Menschen

Waldkindergarten Marktoberdorf

Eine Alternative zum Regelkindergarten

Seit 11 Jahren eine Institution und Alternative zum Regelkindergarten in Marktoberdorf. Unter der Leitung von Csilla Hampel entdecken dort 19 Kinder jeden Tag die Natur aufs Neue und lernen neben der alltäglichen pädagogischen Erziehung und Förderung die Besonderheiten und den Umgang mit der Natur kennen.

Am Stadtrand von Marktoberdorf, in der Nähe des Eschenrieder Weihers gelegen, befindet sich der Waldkindergarten Purzelbaum. Täglicher Treffpunkt ist das sogenannte „Iglu“, eine kleine Hütte, welche beheizt und multifunktional genutzt werden kann. Im Morgenkreis wird in Abstimmung mit den Kindern das Tagesprogramm beschlossen. Die Wünsche der Kleinen sind vielfältig. Frühstücken am Sonnenplatz, eine Wanderung zur Sonnenwiese oder Schlittenfahren. „Wir lassen die Kinder ihren Tagesablauf mitbestimmen. Natürlich sind wir in einem Waldkindergarten sehr von der Witterung abhängig. Raus geht es bei jedem Wetter, gute Kleidung ist für unsere Kinder Pflicht. Draußen Brotzeit machen geht bei Regen nicht. Dies verlegen wir in Abstimmung mit den Kindern in unsere Hütte. Sie lernen, ihren Tagesablauf nach der Witterung zu gestalten“, erzählt Erzieherin Csilla Hampel.

Verantwortung

In zwei Bauwägen unweit des Iglus stehen den Kindern Spielzeuge, Werkzeuge und Bastelmaterial zur Verfügung. Jeder darf spielen womit er möchte, Konflikte tragen die Kinder unter sich aus. Für alle entnommenen Gegenstände sind die Kinder verantwortlich und müssen diese nach Beendigung des Spiels an ihren Platz zurückbringen. Auch an weitere Regeln müssen die Kinder sich halten. „Es wird nichts verletzt oder bearbeitet, was lebt, sei es Pflanze oder Tier. Es wird nichts gegessen, was im Wald gefunden wird. Der Wald bietet den Kindern viele spannende Entdeckungen. Für uns als Erzieherinnen ist es sehr wichtig, den Kindern beizubringen, dass sie verantwortungsvoll mit ihrem Kindergarten, also dem Wald, als auch mit sich selbst umgehen. Die Kinder erziehen sich hier auch selbst, indem sie ihr Wissen um diese Regeln an kleinere oder neue Kinder weitergeben. Die Ressource Natur zu schützen und dabei an ihr teilzuhaben ist ein wesentlicher Aspekt der Erziehung im Waldkindergarten“, so Csilla Hampel.

Die Sorgsamkeit gegenüber der Natur und die Vielfältigkeit der Natur in der Pädagogik des Waldkindergartens zu nutzen, haben Csilla Hampel und ihre Kollegin Hedi Sontheim aus ihrer Ausbildung zum Waldpädagogen gewonnen. „Ich habe meine Ausbildung im Walderlebniszentrum Füssen gemacht. Durch das Wissen der Waldprofis habe ich einen völlig neuen Blickwinkel auf die Möglichkeiten, die der Wald einem bietet, bekommen. Dies versuche ich nun an die Kinder weiterzugeben und auch ihre Augen für Spaß und Schönheit, aber auch Gefahren in der Natur zu öffnen“, sagt die gelernte Kinderpflegerin Hedi Sontheim.

Spielfläche

Unter den hohen Fichten, welche das „Iglu“ umgeben, findet sich alles, was ein Kindergarten benötigt. Tische zum Brotzeiten und Basteln, kleine abgesägte Baumstämme für den Morgenkreis, eine Waldtoilette, das Matschloch und eine Jahreszeitenuhr. „Die Trägerschaft der Stadt Marktoberdorf ist für den Waldkindergarten ein Glücksfall. Wir stoßen dort immer auf offene Ohren für unsere Bedürfnisse und Belange und die damit verbundene Zusammenarbeit mit dem Bauhof klappt reibungslos. Auch vom Forstamt werden wir unterstützt. Die Zeit zwischen den Winter- und den Faschingsferien verbringen wir in einem Mehrzweckraum in Leuterschach, da die in dieser Zeit anfallenden Forstarbeiten, z.B. das Ausholzen, für die Kinder zu gefährlich sind. Danach bekommen wir unseren Wald wieder kindersicher zurück und natürlich müssen die entstanden Veränderungen und Holzreste sofort von den Kindern inspiziert werden“, freut sich Csilla Hampel.

Programm

Der Tagesablauf ist wie in jedem Regelkindergarten auch einem festen Ablauf untergliedert. Das gibt den Kindern Sicherheit und Vertrauen, gerade wenn die Kinder mit drei Jahren frisch in den Waldkindergarten kommen. Die größeren Kinder werden mit einem auf den Waldkindergarten abgestimmten Vorschulkonzept auf den Ernst des Lebens vorbereitet. Das Legen von Buchstaben mit Fichtenzapfen, das Zählen von Blumen oder auch Mengenlehre mit Bäumen gehören ebenso dazu, wie das Kennenlernen von Heilpflanzen und deren Wirkung. Großer Wert wird auch auf die Kommunikation gelegt.

Durch die ständige Interaktion der Kinder mit z.B. großen Ästen oder schweren Steinen wird um Hilfe gebeten und Hilfestellung geleistet. Das macht Kinder selbstständig, selbstsicher und hilfsbereit. Bei dem Übertritt in die Schule haben die Kinder laut Csilla Hampel in der Regel keine Schwierigkeiten. Nur eines fügt sie mit einem Lachen hinzu: „Die Lehrer bestätigen uns immer wieder den Lieblingssatz unserer Kinder: Bitte machen Sie das Fenster zum Lüften auf, ich brauche frische Luft!“

Weitere Information erhalten Sie unter: www.waldkindergarten-marktoberdorf.de

Text: Stephanie Derday · Bilder: privat

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