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„Einen alten Baum kann man nur schwer verpflanzen“

Buon Giorno, Nonna Maria

Wenn man zu Nonna Maria in die Küche kommt, duftet es immer nach verschiedenen Früchten und Gewürzen. Heute hat sie Zitronen bekommen, eine ganze Ladung voll, die sie für ihren Limoncello braucht. Dicke, fleischige Zitronen mit einem herrlichen Duft. „Die kommen aus Italien“, sagt sie und fängt an sie zu waschen und zu schälen, so wie einen Apfel. Streng genommen ist es gar nicht ihre Küche sondern die ihres Sohnes Vittorio.

„Mein Sohn sagt, dass ich die besten Strascinati mache“

Als sie vor über einem Jahr nach Füssen kam, um ihrem Sohn und der Schwiegertochter im Restaurant zu helfen, wollte sie eigentlich nur kurz bleiben. Warum aus der kurzen Zeit doch eine lange wurde, erklärt sie ganz einfach: „Ich denke, ich gehöre hier noch eine Zeit lang her. Es freut mich, wenn ich Vittorio helfen kann. Er sagt, dass ich die besten Strascinati mache“, sagt sie fröhlich. Ob Mutter und Sohn in der Küche gleichberechtigt sind, frage ich sie?  „Natürlich. Ich mache meine Sachen und er seine“, so Nonna Maria. Die ganze Küche riecht mittlerweile nach Zitronen, nur noch wenige hat sie zu schälen.

Die 71-Jährige erzählt, dass sie ihre Umgebung vermisst und die Konversation mit den Nachbarn. Hier kennt sie nur Wenige und unterhalten kann sie sich sowieso nicht auf deutsch, „außer sie sprechen italienisch. Aber so ist es eben mit einem alten Baum. Man kann ihn nur ganz schlecht verpflanzen, weil er schon tiefe Wurzeln hat“, lacht sie. Jeden Morgen steht sie früh auf, um ins Restaurant zu gehen. „Dann kehre ich erst einmal vor der Tür und den Weg. Das erinnert mich an Zuhause. In der Früh begegnet man vielen Menschen. Meistens sind es die gleichen. Mittlerweile kenne ich sie auch. Sie grüßen mich auf Deutsch und ich sage Buon Giorno. Sie lachen dann immer. Das ist doch schön, oder etwa nicht?“ Dass die italienischen Familien so eine starke Bande haben, ist im Süden und im Norden gleich. Sie helfen alle mit, unabhängig davon, welchem Sohn oder Tochter das Gewerbe gehört. Nonna Maria ist auch für die Nudelproduktion im Hause zuständig oder besser gesagt für drei Nudelsorten, auf die sowohl Mutter als auch Sohn nicht verzichten wollen.  Es sind die Strascinati, Orecchiette und Cavatelli,  Nudelspezialitäten aus Apulien und ihrer Region der Basilikata. Nachdem sie sich die Hände von den Zitronen gewaschen hat, sagt sie „perché altrimenti la pasta con aroma di limone”, was so viel heißt wie „sonst gibt es Pasta mit Zitronengeschmack“. Dann klärt sie mich noch auf, wie die Konsistenz des Nudelteiges sein sollte. Ganz flink drückt sie die kleine Mulde in die Orecchiette, den kleinen „Öhrchen“, wie sie übersetzt heißen.

Für Maria ist diese Arbeit nichts ungewöhnliches. Zuhause in Italien ist es normal, viel Zeit in der Küche zu verbringen. „Essen sollte als etwas besonderes betrachtet werden“, sagt sie. Sie selbst hat das Kochen von ihrer Mutter und Oma gelernt. „Jede Familie hat sozusagen ihr eigenes Familienrezept, insbesondere was die Saucen anbetrifft. Keine schmeckt gleich.“

 

Text · Bild: Sabina Riegger

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