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Die unterschiedlichen Bedeutungen des Osterfestes

Drei Geistliche sprechen über Ansichten & die Hintergründe

Für Katholiken, Protestanten und syrisch-orthodoxe Christen ist das Osterfest der Höhepunkt im kirchlichen Jahreskalender. Bei den Muslimen dagegen existiert der Akt der Kreuzigung nicht im Koran, somit gibt es auch keine Auferstehung. Zwar gibt es unterschiedliche Auffassungen und Ansichten von der Schöpfung oder der geistlichen Entstehungsgeschichte und somit auch verschiedene Bedeutungen des Osterfestes. Dennoch haben aber alle mit dem Glauben selbst eine entscheidende Gemeinsamkeit. Eine deutliche Einigkeit herrscht vor, was die besondere Bedeutung des Glaubens betrifft. Zusammen mit Geistlichen und Vertretern verschiedenener Religionen der Stadt, haben wir uns in der Redaktion von Füssen aktuell getroffen, um diese Gemeinsamkeiten herauszufiltern.

Neben Füssens katholischem Pfarrer Frank Deuring und dem evangelischen Stadtpfarrer Joachim Spengler haben wir auch Yevnö Cepe, den Pfarrer der syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft in Füssen eingeladen, komplettiert wurde die Gesprächsrunde durch Düzer Cengez-Han, den Dialogbeauftragten der Türkisch-Islamischen Gemeinde Füssen sowie dessen Jugendvertreter Ozan Karabag.

Der Glaube hat so viele Bedeutungen

Bei der gemeinsamen Analyse des Wortes Glauben wird schnell klar, für alle hat der Begriff viele Bedeutungen. Glaube ist Lebenshilfe, heißt aber genauso auch, nach Regeln zu leben und bestimmte Einschränkungen zu beachten. Glaube ist eine Gewohnheit. Glaube ist die Basis, deren Kern immer die Liebe ist. Glaube ist also Nächstenliebe. Glaube ist auch Hoffnung. Glaube ist eine seit Jahrhunderten gelebte Tradition. Glaube ist das Leben. Glaube ist Zusammengehörigkeit. Glaube ist Symbolik. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Zwar werden, sowohl bei Katholiken als auch Protestanten und Orthodoxen, die Sonntagsmessen Jahr für Jahr weniger besucht. Zu den kirchlichen Hochfesten sieht es dagegen ganz anders aus. Die Osternacht oder die Christmette in der Heiligen Nacht gehören für Viele nach wie vor zur Tradition. Auch bei den Muslimen stehen bedeutsame Feste wie das Opferfest oder der Ramadan im Jahreskalender. Allerdings ist, auch über das gesamte Jahr hinweg, das wichtige Freitagsgebet bei den Muslimen sehr beliebt. Immerhin kommen jede Woche rund 150 Gläubige in die Füssener Moschee, die Mehrheit davon sogar Jugendliche und junge Menschen.

Einig sind sich die Gesprächspartner auch in dem folgenden Punkt: Viele Menschen sind heute auf der Suche nach einem guten, problemlosen Leben, sie suchen einen Anker, an dem sie sich in Krisensituationen festhalten können. „Allerdings stellen wir derzeit auch gesellschaftlich viele unterschiedliche Entwicklungen fest“, erklärt Pfarrer Frank Deuring. „Wir merken, dass der Glaube momentan für viele nicht wirklich als Anker erkennbar ist. Er passt nicht wirklich zu Luxus, Wellness und Konsum. Denn Glaube hat eben oft mit Einschränkungen zu tun, mit Regeln, die man beachten muss, das wollen viele Menschen nicht miteinander vereinbaren. Das wissen noch die Älteren, den Jüngeren wird dies oft aber nicht mehr vermittelt.“ So ist beispielsweise das Sparen bei vielen älteren Menschen noch eine Tugend, für die Jüngeren aber nicht mehr wirklich wichtig, genau das ist auch mit dem Glauben vergleichbar.

Durch ein Unglück oder eine Krise zurück in den Glauben finden

„Wir leben in einer individualisierten Welt“, ergänzt Pfarrer Joachim Spengler. „Die Erkenntnis, dass das Leben wesentlich mehr bedeutet als Materielles und Konsum, leuchtet bei Manchen vor allem dann auf, wenn eine Krise entsteht. So wie zum Beispiel jetzt bei dem furchtbaren Unglück von Bad Aibling, da werden Menschen auf einmal aus ihrem Hamsterrad herausgerissen und merken, dass sie im Leben nicht immer alles selbst berechnen können, auch weltweit werden wir derzeit mit großen Konflikten konfrontiert.“ Gerade hier ist die Kernbotschaft der Kirche und des Glaubens wichtig. Egal ob Christen oder Muslime, die Botschaft der Liebe bleibt immer der Schlüssel zum Leben. Dazu gehört vielleicht auch die Herausforderung, aus einem Konflikt nicht immer als Sieger hervor zu gehen.

„Grundsätzlich haben wir mittlerweile alle gelernt, den anderen Glauben mit Respekt zu achten, obwohl wir uns dem eigenen Glauben hingezogen fühlen“, erklärt Pfarrer Deuring. „Dass die Katholiken am Karfreitag ihre Wäsche zum Trocknen raushängen oder die protestantischen Bauern am Fronleichnamsfest ihre Gülle ausfahren, gehört längst der Vergangenheit an.“ Seit vielen Jahren schon stehen alle Religionen der Stadt in einem intensiven Kontakt, es kommt zu regelmäßigen ökumenischen Treffen, zudem engagieren sich alle zusammen auch im Arbeitskreis Asyl. Ein intensiver Dialog findet also seit langem statt. Den entscheidenden Grundgedanken der Nächstenliebe geben die Glaubensvertreter gerade jetzt an Ostern auch an ihre Gläubigen weiter.

Und obwohl die aktuellen Geschehnisse in Syrien die Menschen spaltet, es gehe dabei nicht um verschiedene Nationalitäten und Glaubensrichtungen, sagt der syrisch-orthodoxe Pfarrer Cepe. „Als Geistlicher hat man die Aufgabe, den Grundgedanken der Nächstenliebe zu tragen, egal, was in der Geschichte bisher passiert ist.“ „Leider wird gerade der islamische Glaube in den Medien zumeist negativ dargestellt“, fügt Ozan Karabag hinzu. „Wir wissen, dass der Islam kein Glaube ist, der das Töten legitimiert, das können wir nur versuchen, weiter zu vermitteln. Genau das macht auch der Imam in seiner Freitagspredigt. Da werden aktuelle Themen angesprochen, von Entwicklungen wie der Pegida und politischen Ereignissen bis hin zu Krisensituationen in der Welt“.

Die Kernbotschaft an Ostern verbindet alle Religionen

Vor allem beim Thema Integration findet eine intensive Zusammenarbeit statt. Allerdings waren dafür auch mehrere Versuche notwendig, den richtigen Weg zu finden, der sowohl von Einheimischen wie auch von Flüchtlingen gut angenommen wird. Mit dem sogenannten „Cafe International“ wurde bereits vor über einem Jahr eine passende Möglichkeit gefunden. Einmal in der Woche findet so ein lockeres Treffen mit den in Füssen lebenden Asylbewerbern statt, natürlich religionsübergreifend.

Der Glaube ist Begleiter des Lebens, auch diese Einigkeit verbindet die verschiedensten Religionen, der Glaube steht für das Leben an sich. Um diesen inneren Kern zu finden, muss man allerdings von bestimmten Dingen loslassen können. Ostern ist das Fest der Auferstehung und des Lebens, denn Auferstehung bedeutet Hoffnung, Vergebung und Aufopferung sowie Herzlichkeit, über alle religiösen oder menschlichen Grenzen hinaus. Diese Botschaft teilen auch die Muslime, die im Frühjahr das sogenannte „Nouruz“-Fest feiern. Wörtlich übersetzt heißt „Nouruz“ ‚Neuer Tag‘. Genau diese positiven Einstellungen, da waren sich alle einig, gilt es nun an Ostern zu vermitteln.

Text: Lars Peter Schwarz · Bild: Sabina Riegger

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