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Schwanseepark: Ursprünglichkeit durch Rückholzung und Renaturierung

Er ist gartenarchitektonisches Kleinod das seinesgleichen sucht, der königliche Schlosspark von Hohenschwangau, der Schwanseepark. Nun soll die Anlage, die vor über 150 Jahren gestaltet wurde, langsam wieder ihr altes Gesicht zurück bekommen. Bereits seit mehreren Jahren arbeitet ein Team von Landschaftsgärtnern, Naturpflegern und Experten daran, den Park im englischen Stil wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzusetzen. Denn ähnlich wie der Englische Garten in München, die Parkanlagen von Schloss Nymphenburg oder auch Schloss Sanssouci in Potsdam, weist der Schwanseepark die typischen Merkmale eines damals wie heute populären Konzepts auf.

Der Park sollte die Natur widerspiegeln und zwar als Landschaft, wie Gott sie erschaffen hat. So verfügt auch der Schwanseepark über zwei Sichtachsen, die das Gelände in vier Himmelsrichtungen öffnen, die Wege führen so von einem Landschaftsbild zum nächsten.

Allerdings ist der Schwanseepark in den vergangenen Jahrzehnten durch eine fehlende Bewirtschaftung zum Teil sehr stark zugewachsen. In vielen Bereichen breiteten sich die Baumbestände aus. Einige Waldstücke gleichen einem Dickicht oder gar einem Urwald, durch den man nur noch schwer hindurch kommt. Vielerorts haben die Folgen der dichten Bewaldung zu einem sogenannten Eschentriebsterben geführt, so dass ein großer Teil der Bäume ohnehin zum Absterben verurteilt ist. „Erste Maßnahmen, in dem Park wieder mehr Licht zu schaffen, wurden bereits Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger Jahre durchgeführt“, erklärt Diplom Ingenieur Michael Degle, Ingenieur für Landschaftsarchitektur bei der Bayerischen Schlösserverwaltung, der schon eine Diplomarbeit über den Schwanseepark verfasst hatte und dem Wittelsbacher Ausgleichsfond seit Jahren beratend zur Seite steht. „Durch das Engagement des Gymnasiums Hohenschwangau, das damals im Biologieunterricht entstand, wurden bereits einige Ausholzungen und Entbuschungsaktionen durchgeführt. Allerdings ist diese Restaurierung des Parks eine Gradwanderung zwischen Denkmalpflege, Naturschutz und landwirtschaftlicher Nutzung.“

Geprägt ist die Landschaft rund um den Schwansee durch Feuchtwiesen und Moore. Kronprinz Maximlian erwarb die Grundstücke für seinen Schlosspark und beauftragte anfangs Landschaftsarchitekt Carl August Sckell mit der Planung. Immerhin hatte dessen Onkel auch den Englischen Garten in München geplant. Nach dem Tode Sckells wurde der Auftrag an Peter Joseph Lenné weitergegeben, welcher einen Park schließlich nach englischem Vorbild Stil errichtete. Er ließ Wanderwege anlegen, die insgesamt eine Länge von etwa 60 Kilometern aufweisen. Zudem entstand eine Pferderennbahn unterhalb des Schlosses, ein Springplatz und sogar eine Teeterasse oberhalb des Schwansees für Königin Marie und deren Gefolge. Durch das geschickte Anordnen von Baumgruppen und einzelnen Bäumen wurde der Eindruck von Größe und Weite erreicht. „Um die einzelnen Bäume oder Baumgruppen anzupflanzen wurden überall im Gelände kleine Erdhügel auf den torfigen Unterboden aufgeschüttet“, erzählt der Landwirt und ehemalige Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbandes Ostallgäu Josef Freuding, der den Park jahrelang betreut hat. „Nur so konnten sich die gepflanzten Bäume auch ansiedeln. Viele der Bäume hier im Park sind völlig untypisch für die Gegend, wie zum Beispiel nordamerikanische Thujen oder auch die Kastanienbäume an der Reitbahn. Für viele Arten ist der Boden durch den hohen Grundwasserstand eigentlich viel zu feucht.“

Der Schwanseepark ist nicht nur ein Natur- und Vogelschutzgebiet, er ist ein Gartendenkmal, das mit seinen seltenen Pfeifengras-Streuwiesen, Moorbereichen und dem Schwansee für eine enorme Bandbreite an unterschiedlichen Lebensräumen für Tiere und Pflanzen sorgt. So finden sich in dem Park unter anderem zahlreiche Orchideenarten wie der Frauenschuh oder auch sechs verschiedene Enziansorten.

Um die weitere Restaurierung des Parks voranzutreiben, sind nun weitere massive Ausholzungen geplant. Dabei soll eine Fichtenaufforstung mit einer Fläche von rund einem Hektar im oberen Teil des Parks wieder in eine ursprüngliche Wiese umgewandelt werden. Durch die mangelnde Bewirtschaftung in diesen Bereichen konnten sich die Fichten immer mehr ausgebreiten. „Die Verbreitung der Fichte in solchen englischen Gärten ist eher untypisch“, so Michael Degle. „Dennoch wurden hier einige Fichten und auch Kiefern als sogenannte Solitairen, also als Einzelgänger oder Begrenzungspunkte eingesetzt.“ In den kommenden Monaten sollen diese Bäume nun gefällt und, um die Böden zu schonen, über Seilwinden aus dem Park heraus transportiert werden. Ebenso sollen die Baumstöcke nicht herausgenommen, sondern nur maschinell abgefräst werden. Anschließend wird Mähgut aus anderen Bereichen des Parks auf die freigelegten Böden übertragen, das sich dort ansamen soll. Mit diesen Maßnahmen will der Wittelsbacher Ausgleichsfonds auch die Auflagen des Flächenausgleichs erfüllen, den es durch den Neubau des AMERON Hotels in Hohenschwangau einzuhalten gilt. „Durch die Herstellung des ursprünglichen Parkkonzepts haben wir hier eine enorm hohe Aufwertung der Wiesenareale“, bestätigt Janina Schaper von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Ostallgäu. „Dies trägt dazu bei, dass die Qualität dieser Areale auch weiterhin erhalten bleibt.“

Das Ergebnis der Arbeiten ist im Schwanseepark bereits deutlich sichtbar, denn einige Wiesen und Felder sind wieder frei begehbar. Möglich ist jetzt auch wieder der „Zwei-Schlösser-Blick“ etwa in der Mitte des Parks, der den Spaziergängern über viele Jahre durch die dichte Bewachsung verwehrt wurde und von dem aus man sowohl Schloss Hohenschwangau als auch Neuschwanstein jetzt wieder sehr gut sehen kann. Zudem wurde schon vor gut zwei Jahren die ehemalige Reitbahn wieder komplett freigelegt. „Um den Park wieder ganz so herzustellen, wie er vor rund 150 Jahren geplant wurde, benötigen wir sicherlich weitere 25 Jahre an Arbeit und Pflege“, sagt Michael Degle. „So eine Arbeit hat aber auch kein Ende, denn es hört nie auf.“ Durch die Maßnahmen kann es aber auch vorkommen, dass manche Fußwege im Park in den kommenden Wochen gesperrt werden müssen.

Text · Bild: Lars Peter Schwarz

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