschen, die Mittelrippe wird, falls sie sehr dick ist, am Ansatz herausgeschnitten. Mit einer Glasflasche wird darüber gerollt, bis der Saft heraustritt und sich ein kräftiger Duft verströmt. Warum die Glasflasche? Ganz einfach: ein Teigroller würde zu viel des wertvollen Saftes aufsaugen. Das Kohlblatt wird wird auf die Haut aufgelegt, sind mehrere Blätter nötig, dann verwendet man die sog. „Dachziegelform“. Nun mit einem Zwischentuch abdecken, damit der Kohlsaft nicht bis zu dem schützenden Außentuch durchdringen kann. Bei akuten Beschwerden werden die Kohlblätter kalt angewendet, bei längerbestehenden Problemen ist es aber auch möglich, die Blätter leicht über Wasserdampf anzuwärmen.

Die Anwendungsdauer ist variabel: von 2 mal täglich für 1 Stunde bis zu 12 Stunden über Nacht. Anschließend wird die Haut abgewaschen und nach Belieben mit Oliven- oder Johanniskrautöl nachbehandelt.

Übrigens ist es ein ganz gutes Zeichen, wenn das das Blatt braun wird und schlecht riecht – dann weiß man, dass der Ausscheidungsprozess in vollem Ganze ist, ein super Zeichen dafür, dass es wirkt. Chronische Beschwerden benötigen natürlich eine kurmäßige Behandlung von 3 – 6 Wochen und das 2 – 3 mal wöchentlich.

Die „Erfolgsbilanz“ unserer Großeltern verspricht nur das Beste!

Ihre Apothekerin
Simone Wagner

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