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„Die Heimat ist und bleibt die Heimat“

Einmal in die Karibik bitte! Ein Interview mit dem Auswanderer Thomas Gößler

Eine Auswanderung in ein anderes Land ist ein großer Schritt und wahrscheinlich nichts für Feiglinge. Aber wer nichts wagt, der gewinnt auch nichts. So oder so ähnlich könnte man das vielleicht auch über Auswanderer Thomas Gößler sagen. Ein lukratives Jobangebot auf Guadeloupe lockte den Wirtschaftsingenieur in die Ferne. Er hat es gewagt und ist deswegen heute, mitten in der Karibik, an großen Projekten beteiligt. Was für welche das sind? Thomas Gößler hat es Füssen aktuell in einem Interview erzählt.

Erzählen Sie mir wie alt Sie sind und was Sie neben Ihrer Arbeit, also in Ihrer Freizeit gerne machen?
Noch kann ich sagen, dass ich „Mitte Dreißig“ bin. Meine Freizeit verbringe ich gerne mit meiner Familie, das heißt mit meiner Frau und unseren beiden Söhnen. Darüber hinaus lese ich gerne, in der Regel Sachbücher, tanze Salsa und treibe auch gerne Sport, insbesondere die russische Kampfkunst „Systema“.

Wo haben Sie Ihre Schulzeit verbracht, in Füssen?
Also aufgewachsen bin ich in Schwangau, dort wurde ich auch eingeschult. An der Realschule Füssen habe ich die mittlere Reife gemacht, und danach eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker abgeschlossen. Nach der Ausbildung habe ich mein Fachabitur nachgeholt und an der Fachhochschule in Kempten Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Für meine Diplomarbeit bin ich damals nach Augsburg gezogen und aus beruflichen Gründen auch vorerst dort geblieben.

„Weltenbummler“, könnte man Sie so nennen? Ich meine, hat es Sie schon immer in ferne Länder gezogen?
Unter „Weltenbummler“ verstehe ich eher Urlaubs- bzw. Bildungsreisende. Eigentlich bin ich keiner, der ständig Fernweh spürt. Dennoch durfte ich bereits einige Länder in Europa, Asien, sowie Nord- und Mittelamerika bereisen, aus beruflichen, wie auch aus privaten Gründen.

Wie landet man dann auf den Französischen Antillen, genauer gesagt auf Guadeloupe, einer Insel mitten in der Karibik?
In meinem Fall liegt es an meinem Arbeitgeber, der MAN Diesel & Turbo SE in Augsburg. Bis Mitte 2011 hätte ich selbst noch nicht gedacht, dass ich mal für längere Zeit auf der einen oder anderen kleinen Insel zwischen dem Atlantik und der Karibik leben und arbeiten würde. Zwar hatte ich bereits während meines Studiums über ein halbes Jahr in den USA gearbeitet. Meine Frau und ich sind aufgrund unserer beruflichen Laufbahn gewohnt, dass wir hin und wieder im Ausland arbeiten. Im Prinzip konnten wir uns das also immer gut vorstellen.
Als bei MAN Diesel & Turbo dann Ende 2011 Leute gesucht wurden, die bereit waren, kurzfristig ein umfangreiches Projekt in der Karibik zu unterstützen, waren meine Frau und ich uns sofort einig, dass ich mich darauf melden sollte.

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Was für ein Projekt war das?

Es ging um drei große Kraftwerksanlagen, die in kurzer Folge realisiert werden sollten. Die erste auf der Insel La Réunion, östlich von Madagaskar, die zweite auf Martinique, zwischen dem Atlantik und der Karibik. Die dritte auf Guadeloupe, nördlich von Martinique.

Nach Klärung der Details mit MAN war ich im Oktober 2011 und im Januar 2012 für kurze Zeit auf Martinique, der zweiten der drei Baustellen. Ich kam gerade noch rechtzeitig zur Geburt unseres zweiten Sohnes zurück nach Augsburg. Die eigentliche Entsendung habe ich dann Anfang März 2012 angetreten. Meine Familie kam mir im April 2012 nach. Nach knapp zwei Jahren auf Martinique und Abschluss meiner Aufgaben dort wurde ich dann auf die Baustelle nach Guadeloupe versetzt.

Es ist schon interessant, welche Möglichkeiten sich ergeben können, wenn man für ein renommiertes, international tätiges Unternehmen wie MAN Diesel & Turbo arbeitet. Und die Chance, die sich mir bot, habe ich ergriffen.

Was genau sind dann bei solchen Projekten Ihre Aufgaben?
Der Großteil meiner Aufgaben liegt in der Koordination der Rohrleitungsmontage, angefangen bei der Arbeitsvorbereitung bis hin zur Inbetriebnahme. Die Kraftwerksanlagen, die wir auf den Inseln errichten, sichern einen Großteil der Stromversorgung für die Bevölkerung dort.

Es geht um hochmoderne und sehr komplexe Anlagen. Sie bestehen aus Motoren und Generatoren, Gebäuden, Tanks, Stahlstrukturen, Hilfssystemen und Rohrleitungen.

Und Ihre Frau, arbeitet Sie auch an diesen Projekten mit?
Meine Frau ist im Moment in Elternzeit. Sonst arbeitet sie aber bei einer international tätigen Messespedition nahe Augs-burg. Wir haben uns ja damals auch in Augsburg kennengelernt. Genauer gesagt, in einer Salsa-Tanzschule.

Was würden Sie sagen, wie ist die Lebensqualität auf Guadeloupe?
Nach meiner Einschätzung ist der Lebensstandard auf Guadeloupe und auch auf Martinique insgesamt hoch und mit dem Lebensstandard in Frankreich vergleichbar. Aber man spürt schon auch ein gewisses Maß an karibischer Gelassenheit.

Wenn man so wie Sie in der Karibik lebt und arbeitet, interessiert man sich dann noch für Geschehnisse hier in der alten Heimat?
Die Heimat ist und bleibt die Heimat. Deswegen habe ich natürlich auch Interesse daran, auf dem Laufenden zu bleiben. Und zum Glück ist das heute sehr leicht. Man benötigt eigentlich nur einen Internetzugang. Und der regelmäßige Austausch mit Familie und Freunden hilft da natürlich auch.

Sie leben dort, wo andere davon träumen, Urlaub zu machen. Macht man dann überhaupt noch in anderen Ländern Badeurlaub oder geht‘s dann eher doch zum Wandern und Ski fahren?
Wenn ich frei nehmen kann, verbringen wir die Tage dann in der näheren Umgebung. Längere Reisen wollen wir wegen dem Klimawechsel und der Zeitverschiebung erstmal vermeiden, solange unsere Kinder noch so klein sind. Also muss der Skiurlaub noch ein bisschen warten. Aber wandern kann man aber auch hier gut. Sowohl auf Martinique, Guadeloupe und weiteren Nachbarinseln.

Wie sieht Ihre Zukunftsplanung  aus? Auf Guadeloupe bleiben, zurück nach Deutschland, oder vielleicht doch noch mehr fremde Länder bereisen und erkunden?
Wenn ich meine Aufgaben auf Guadeloupe erledigt habe, geht es zurück nach Augs-burg, in die Abteilung, in der ich auch vorher tätig war. Während ich weg war, hat sich dort auch viel getan, deswegen bin ich schon gespannt, wie ich meine neu gewonnene Erfahrung dann bestmöglich einsetzten kann. Die fremden Länder müssen also erstmal warten. Der „Große“ geht dann in die Schule und meine Frau kehrt auch wieder ins Berufsleben zurück.

Wahrscheinlich werde ich aber irgendwann das Bedürfnis entwickeln, nach „meinen“ Kraftwerken zu sehen, und vielleicht wollen unsere Kinder später auch die Plätze ihrer Kindheit besuchen. Dann werden wir bestimmt mal wieder in der Karibik Urlaub machen.

Wenn Sie sich etwas aus Ihrer Heimat zu sich in die Karibik wünschen könnten, was wäre das?
Zum Glück vermisse ich nichts, meine Familie ist ja bei mir. Da bleibt nicht viel zu wünschen übrig.

Text: V. Ademi
Bild: Privat (1), Kivera Voujka (2)

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