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Seit fünf Jahren vorne dabei

Fast eine Liebeserklärung an Füssen – Im Gespräch mit Tourismusdirektor Stefan Fredlmeier

Seit fünf Jahren ist Stefan Fredlmeier Tourismusdirektor in Füssen. Von Bequemlichkeit noch immer keine Spur. Der Mann scheint ständig auf der Überholspur zu sein – immer volle Fahrt voraus, auch wenn einige Bremsklötze, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, seinen Weg kreuzen. „Sein“ Unternehmen hat sich in der Tourismusbranche den guten Ruf zurückerobert. Füssen steht wieder gut da.

Haben Sie die Ziele, die Sie sich vor fünf Jahren vorgenommen haben, erreicht?

Mein übergeordnetes Ziel bei Amtsantritt war es, den Tourismus stabil zu halten, ihm ein klares und zur Stadt passendes Profil zu geben und die Wertschöpfung zu steigern – all dies in enger und vertrauensvoller Kooperation mit der Tourismuswirtschaft! Nicht zuletzt wollte ich für und mit Füssen eine deutlich spürbare Mitverantwortung für die touristische Entwicklung im gesamten Allgäu und in den weiteren Kooperationen (Romantische Straße, Deutsche Alpenstraße etc.) erarbeiten. Und zwar nicht nur nach oberflächlicher Selbsteinschätzung, sondern objektiv nachweisbar. Hierbei sind wir auf einem guten Weg, wie ich denke. Weitere Ziele definiert man erst, wenn man das operative Geschäft übernommen hat. Von den Altlasten, die zum Teil bis in den Anfang der 2000er Jahre zurückreichen, bin ich zugegebenermaßen ein wenig überrollt worden. Dazu gehören die Prädikatssicherung ebenso wie anspruchsvolle haushalterische Aufgabenstellungen oder auch die imagemäßige Stärkung des Unternehmens, das in den Jahren vor meinem Amtsantritt bisweilen stark in der Kritik stand, vor allem für die Unternehmensführung. Manche Aufgaben kann man nur lösen, wenn man über längere Zeit kontinuierlich daran arbeitet. Dies tun wir nunmehr seit fünf Jahren. Was für Füssen bereits rekordverdächtig ist.

In Füssen gibt es einen bekannten Spruch, wenn es darum geht etwas Neues  durchzusetzen: „Des hat man allat scho so gmacht“  (Das war immer schon so) – was so viel bedeutet wie, es sind keine Veränderungen nötig. Wie gehen Sie damit um?

Diese Einstellung ist für den ländlichen Raum nicht unüblich. Man muss hier aber klar unterscheiden: Die sogenannten Wertkonservativen, die vor allzu großer Innovationshörigkeit warnen, sind ungemein wichtig, da sie uns ermahnen, unsere Wurzeln und damit auch unsere Kultur und Authentizität nicht zu vernachlässigen. Vor diesen habe ich höchsten Respekt und höre aufmerksam zu, wenn sie mir Aufgaben in mein Stammbuch schreiben. Es gibt aber hier wie woanders auch die ewigen Bremser, denen alles suspekt ist, was neu ist, und die gegen alles sind, ohne dass sie sich wirklich intensiv damit beschäftigt oder alternative Vorschläge haben. Sich zu stark nach den Letzteren zu richten, würde jeglichen Fortschritt und damit unsere Stadt lähmen. Mit dieser Einstellung sind noch nie Erfolge erzielt worden.

Sie haben für Füssen viel bewegt, unter anderem auch viel Fördergelder geholt. Was sind Ihre nächsten Pläne, die Sie mit Fördergeldern eventuell realisieren könnten?

Das Einholen von Fördergeldern ist kein Selbstzweck. Man ist schlecht beraten, wenn man seine Strategie nur an Förderprogrammen ausrichtet, die ja zumeist nur wenige Jahre laufen. Notwendig ist vielmehr: Wir formulieren strategische und operative Ziele, bringen hierbei Stadt und Region in Deckung – und wenn es dann für Maßnahmen auch Fördergelder gibt, die uns die Durchführung der Maßnahme überhaupt oder erst in dem gewünschten Umfang ermöglichen, können wir uns glücklich schätzen. Ganz oben auf unserer Agenda stehen die Stärkung des Gesundheitsstandortes Füssen, das Schaffen von Wander- und Radangeboten für den Schlosspark im Allgäu (Ostallgäu) und das stärkere Entwickeln des sanften Winters, z.B. mit Winterwander- und Schneeschuhwanderangeboten. Die anderen Aktivitäten wie Auslands- und Inlandsmarketing, profilbildende Veranstaltungen, Qualitätssicherung etc. bleiben natürlich weiterhin Standardaufgaben.

Wie ist die Resonanz von der Bevölkerung auf Ihre Arbeit?

Es ist schwierig für mich, dies zu beurteilen. Man müsste wohl besser die Bevölkerung selbst fragen. Als Tourismusunternehmen sind wir inzwischen so spezialisiert, dass man von außen ohne einschlägige Kenntnisse nur ganz schwer eine Beurteilung unseres Tuns vornehmen kann. Oder aber man trifft die Beurteilung aus dem Bauch heraus, was aber der Tiefe unserer Arbeit nicht gerecht werden kann. Im täglichen Gespräch begegne ich unglaublich vielen Vorurteilen und Fehleinschätzungen. Dies geht von der Finanzierung unseres Unternehmens über die Stärke des Personals bis zu Zuständigkeiten für Blumenschmuck und Baumaßnahmen in den Strandbädern. Sehr häufig ist der Bevölkerung nicht klar, wofür das Rathaus und wofür unser Unternehmen zuständig ist. Im Zweifel hilft Nachfragen. Dies ist definitiv der bessere Weg, als Gerüchten oder auch Stimmungsmache aufzusitzen.

Nach wie vor ist die Meinung da, dass Füssen ein Fünf-Sterne-Hotel braucht. Ist es wirklich notwendig? Wenn ja, ist die Infrastruktur dafür gegeben, wie zum Beispiel Geschäfte, Restaurants, Kulturveranstaltungen? Immerhin etabliert sich Füssen mit seinem Umland gerade als Wander- und Rad-Destination. Da sind doch mehr private Unterkünfte gefragt, die Authentizität vermitteln sollen, oder?

Über die Notwendigkeit eines 5*****-Hotels wird in Füssen sehr kontrovers diskutiert. Viele befürchten eine Kannibalisierung der vorhandenen 4****-Häuser. Andere meinen, gerade in Verbindung mit dem Festspielhaus könnte es zu positiven Effekten für Füssen und die Region führen. Fakt ist: Ein 5*****-Hotel ist für einen Ort oder eine Region immer ein Flaggschiff und gerade für die internationale Vermarktung vorteilhaft. Es muss sich wirtschaftlich selbstständig behaupten und ein umfassendes eigenständiges Angebot vorhalten, um nicht komplett auf das Umland angewiesen zu sein. Wenn man das Sonnenalp Resort in Ofterschwang oder die zahlreichen 5*****-Häuser in Oberstaufen anschaut, so würde niemand deren Wert für die touristische Entwicklung des Ortes oder der Region anzweifeln. Die meisten davon sind auch überaus verwurzelt und „authentisch“. Ich will hierüber aber nicht spekulieren, bevor konkrete Anfragen und Pläne auf dem Tisch liegen. Indes bin ich aber auch sehr zuversichtlich, dass wir bei Fortsetzung des aktuellen Qualitätskurses mit den bestehenden, oft seit Generationen familiengeführten und fest mit dem Ort verbundenen Häusern sehr gut unterwegs sind und auch ohne solch ein Flaggschiff eine gesunde Entwicklung nehmen.

Würden Sie mir bitte diesen Satz vervollständigen: Füssen ist eine der wenigen Städte,  …..

…in denen ich mir vorstellen könnte, alt zu werden. Mehr geht eigentlich nicht. Stärkere Liebeserklärungen erhält allein meine Frau…

Text · Bild: Sabina Riegger

 

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