BrauchtumLeben

Fastenzeit im Franziskanerkloster in Füssen

Annehmen, Loslassen und Neu werden

Mit dem Aschermittwoch beginnt die alljährliche Fastenzeit. Es ist die Zeit, in der Christen auf reichhaltiges Essen, Alkohol oder liebgewonnene und ihnen angenehme Dinge verzichten. Dieses Glaubensbekenntnis wird aber auch sehr unterschiedlich begangen, je nachdem, wie ernst es jeder einzelne damit meint.

Für andere wiederum ist die Fastenzeit einfach nur die Zeit, in der die Mönche seit Jahrhunderten ihr Starkbier brauen. Ein Brauch, der vor allem von den Benediktinern und Augustinern stark geprägt wurde. Allerdings hat die mittlerweile ausgiebig vermarktete Starkbierzeit und auch der Nockherberg mit der christlichen Fastenzeit soviel gemein, wie das Erntedankfest mit Halloween. Auch der Orden der Franziskaner, die in der Lechstadt beheimatet sind, hat zum Brauen des Starkbieres keinen wirklichen Bezug. So gibt es auch in den bayerischen Klöstern große Unterschiede, wie die Fastenzeit genau begangen wird.

Neinsagen in der Fastenzeit ist schwer

Insgesamt rund 12 Glaubensbrüder sind in Füssen zu Hause. Es ist ein Senioren-Kloster, wie es Pater Michael ausdrückt. Der Älteste ist 96 Jahre alt und der Jüngste 45. Für die Mitglieder der Bruderschaft gehe es vor allem darum, die Fastenzeit zu nutzen, um sich von Lastern und Sünden zu befreien, so schreibt es der Gründer des Ordens, der heilige Franziskus. Bruder Vinzenz Bauer leitet das Kloster als Guardian, er wirkt zudem als Krankenhausseelsorger in Füssen sowie Marktoberdorf. Die Fastenzeit nimmt er nicht immer ganz so streng, dafür fällt ihm das Neinsagen oft viel zu schwer, lacht der gelernte Handwerker. Zur Fastenzeit gehört aber nicht nur der Verzicht auf Süßigkeiten, Alkohol oder gar Zigaretten, ergänzt Bruder Michael. Der gebürtige Böhmerwälder lebt seit 2006 im Ostallgäu. Bereits mit 28 Jahren hatte er sein Amt als Postbote an den Nagel gehängt, um in den Orden der Franziskaner einzutreten. Michael erklärt, in der Spiritualität gehe es um drei entscheidende Schritte. Zuerst Annehmen was ist, dann Loslassen und dadurch anschließend Neu werden. Letztendlich bedeutet das eine Erneuerung von Körper, Geist und Seele. Dazu kommt eine weitere wichtige Regel der Nächstenliebe, die Brüder müssen gute Werke vollbringen. Auch in der Franziskanerkirche selbst macht sich die Fastenzeit bemerkbar, fügt Bruder Vinzenz hinzu. So wird der Blumenschmuck am Altar in dieser Zeit recht schlicht gehalten, alles Prunkvolle, die Feierlichkeit verschwindet somit.

Was aber den Verzicht auf üppige Mahlzeiten betrifft, spürt man die Fastenzeit im Kloster nicht wirklich. Da in Füssen zumeist nur Senioren beheimatet sind, falle der Verzicht auf reichhaltige Speisen generell weg. Schließlich nehmen die älteren Brüder, die ältesten sind 94 und 96 Jahre alt, von Haus aus nicht wirklich grosse Portionen zu sich. Zudem werden über das gesamte Jahr hinweg sowieso schon einige Regeln des Verzichts eingehalten. So gibt es Montags, Mittwochs und Freitags im Kloster kein Fleisch.

40 Tage lang Wasser und Brot

In seiner Zeit im Noviziat in Reutte, erzählt Bruder Vinzenz, habe er einmal an einem extremen Fasten teilgenommen. Für 40 Tage gab es damals für ihn und seine Kollegen tatsächlich nur Wasser und Brot. Ein einmaliges Erlebnis, zumal Fasten in der Gemeinschaft dann eine noch größere Bedeutung bekommt. Die ersten drei Tage waren schwer, erinnert sich Vinzenz, danach ging es aber leichter. Nach 40 Tagen sind Appetit und Lebensfreude dann enorm gewachsen, an vollwertige Mahlzeiten muss man sich erst wieder langsam gewöhnen. Die Brüder der Franziskaner unterscheiden sich durch einen wichtigen Punkt von anderen Orden. Hier verpflichten sich die Mitglieder durch das Ablegen des Armutsgelübtes, sich von Eigentum an Grund und Boden abzuwenden. Schließlich hielt sich Ordensgründer Franziskus von Assisi an das Gebot des Evangeliums. Geschrieben steht: „Wer vollkommen sein will unter Euch, verlasse alles, und was er hat, gebe er den Armen, dann komme er und folge mir nach.“ Über das gesamte Jahr hinweg leben die Mitglieder des Ordens also sehr bescheiden.

So steht in der Fastenzeit nicht der Verzicht auf Speisen an erster Stelle, in dieser Zeit konzentrieren sich die Brüder dafür noch mehr auf ihr Innerstes, auf Geist und Seele. Dennoch bleibt die Fastenzeit auch für die Franziskaner eine der wichtigsten Zeiten im Kirchenjahr, immerhin ist sie die Vorbereitung auf das Osterfest und die Auferstehung. Es ist die Zeit der Findung zu einer größeren Gotterkenntnis und Gottverbundenheit, sie endet in der Osternacht. Einzig allein die Sonntage gelten während dieser Zeit nicht als Fastentage, sie werden nicht mitgezählt. Allerdings sind Aschermittwoch und Karfreitag auch für die Brüder die beiden wichtigsten Fas-tentage. Hier wird dann im Kloster nur eine Suppe serviert.

In den vergangenen Jahren ist der Kelch der Kommerzialisierung auch an der Fastenzeit nicht ganz vorbeigegangen, bemängelt Bruder Michael etwas. Vom klassischen Heilfasten bis hin zur kompetent ärztlich überwachten Abstinenz in Wellness-Hotels, gibt es heute jede Menge verschiedene Angebote dazu. Zwar werde dadurch vermehrt auf die Fastenzeit hingewiesen, allerdings verschwinde auch deren eigentliche Bedeutung immer mehr im Hintergrund.

Zum Ende der Fastenzeit belohnt sich die Bruderschaft dann trotzdem mit einem festlichen Essen im Kloster. Sollte Klosterkoch Bruder Johannes einmal verhindert sein, kocht der Guardian auch selbst, dann könnten zum Osterfest durchaus Lammsteaks auf dem Speiseplan stehen.

Text · Bild: Lars Peter Schwarz

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