Menschen

Die Freiheiten des „Göttlichen Rechts“ als Katalysator

Pfrontener Kunstschule und Wiege der Feinmechanik

Pfrontens Geschichte weist von ihren Anfängen her eine ziemlich einmalige Besonderheit auf, die in ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart wirkt. Dadurch konnte sich im Pfrontener Tal Geist und Talente besser entfalten als anderswo und eine erste Blüte vom 17. bis ins 19. Jahrhundert ausbilden. Über 80 Künstler aus der reichen „Pfrontener Schule“, Maler, Bildhauer, Baumeister und Stuckateure aus der 13-Dörfer-Gemeinde lassen sich in diesem Zeitraum nachweisen. Kaum etwas in der Pfrontener Pfarrkirche St. Nikolaus und den übrigen Kirchen und Kapellen ist nicht aus heimischer Künstlerhand. Ein Wirken, das jedoch keineswegs auf den Heimatort beschränkt blieb. Regional, überregional, grenzüberschreitend, sogar bis nach Übersee wirkten die Pfrontener Künstler.
Eine weitere Frucht hieraus war die Entwicklung einer bedeutenden Feinmechanik- und Maschinenbautradition. Durch  Pioniergeist,  Erfindungsreichtum und  Geschick seiner Einwohner erlebte das Pfrontener Tal eine industrielle Revolution ganz eigener Prägung, die bis heute fortwirkt. Unternehmen von Weltruf entstanden und bis heute ist diese Branche eine tragende Säule des wirtschaftlichen Lebens, außerdem gesellschaftlich prägend und ein Stück Orts- und Technikgeschichte.

Es gibt viele Menschen und Firmen, an deren Leben, Wirken und Geschichte sich das erzählen und darstellen lässt, was ein Projektkonzept von Manfred Wünsch und Lars Christian Kink erreichen möchte. Unter dem Titel „Auf den Spuren der Pfrontener Mächler – Sammeln, bewahren, forschen, vermitteln“ und auf breiter Basis und im offenen Geist, der schon die Vorfahren an einer Durchgangsstraße zum Erfolg geführt hat. Die Pfrontener kamen hinaus in die Welt und sie profitierten umgekehrt nicht nur materiell von den Durchreisenden. Noch wichtiger waren allerdings die einzigartigen Freiheiten und Rechte der Pfrontener im Mittelalter. Als so genannte „freie Gotteshausleute“ waren sie nicht leibeigen und gehörten nicht, wie damals üblich, fast wörtlich zu nehmen „mit Haut und Haaren“ ihrem Landesherrn. Sie waren Rodungsfreie, deren Besitzungen „freye guot sint, als sy dann ir vordern uss wilden wälden erreutt (gerodet) haben“, wie es das so genannte „Göttliche Recht“ der Pfrontener verbriefte. So bezeichneten die Pfrontener selbst seit dem Bauernaufstand des Jahres 1525 ihre besonderen Rechte und Freiheiten. Denn das Weistum verbriefte diese gegenüber dem Fürstbischof von Augsburg als Landesherrn bereits, was die Aufständischen als gottgegebene Rechte forderten.  Was übrigens die Ursache war, warum sich die Pfrontener erst spät und nur widerwillig unter hohem Druck dem Bauernaufstand anschlossen.

Vermutlich waren diese Sonderrechte der Anreiz, um Rodungsbauern in das vor seiner Urbarmachung sehr unwirtliche Tal zu locken. In der Praxis sehr bedeutsam war die ursprünglich fast vollständige Gewerbefreiheit. Was bedeutete, dass jeder Pfrontener ein Gewerbe ausüben durfte, ohne in einer Zunft eingeschrieben zu sein. Sie waren damit vom stark einengenden Zunftzwang befreit, der für alle Untertanen der damaligen Zeit galt. Sie bestimmten das regionalen Gewerbe und regelten die wirtschaftlichen und sozialen Belange ihrer Mitglieder. Im einzelnen etwa  Niederlassung neuer Meister und Meisterprüfung sowie Qualität und Preis der Waren. Regelungen, die eher beschnitten und beschränkten, denen jedoch die Pfrontener größtenteils nicht unterworfen waren. Diese Freiheit war neben der im Voralpenland eher schwierigen und kärglichen Landwirtschaft vor allem im Getreidebau die willkommene Möglichkeit des zusätzlichen Broterwerbs.

Mächler
Im Hochdeutschen würde man  Mächler wohl als Tüftler bezeichnen. Der Begriff umschreibt einen Menschentypus, der besonders im Allgäu häufig anzutreffen ist. Mit Ausdauer und Fleiß suchen Mächler nach Lösungen für knifflige Aufgaben. Besonders im langen und strengen Winter hatten und haben die Menschen hierzu ausreichend Zeit. Speziell in Pfronten, das man als ein Zentrum des Mächlertums bezeichnen kann. In vielen Wohnstuben standen kleine Maschinen. Das Aufblühen der Feinmechanik und des Maschinenbaus war die Folge. Viele Firmengründer wie beispielsweise Bihler und Riefler haben ihr Handwerk in Pfronten gelernt.
 

Zur Information über das Mächler-Konzept ist momentan eine Internetseite in Vorbereitung: www.maechler-pfronten.de

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