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Konfetti im Kopf – eine Reise ins Vergessen

Vortrag über Demenz am Dienstag, 23. Februar im Luitpoldparkhotel

Frau Meier schürt im Kleiderschrank Feuer an. Herr Huber trocknet seine Wegwerfwindel auf der Heizung. Frau Hedwig versteckt Lebensmittel im Wäscheschrank. Herr Heinrich will ständig ins Büro; er läuft davon, manchmal sogar im Schlafanzug, und findet den Weg zurück nicht mehr; wird von der Polizei gebracht. Und dann sind da auch noch die ständigen Fragen, Verwechslungen, Beschimpfungen, Verdächtigungen.

Über die Reise ins Vergessen spricht man nicht gern. Demenz ist eine sehr private und persönliche Angelegenheit. Sie bringt die Angehörigen zum Weinen und gleichzeitig zum Lachen. Mit der Diagnose „Demenz“ kommen nicht nur auf die/den Betroffene(n), sondern auch auf die Angehörigen große Belastungen zu. Nicht ohne Grund wird in Verbindung mit einer Demenz oft von einer „Familienkrankheit“ gesprochen: Denn die gesamte Familie ist in Sachen Verständnis, Einfühlungsvermögen und pflegerischer Kompetenz gefordert. Die Angehörigen müssen nicht nur das Wissen um eine schwere, unheilbare Krankheit eines geliebten Menschen bewältigen, sondern auch Entschlüsse zur zukünftigen Versorgung und Pflege des betroffenen Familienmitglieds fassen.
„Dass die erwähnten Vorhersagen ernst zu nehmen sind und dass wir uns auf einen ständig wachsenden quantitativen und qualitativen Versorgungsbedarf einrichten müssen, unterstreichen die kurzfristigen Veränderungen der letzten Jahre, die alle an der Pflegefront miterlebt haben“, so Claudia Grotz vom ambulanten Pflegedienst Pro Medita aus Füssen.

Entwicklung der Zahl von Demenzkranken in Deutschland bis zum Jahr 2050

Etwa 1,75 Mio. Menschen leiden an Demenz; bis zum Jahr 2050  rechnen die Forscher mit 3 Mio. und mehr. Da die Demenzerkrankungen unter allen pflegebegründenden Krankheiten den steilsten Anstieg der Verlagerung zeigen, werden sie   –   bei steigender Lebenserwartung und zunehmender Zahl von Hochbetagten   –   künftig eine noch wichtigere Rolle spielen bei der Entstehung von Pflegebedürftigkeit und Pflegekosten als bisher schon.

In 8.403 zugelassenen Pflegeeinrichtungen in Deutschland leben derzeit 473.000 Menschen, die Leistungen des SGB XI erhalten. Nach Erhebungen der Berliner Altersstudien sind 71 % der schwerdementen Menschen in stationären Einrichtungen untergebracht. Die Verhaltensauffälligkeiten gehören zu den häufigsten Ursachen einer Heimunterbringung. Dazu gehören: verbale oder tätliche Aggressivität, anhaltendes Schreien, Weglauftendenz, Schmieren mit Exkrementen, Widerstand gegen Pflegemaßnahmen   –   und das alles mit Selbst- und Fremdgefährdung. Mit solchen Verhaltensweisen dementer Menschen können Angehörige auf Dauer nicht umgehen. Eine Heimunterbringung erfolgt meist dann, wenn alle Möglichkeiten einer ambulanten Versorgung ausgeschöpft sind. Etwa 20 – 30 % der demenzkranken Heimbewohner zeigen ausgeprägte Verhaltensstörungen, die eine geregelte Versorgung im üblichen Sinne weitgehend verhindern.

Die Diagnose „Demenz“ kann bei den Angehörigen eine Reihe von widersprüchlichen Gefühlen hervorrufen. Das Untersuchungsergebnis selbst löst oft einen Schock aus. Gleichzeitig fühlen sich aber viele Angehörige auch erleichtert, da sie sich so lange Sorgen gemacht haben und jetzt endlich eine Erklärung für das veränderte Verhalten der Patientin/des Patienten gefunden haben.

Da die Veränderungen im Gehirn der Kranken nicht heilbar sind, ist es wichtig, den kranken Menschen so anzunehmen, wie er ist, und das zu akzeptieren, was er wirklich leisten kann. Eine angenehme und stressfreie Atmosphäre, die den Kranken Halt und Sicherheit gibt, steigert ihr Wohlbefinden entscheidend. Ihre „Unflexibilität“ fordert von den Betreuenden täglich neue Ideen und Kreativität – eine anstrengende Aufgabe, bei der die pflegenden Personen mit ihren Kräften gut haushalten müssen, um selbst gesund und leistungsfähig zu bleiben. „Es ist wichtig, sich darüber bewusst zu werden, dass alle diese Gefühle normale Reaktionen auf eine äußerst belastende Situation darstellen. Angehörige sollten versuchen, sie zu akzeptieren und die Emotionen – eventuell mithilfe einer professionellen Beratung – langsam abklingen zu lassen. Die Gefühle zu verdrängen oder langfristig an ihnen festzuhalten, erschwert ihnen und möglicherweise auch der Erkrankten bzw. dem Erkrankten das Leben“, erklärt Claudia Grotz.

Pro Medita lädt alle betroffenen Angehörigen am Dienstag, 23. Februar um 17 Uhr zu einer Informationsveranstaltung im Luitpoldparkhotel Füssen, Bahnhofstr. 1-3, ein.

Dabei geht es um:

  • Die Demenz als „ Werkzeugverlust“ zu begreifen.
  • Den Zugang zum Angehörigen zu finden; seine besondere Handlungslogik zu verstehen
  • Möglichkeiten, die Betroffenen und ihre imaginäre Welt anerkennen zu lernen.
  • Hilfreiche Kommunikation mit Menschen mit Demenz
  • Hilfreicher Umgang mit  Menschen, wenn sie sich abwehrend oder aggressiv verhalten
  • Hilfreiche Angebote zur Betreuung und Beschäftigung
  • Ein paar Prinzipien und Strategien für den Umgang mit sich selbst.

Referentin ist Rosemarie Höfling.

Text: Sabina Riegger

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