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111 Jahre Innovation und Unabhängigkeit

Schretter & Cie aus Vils  am Puls der Zeit

Vils.    Kaum ein Bauwerk unserer Zeit wird ohne die Produkte der Firma „Schretter & Cie“ errichtet. Seit nunmehr 111 Jahren produziert das Unternehmen mineralische Industrie- und Baustoffe wie Zement in verschiedenen Sorten, Brannt- und Hydratkalk, Gips und andere Spezialbindemittel. In Vils, dem Hauptsitz des Unternehmens, haben Kalk und Ziegel eine lange Tradition. Urkundlich ist bereits 1592 ein Ziegelstadel und in der Amtsbeschreibung von 1802 ein Kalkofen zu Vils erwähnt. Josef Erd betrieb  dort um 1840 eine Ziegelei und einen Kalkofen. Hier begann die Unternehmensgeschichte von „Schretter & Cie“.

Georg Schretter (1861-1924), der 1899 in das bestehende Unternehmen Erd eintrat um eine neue Gesellschaft zu gründen, war der Gründungsvater des heute sehr erfolgreichen  Industrieunternehmens. Die bis dahin betriebenen Produktionsanlagen, zu denen ein Schachtofen gehörte, in dem Kalk und Tonwaren für Ziegel gebrannt wurden,  konnten um die Jahrhundertwende erfolgreich modernisiert und erweitert werden. Das Unternehmen bot damit 120 Mann Arbeit und Sicherheit. Im Jahre 1904 begann man durch den neu erschlossenen Bergbau im Falltal mit dem Abbau von wertvollen Gesteinsschichten aus der Jurazeit, was die Erzeugung von Portlandzement in erstklassiger Güte ermöglichte. Die Ziegel- und Kalkproduktion wurden vorläufig eingestellt.

Anfang des 20 Jahrhunderts brach ein neues Zeitalter an, als die Eisenbahn mit der Verlegung von Gleisen immer mehr Städte und Länder miteinander verband. Georg Schretter konnte den dafür benötigten Portlandzement liefern. Die bestehenden Anlagen wurden daraufhin von Jahr zu Jahr erweitert. 1909 übernahm eine Drahtseilbahn den 2,2 Kilometer langen Transport der schweren Rohmaterialien aus den Steinbrüchen nach Vils, der zuvor durch Pferdefuhrwerke bewältigt wurde. Schließlich entstand am 19. September 1910 mit dem Eintritt von Robert Fischer als zweitem Gesellschafter das Unternehmen „Schretter & Cie“. Die Abkürzung Cie., auch Compagnie, wurde bis in das 19. Jahrhundert im gesamten deutschsprachigen Raum gebraucht und dient als Hinweis, dass es neben der in der Firma genannten Person noch weitere Gesellschafter gibt. Das Unternehmen Schretter firmiert heute unter dem Namen „Schretter & Cie GmbH & Co KG“.

Turbulente Jahre

In einer Zeit, die geprägt war von zwei Weltkriegen, Wirtschaftsdepression und ärmlichen Nachkriegsjahren übernahm Georg Schretter jun. (1893-1963) die Firmenleitung und führte das Erbe seines Vaters fort. 1932 verunglückte Robert Fischer bei einem Brennversuch am Schachtofen. Damit war der junge Georg Schretter in diesen stürmischen Zeiten alleiniger Geschäftsführer. Doch er konnte alle wirtschaftlichen Hindernisse überwinden und hatte großen Anteil am Aufbau des Unternehmens in seiner heutigen Form. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Hauptabsatzgebiet auf den Tiroler Raum ausgerichtet. Anfang der 60er Jahre wurden ein 70 Meter hoher Kamin und eine Drehrohrofenanlage in Betrieb genommen. Inzwischen war bereits die dritte Familiengeneration mit Dr. Reinhard Schretter (1924–2005) und Georg Schretter (geb. 1922) in die Firmenleitung eingetreten. In den 60er und 70er Jahren wurden die gesamten technischen Anlagen für die Zementherstellung modernisiert, was einem Neubau aller Fabrikationsanlagen entsprach. Dabei wurde 1967 auch die Kalkerzeugung wieder aufgenommen. „Schretter & Cie“ beschäftigte in dieser Zeit bereits 180 Mitarbeiter. Die Produkte Portlandzement, Putz- und Mauerbinder wurden hauptsächlich in Tirol vertrieben, aber auch im angrenzenden Bayern gab es wieder einige Abnehmer. 1973 ging eine zweite Drehrohrofenanlage in Betrieb. Neben dem Hauptwerk in Vils gehörten Anlagen in Haiming, Oberletzen, Innsbruck und Musau zum Unternehmen.


Spezialisierung und Umwelt

In den 80er Jahren begann „Schretter & Cie“ intensiv zu forschen, um dem steigenden Konkurrenzdruck entgegenzuwirken und bei der technologischen Entwicklung nicht den Anschluss zu verpassen. Das Unternehmen wird heute in der vierten Generation als Familienunternehmen von den Cousins Dr. Reinhard Schretter und Ing. Robert Schretter weitergeführt. Man ist stolz darauf, im Vergleich zur Unternehmensgröße überdurchschnittlich viel Forschung zu betreiben. In der Qualitätssicherungs- und Forschungsabteilung sind täglich 15 Angestellte damit beschäftigt, unter der Leitung von Dr. Rudolf Röck neue Spezialbindemittel und -baustoffe zu entwickeln. Die Firma Schretter ist bekannt dafür, Spezialprodukte offerieren zu können, die andere nicht im Angebot haben. Durch die Größe der Firma ist man in der Lage, die Produktionsanlagen schnell umzustellen, um bei Bedarf größere Mengen der Spezialbaustoffe zu produzieren. „Zement ist weiterhin das Brot und die Butter für uns“ meint Dr. Reinhard Schretter. „Aber wir bieten auch spezielle Produkte, die andere nicht haben. Unsere Innovationskraft und die stetige kundenorientierte Forschung werden für uns immer wichtiger. Deshalb ist die weitere Spezialisierung und ein schnelles Eingehen auf Kundenwünsche unser Ziel.“ Die Spezialprodukte finden viele Anwendungsmöglichkeiten. So kann sich das Unternehmen heute als einziger österreichischer Hersteller von Schnellzement absetzen. Deshalb kam beispielsweise eines ihrer Produkte beim Bau des Grenztunnels Füssen zum Einsatz, als Alatseewasser mit rund 400 Litern pro Sekunde in den Tunnel einbrach. Nur extrem schnellabbindender Injektionsmörtel konnte das Problem kurzfristig lösen, um eine Katastrophe zu verhindern. Die aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich von hochfesten und selbstverdichtenden Betonen.

„Schretter & Cie“ ist heute einer von zwei großen Arbeitgebern in Vils. Das Unternehmen hat weitere Standorte in Kirchbichl, Weißenbach, Höfen und Musau. Insgesamt werden 190 Mitarbeiter beschäftigt, davon allein in Vils um die 150. Die Angestellten kommen hauptsächlich aus der Region. Hauptabsatzgebiete des Unternehmens sind sind neben Österreich auch  die Schweiz, Südtirol sowie Deutschland mit Bayern und Baden-Württemberg.

Natürlich legt man bei „Schretter & Cie“ auch großen Wert auf eine energieeffiziente Produktion. Sämtliche Anlagen wurden nach und nach modernisiert. In den letzten Jahren wurden viele Investitionen getätigt, um die Herstellung und den Transport der umfangreichen Produktpalette umweltgerecht und effizient durchführen zu können, ohne an der gewohnten Qualität einzusparen. Zukünftig beabsichtigt man natürlich, diese Strategie beizubehalten, um weiterhin einen Beitrag zur Entlastung der Umwelt leisten zu können.

Text: sk · Bilder: sk (1), Schretter (2)

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