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Immer eine Nase voraus

„Ich rieche, also bin ich“

Wir alle kennen diese Momente. Ein altbekannter, vertrauter Duft weht uns um die Nase und im Bruchteil einer Sekunde weckt es Emotionen in uns. Sie können beängstigend oder auch schön sein. Dass uns Düfte berühren, ist kein Zufall. Genau genommen ist der Geruchssinn der älteste unserer Sinne. Er ist direkt mit dem so genannten limbischen System verbunden – und das wiederum betrachten die Forscher als Sitz unserer Gefühle. Duftreize werden anders verarbeitet als zum Beispiel optische Reize. Sie haben sozusagen einen direkten Draht zum  limbischen System und somit direkt zu unseren Gefühlen, die unser Unterbewusstsein ansprechen. Ein und derselbe Duft kann für den einen Menschen positive Erinnerungen wecken während ein anderer negative Assoziationen damit verbindet. Es hängt immer von der Situation ab, mit der wir zum ersten Mal mit diesem Duft konfrontiert wurden.

Wussten Sie, dass wir etwa 20.000 Mal in 24 Stunden atmen? Wenn wir atmen riechen wir. Unsere Nase ist ein Hochleistungsorgan. Das Riechen hat einen großen Einfluss auf unser Leben. Der Geruch entscheidet, ob wir jemanden mögen oder nicht, er entscheidet über unser Liebesleben und über die Wahl unseres Partners, was wir einkaufen, essen oder trinken, Gerüche warnen uns, …und jeder Mensch hat einen unverwechselbaren, individuellen Körpergeruch, er ist einzigartig wie der Fingerabdruck. Im Laufe der Zeit lernen wir Düfte zu unterscheiden. Welche Düfte man mag oder auch nicht, hängt auch mit dem Kulturkreis ab und wie unser Gehirn die Situation abspeichert. Etwa 347 Geruchsrezeptoren befinden sich in unserer Nase, und üblicherweise besteht ein Geruch aus einer großen Anzahl einzelner Riechstoffe, die unterschiedliche Rezeptoren ansprechen. Da zudem jeder einzelne Riechstoff mit mehreren Geruchsrezeptoren reagiert, besitzen selbst einzelne Riechstoffe oft komplexe Gerüche. Eine Koryphäe auf diesem Gebiet ist Professor Hanns Hatt von der Universität Bochum. Professor Hanns Hatt ist mit dem Maiglöckchen Thema bekannt geworden. Er fand heraus, dass der Rezeptor, der für den Maiglöckchenduft zuständig ist, unter anderem auch auf der Oberfläche von Spermien zu finden ist und nicht nur in den Riechzellen der Nase vorkommt. Dass heißt, die Spermien können die Duftspur der Eizelle „riechen“, die einen Maiglöckchenduft abgibt. Geruchsrezeptoren gibt es im Gehirn, im Herz, auf der Leber, dem Darm, der Haut und wie bereits erwähnt  in Spermien. „Das Riechen steuert Entscheidungen, lange bevor der Verstand einsetzt und ohne dass man es bemerkt“, weiß Hatt. Ein gutes Näschen haben bedeutet also, seinem Gefühl zu folgen.

Düfte beeinflussen unser Leben

Gerüche werden mittlerweile ganz gezielt eingesetzt, wie zum Beispiel bei unserem Konsumverhalten (Duftmarketing), für ein besseres Wohlempfinden (Raumbeduftung), für die Gesundheitsförderung (Aromatherapie) und nicht zuletzt für klinische Diagnostik.

Bestimmte Duftmoleküle aus ätherischen Ölen können in unserem Körper die Ausschüttung von Histamin und Prostaglandinen hemmen. Allergien, Entzündungen, Fieber und Schmerzen lassen dadurch spürbar nach. Manche Effekte der Aromatherapie konnten schon wissenschaftlich erklärt werden. So verbessert Orangenduft nicht nur die Stimmung und wirkt entspannend, sondern lässt uns auch gut träumen, wie durch Studien im Schlaflabor gezeigt wurde. Neue Erkenntnisse der Geruchsforschung können sich vielleicht schon bald auch in der Medizin einsetzen lassen. So konnten Professor Hanns Hatt und sein Team zeigen, dass Veilchenduft das Wachstum von menschlichen Prostata-Krebszellen im Reagenzglas reduziert. Hatt: „Der Riechrezeptor für Veilchen ist dafür zuständig.“ Statt Schlaftabletten oder Stimmungsaufhellern könnte auch das Einatmen von Jasminduft helfen. Dieser soll nach neuesten Forschungen über die Lunge (oder Einreiben der Haut) und Blut ins Gehirn kommen und dort genauso stark wirken wie häufig verschriebene Benzodiazepine (Beruhigungs- und Schlafmittel) oder Propofol, ein Narkotikum. „Er beruhigt, löst Angst und fördert den Schlaf“, so Hatt. „Die Aromatherapie zeigt, dass mit vielen hochwertigen Naturprodukten eine positive gesundheitliche Wirkung erzielt werden kann“, ist Hatt überzeugt.

Düfte könnten die Gehirnleistung verbessern, anregend oder entspannend wirken. Im Prinzip könne jeder auch seine eigene Aromatherapie machen, indem man einfach Düfte auswähle, die schöne Erinnerungen wecken. Wichtig ist laut Hatt, reine Öle zu verwenden und diese nur in niedrigen Dosen. „Da ist weniger oft mehr. Denn die Nase ist unser empfindlichstes Sinnesorgan. Ein Zuviel verursacht Kopfschmerzen und Übelkeit.“

Info: Aromatherapie zu Hause

Die Aromatherapie kann harmonisierend, stimmungsverbessernd und anregend wirken. Der Wohlgeruch von Pflanzen wie Vanille, Rose oder Gewürzen tut uns gut. Außerdem werden ätherische Öle zur Stärkung der Körperabwehr und zum Desinfizieren der Wunden oder der Raumluft verwendet. Hustenlindernd wirken etwa Muskat, Thuja, Zitrone, Pfefferminze und Latschenkiefer, desinfizierend Teebaum, Eukalyptus, Nelke, Lavendel und Salbei. Die verwendeten ätherischen Öle gewinnt man aus Blättern, Blüten, Samen, Früchten, Zweigen und Wurzeln von Pflanzen.

Hier einige Tipps: Für das Verdampfen in der Duftlampe ist es ratsam, nur ein paar Tropfen Öl ins Wasser zu träufeln. Das Wasser sollte nie kochen. Für Bäder werden wenige Tropfen Öl mit Milch, Sahne, Honig oder Pflanzenöl gebunden und der bereits vollen Wanne beigemischt. Als Grundlage für ein Massageöl kann süßes Mandelöl, Jojobaöl oder Weizenkeimöl aus der Apotheke verwendet werden. Bereits in alten Hochkulturen wurden Duftstoffe, zumeist als Räucherwerk, für therapeutische Zwecke genutzt. Niedrig dosiert, haben ätherische Öle in der Regel keine Nebenwirkungen. Wer ätherische Öle innerlich einnehmen möchte, sollte sich aber in jedem Fall beraten lassen. Asthmatiker oder Epileptiker sollten sich immer Rat von ihrem Arzt holen.

Text : Sabina Riegger / VDK Bayern

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