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Die Signaturenlehre

Die Signaturenlehre ist möglicherweise schon so alt wie die Menschheitsgeschichte. Heute ist es für uns oft einfach, die heilenden Eigenschaften von Pflanzen, Tieren, Mineralien oder synthetischen Substanzen mit unseren modernen Methoden zu analysieren und sie so zu nutzen. Doch wie fanden die Menschen früherer Zeiten heraus, welche Mittel sie verwenden konnten, um ihre Krankheiten zu behandeln?

Über viele Jahrhunderte war hier die „Signaturenlehre“ sehr populär, die von den äußerlichen und anderen Merkmalen der Pflanzen auf bestimmte Heilwirkungen schloss. Sie fand bereits im Altertum, vielleicht auch schon deutlich früher, eine weite Anwendung. In Werken von Plinius d. Ä. oder Dioscorides, beide um das 1.Jahrhundert n. Chr. wird die Auffassung beschrieben, dass Heilpflanzen, einer göttlichen Absicht zufolge, durch gestaltliche, farbliche oder diverse andere Hinweise kenntlich gemacht seien, für welche speziellen Organe oder Leiden sie bestimmt sind. Wie kann man sich das Ganze nun direkt vorstellen?

Am besten natürlich anhand konkreter Beispiele – jetzt wird es wirklich spannend und doch irgendwie so einleuchtend: Die Walnuss, wegen ihrer starken Ähnlichkeit mit dem menschlichen Gehirn traditionell bei Krankheiten des Kopfes angewandt, enthält tatsächlich wertvolle Fettsäuren für Konzentration und Gedächtnis.

Die Herbstzeitlose, deren Wurzel von der Form her vergleichbar einer Gicht-kranken Zehe, liefert wirksame Inhaltsstoffe gegen diese Krankheit.

Die Brennessel mit ihren Haaren, die Injektionsnadeln ähneln, hat „Sympathie“ mit vielen stechenden Krankheiten, wie z.B. Insektenallergie oder Rheuma. Ihr anderer Name „Haarwurz“ aufgrund des pflanzlichen Ebenbilds zur Kopfbehaarung macht sie ideal für die Herstellung durchblutungsfördernder Tinkturen oder Haarwässer.

Das Johanniskraut mit seinen goldgelben Blüten ist der Sonne zugeordnet und bringt somit Licht in die Seele und hilft bei Stimmungstiefs.

Das Stiefmütterchen: ihr lateinischer Name „Viola“ bedeutet auf Deutsch „die Verletzte“. Hier ist an seelische Verletzungen zu denken und gleichzeitig an die Haut als Spiegel der Seele. Der Einsatz ist auch heute noch bei Hauterkrankungen, die oft einen psychischen Bezug haben können, wie z.B. Neurodermitis, Milchschorf oder Schuppenflechte. Das „liebliche Gesicht“ der Stiefmütterchenblüte macht es auch geeignet bei Hautausschlägen oder Akne.

Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)
Stammend aus der Familie der Borretschgewächse entspricht die Pflanze nach der Signaturenlehre mit ihren weißen Flecken auf der Oberseite einer kranken Lunge. Früher dachte man sogar an die damals noch weit verbreitete Tuberkulose, aber auch bei „normalen“ Lungenerkrankungen aller Art wird sie schon seit der Heiligen Hildegard von Bingen mit Erfolg eingesetzt, wie bei Lungenemphysem, Bronchialhusten und Asthma. Aufgrund ständiger Erkältung und Virusgrippe, Bronchitis und Verschleimung kann es zur einer Aufblähung der Lunge kommen. In diesem Zusammenhang empfiehlt sie einen Tee aus einem Esslöffel Lungenkraut, mit 250 ml kochendem Wasser übergossen, 10 min. ziehen lassen und diesen 3 mal täglich langsam schluckweise trinken. Die zweite Variante ist ihr „Lungenkrautwein“, der beim sog. Lungenödem angewendet wird. Der Unterschied zum Lungenemphysem besteht hauptsächlich in den Umständen, dass der Kranke zusätzlich hustet und die Atemnot auch tagsüber auftritt. 3 EL Lungenkraut mit einem Liter Südwein etwa 3 Minuten aufkochen und danach absieben, 3 mal täglich vor dem Essen 1 Tasse trinken. Die Wirkstoffe des Lungenkrauts sind u.a. Schleim- und Gerbstoffe, Flavonoide und Mineralstoffe, darunter lösliche und unlösliche Kieselsäure.
Seit, wie beim Huflattich, die leberschädigenden und krebserregennden Wirkstoffe, die sog. Pyrrolizidin-Alkaliode herausgezüchtet wurden, kann das Lungenkraut wirklich mit guten Gewissens sowohl pur, als auch in einer Mischung mit anderen Bronchialpflanzen zusammen gegeben werden, schön mit Sicherheit als Hustentee oder in den Mischungen nach der Heiligen Hildegard von Bingen.

Eine weitere Bronchial-Pflanze nach der Signaturen-Lehre ist die Schlüsselblume (Primula veris)
Auch hier zeigt die schaumig wirkende Blattstruktur ihren Bezug zur Lunge. Im bayerischen Sprachraum bezeichnet man sie übrigens mit dem wenig schmeichelhaften Namen „Rotzglocken“, na, das sagt schon wohl alles… Die Blüten der Primel sind ein häufiger Bestandteil von Asthma-, Bronchial- und Hustentees. Hier haben sie sich gerade bei festsitzendem Husten bewährt. Hauptwirkstoffe sind die Saponine, die den festsitzenden Schleim verflüssigen und somit das Abhusten beschleunigen. Was ebenfalls möglich ist: die pure Einnahme: 1 TL Blüten Blüten mit heißem Wasser übergießen und 5 min. ziehen lassen. Erkältete Menschen, speziell mit Beschwerden im Bronchialbereich, trinken am besten 1-3 Tassen täglich. Aber auch die Wurzel kann verwendet werden: bei Katarrhen der Luftwege würde es reichen, eine Teelöffelspitze, das sind nur 0,5 g grob zu zermahlen, und das mit kaltem Wasser anzusetzen. Danach lässt man den Aufguss kurz sieden und 5 Minuten ziehen lassen. Mehrmals täglich 1 Tasse heiß trinken.
Was sehr wichtig ist: die Pflanze ist besonders geschützt, das heißt: bitte nie selber sammeln, denn das ist verboten, es sei denn im eigenen Garten, die Blüten von März bis Mai, die Wurzeln vor der Blüte oder nach Verwelken der Stengel im Oktober. Aber auch hier ist etwas Vorsicht geboten: aufgrund des enthaltenen Primin-Gehaltes kann es bei empfindlichen Personen zu Hautirritationen kommen. Dann ist es vielleicht doch besser, zu fertig getrockneten Pflanzen greifen.

Eine erkältungsfreie Herbst- und Winterzeit wünscht Ihnen
Ihre Apothekerin Simone Wagner

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