Menschen

Manchmal muss man auch unpopuläre Entscheidungen treffen

Im Portrait: Helmut Schuster

Man muss nicht nur mehr Ideen haben als andere, sondern auch die Fähigkeit besitzen, zu entscheiden, welche dieser Ideen gut sind, das sind Worte von Linus Pauling, dem amerikanischen Nobelpreisträger für Chemie. Diesen Worten kann Helmut Schuster nur zustimmen. Entscheidungen zu treffen ist er gewohnt. Als „Finanzchef“ der Lechstadt musste er auch manchmal unpopuläre Entscheidungen treffen zum Wohle der Stadt. Bis zum 30.06. ist Helmut Schuster noch Kämmerer der Stadt Füssen. Dann geht er in den Ruhestand, wobei das Wort Ruhestand nicht wirklich zu dem 63-Jährigen passt.

Als man mir 2002 die Stelle anbot, erbat ich mir Bedenkzeit und war viel mit dem Mountainbike unterwegs, um nachzudenken. Es war mir klar dass ich eine Verantwortung tragen muss. Ich stellte mir viele Fragen. Kann ich den Job ausführen, bin ich dem Job gerecht. Es hat nichts mit einer höheren Gehaltsklasse zu tun, wer so denkt ist da fehl am Platze“, erzählt Helmut Schuster. Drei Monate hatte er gebraucht, um das „Für und Wider“ abzuwägen. Der Job war mit viel Verantwortung verbunden.

Kennt man den 63-jährigen gut, weiß man, dass er Entscheidungen selten aus dem Bauch heraus trifft, erst recht nicht, wenn es auch um das Wohl anderer Menschen geht. Letzendlich sagte er zu. „Ich habe sicher zwei bis drei Jahre gebraucht, bis ich wusste, wie alles funktioniert. Und ich musste auch den Umgang mit den Gremien der Stadt erst einmal lernen, das war nicht immer einfach. Ich hatte manchmal schlaflose Nächte gehabt. Es funktioniert in dem Job einfach nicht, abzustempeln und nach Hause zu gehen. Das beschäftigt und begleitet Dich auch im Privatleben.“ Courage und Selbstbewusstsein sind für den gebürtigen Seeger keine Fremdwörter. Er hat sie wie kaum ein anderer. Wobei man das definitiv nicht mit Arroganz vergleichen darf. Fragt man ihn, was ihm die Zeit als Kämmerer als Privatperson gebracht hat, antwortet er ohne zu zögern: „Ich habe dadurch sicherlich noch mal eine bessere Menschenkenntnis erhalten.“

„Eins muss man wissen, bei so einem Posten, der einen doch besonderen Stellenwert hat,  wird man in der Stadt ganz anders wahrgenommen. Im Berufsleben wird man noch intensiver betrachtet. Das ist das Einzige, was man zusätzlich bemerkt. Im Übrigen liegt es an der Person selbst, was man mit dem Bekanntheitsgrad macht oder auch nicht. Ich habe versucht so zu bleiben wie ich immer war. Das finde ich zumindest. Andere sehen es vielleicht anders, sie stufen mich möglicherweise als arrogant ein. Aber das ist mir auch egal. Ich bin so wie ich bin.“

Dass er kein Romantiker ist, wird schnell klar. Schuster ist Realist und betrachtet viele Dinge aus verschiedenen Perspektiven. So wie ein Fussballer, der nicht nur den Ball vor sich sieht. Dieser Vergleich passt zu ihm. Denn wenn der Muskelriss oberhalb des Knies  nicht gewesen wäre, wäre er ein Fussballprofi geworden. Der VFB Stuttgart zeigte großes Interesse und lud ihn zum Probetraining ein. Es kam anders. Das Probetraining musste er absagen, aber nicht die Begeisterung für den Fussball. Er spielte in der Landesliga und in Memmingen in der Bayernliga, die damals drittklassig war. Heute sagt er von sich selber: „Der Mannschaftssport hat mir viel gebracht. Ich war schon immer einer der sich durchgesetzt hat. Als 10-Jähriger war ich der Beste im Fussball, und das wollte ich so. Ich hab mir Sachen getraut wo ich wusste, da ist ein gewisses Risiko dabei, aber ich wollte es so. In der Schule war ich auch Klassenbester – es hat mich bestärkt. Das, was ich anpacke, das schaffe ich auch. Vielleicht auch weil meine Eltern aus dem Sudetenland kamen.“ Letzteres war die Motivation nicht immer hinten anzustehen, warten zu müssen, wenn alle anderen es schon längst haben. Obwohl er in Seeg geboren wurde, war immer das Gefühl da anders zu sein, vielleicht auch deswegen, weil die Mutter viel arbeiten musste, um den drei Kindern etwas bieten zu können. „Es tat mir leid, wenn ich sah, wie sich meine Mutter abmühte. Es war für mich ein großer Ansporn es anders zu machen.“

Helmut Schuster hat es anders gemacht. Er ist zufrieden mit dem was er geschafft hat. Nichts wird auf die lange Bank geschoben. „Man muss Entscheidungen dann treffen wenn es notwendig ist und nicht warten was morgen sein könnte.“ Mit diesem Motto ist er bislang gut gefahren. So ist es absolut nicht verwunderlich, wenn er sagt, dass er jetzt einfach mehr Zeit verbringen will mit dem was er gerne macht. „Ich mach das wofür ich vorher keine Zeit gehabt habe. Ich bin aber auch keiner der sagt, das oder jenes muss ich jetzt machen. Dass ich jetzt sage: Ich fang jetzt an zu Reisen oder fahr drei Mal am Tag auf das Dreiländereck, also das nehme ich mir nicht vor. Ich will spontan sein und das machen, was mir gefällt.“ Klare Worte von einem Mann, der einfach weiß was er will.

Text · Bild: Sabina Riegger

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