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Zu Besuch bei den Franziskanern in Reutte

Vier Padres leben noch in Reutte und haben viel zu tun

In alten Schriften wird berichtet, dass schon vor dem Jahr 1400 in Reutte die erste Anna-Kapelle auf Anregung des christlichen Waldbruders Klaus aus der Schweiz errichtet worden sein soll. Im Jahr 1498 wurde Reutte zum Markt erhoben und um das Jahr 1500 ließ Jörg Gossenbrot, der Pfleger von Ehrenberg, eine Kirche erbauen. Erzherzog Leopold V. baute als Dank für erbeteten Nachwuchs ein Kloster für die Franziskaner. In den Jahren 1703 und 1848 brannte Kirche und Kloster ab, doch die Reuttener halfen zusammen und bauten Kirche und Kloster wieder auf. Heute wohnen und wirken vier Franziskusbrüder in der Klosterpfarre St. Anna. Hier machte Hanni Schmidt für Füssen aktuell einen Besuch.

Mit einem sympathischen Lächeln erwartet mich Bruder Werner an der schweren Holztür am Eingang des Klosters. Er begrüßt mich herzlich und bittet mich, ihm zu folgen.
Der Weg führt durch einen langen, wunderschönen Kreuzgang zur Klosterküche. Hier werde ich von Bruder Lorenz willkommen geheißen. Er ist der Guardian im Kloster. „Bruder Franziskus kommt gleich, er füttert noch die Enten. Bruder Gottlieb ist noch beim Eislaufen, er kommt später“, erklärt Bruder Lorenz und lädt mich ein, am großen Tisch in der Klosterküche Platz zu nehmen. Hier ist es gemütlich warm. Bruder Werner hat einen herrlich duftenden Kaffee zubereitet. Bruder Franziskus ist in der Zwischenzeit in die Klosterküche gekommen.
„Bei uns gibt es grundsätzlich zwei Bereiche: Das Kloster und die Pfarre“, erzählt Bruder Lorenz. „Im Kloster bin ich der Hauptverantwortliche. In der Pfarre ist es Pater Werner. Pater Gottlieb  ist Krankenhaus-Seelsorger und Pater Franziskus ist der Gärtnermeister. Er kümmert sich um das Kloster, um unseren Klostergarten und die Tiere. Wir haben sechs Hasen, sieben Enten und zwei Katzen.

Wie schaut der Tagesablauf im Franziskanerkloster aus?
Vieles im Klosterleben ist durch die Gottesdienste geregelt oder auch durch den Stundenplan in der Schule und natürlich durch die Gebetszeiten.
Die vier Patres treffen sich jeden Morgen um 6 Uhr zum ersten gemeinsamen Gebet und später um 12 Uhr und 18 Uhr. Meistens kommen Gläubige aus Reutte oder Umgebung zu den Gebeten. „Unsere Mahlzeiten werden von einer Köchin zubereitet. Dazwischen ist unser Leben abwechslungsreich und bunt“, erzählt Bruder Lorenz. 

Welche unterschiedlichen Aufgaben haben die Patres?
„Wir haben viele Besprechungen und sind in der Jugendarbeit aktiv. Krankenbesuche kommen dazu sowie Sterbebegleitung”,  erzählt Pater Lorenz. Wir wechseln etwas später das Thema.

 

Warum sind diese Männer dem Orden beigetreten?
“Schon als kleiner Bub habe ich zu meinem Vater gesagt, dass ich einmal Priester werden will. Den Entschluss, in den Orden der Franziskaner einzutreten, habe ich kurz vor der Matura getroffen. Damals war ich knapp 20 Jahre alt. Ich hatte geistliche Onkel, vielleicht hat auch das meine Entscheidung geformt, obwohl sie mich nie bedrängt oder beeinflusst haben. Ich habe zusammen mit Pater Werner das Franziskaner Gymnasium besucht.“
„Ja, wir kennen uns schon seit 50 Jahren“, bestätigt Bruder Werner.  „Ich war gerade in der dritten Klasse, als Bruder Lorenz an das Leopoldinum nach Hall in Tirol kam, damals noch Solbad Hall genannt.”  
Bruder Lorenz fügt hinzu: „Früher hatte man schon eine starke Erwartungshaltung, dass der Orden der Franziskaner wächst, aber das ist kaum mehr der Fall. Ich war schon damals der einzige in der Klasse, der dem Orden beigetreten ist. Es war bei einem Wandertag. Damals hat mich Pater Pascal, unser Klassenvorstand, direkt darauf angesprochen. Danach hab ich den Gedanken nicht mehr aus meinem Kopf gebracht. Die Berufung ist wohl bei jedem Menschen sehr unterschiedlich und ganz individuell.”

Wie kann man sicher sein, dass die Entscheidung, dem Franziskaner Orden beizutreten, die richtige ist?

„Ich glaube, in der heutigen Zeit ist es sicher noch einmal schwieriger“, stellt Bruder Lorenz fest. Bruder Werner meint: „Sich für eine Ehe zu entscheiden, ist aber sicher genauso schwierig. Die Ehe, im Normalfall, wäre ja auch eine Entscheidung für das ganze Leben. Etwa die Hälfte unserer Novizen schlägt später einen ganz anderen Weg ein.”

Bruder Werner betont: “Von innen ist das Kloster immer offen und von außen ist die Klausur ein Schutz. Zwischen 1977 bis 2001 wurden hier im Kloster 110 junge Männer ausgebildet und verbrachten hier ihr erstes Ordensjahr, das Noviziat. In jedem Jahr sind damals neue Interessenten dazu gekommen. Generell nimmt das Interesse am Ordensleben ab. Nach der Wiedervereinigung der Südtiroler und der Nordtiroler Provinz wurde Brixen Noviziatskloster.”.

Wozu dient das große Haus, nur zum Wohnen?
„Durch den Pfarrbetrieb werden die Räume im Parterre recht gut genutzt“, versichert Bruder Lorenz.  “Den kleinen Saal nutzen wir für Pfarrgemeinderatssitzungen und Chorproben, für Exerzitien im Alltag, für die Treffen der Franziskanischen Gemeinschaft,  für Vorträge und auch die Ministranten sind in diesen Raum. Es gibt ein Musikzimmer, die Küche und einen Speiseraum im Erdgeschoß.”
Ein Rundgang zeigt: Das Kloster sieht größer aus, als es tatsächlich ist. Das halbe Haus besteht eigentlich aus Gängen, die man nicht heizen kann. Bald feiert das Kloster 400 jähriges Jubiläum. Es wurde im Jahr 1628 erbaut.  “Ein Jahr später sind einige Brüder weiter nach Füssen gezogen und haben dort das Kloster gegründet”, so Bruder Lorenz.

Jetzt beginnt auch Bruder Franziskus zu erzählen. „Blumenstöcke und Gemüse waren schon früh mein Hobby und in den Ferien half ich fest in der Landwirtschaft mit. Der Pfarrer fragte öfters, ob nicht jemand von uns ins Kloster gehen wolle. Schon mit zehn Jahren habe ich diesen Weg erwogen und ich blieb dabei. Die Franziskaner kannte ich, weil sie regelmäßig von Pupping zur Aushilfe nach Heiligenberg zum Pfarrer Kaiser kamen. Im Jahr 1963 bin ich, gut 14 Jahre alt, in den Orden eingetreten.”
Am Morgen ist Franziskus immer als erster wach. “Um fünf Uhr heize ich die Küche ein und sperre die Kirche auf. Eigentlich bin ich Gärtnermeister, doch nachdem unser Mesner aufgehört hatte, habe ich seinen Dienst übernommen.”

In der gemütlichen Runde am Klostertisch beginnt jetzt auch  Bruder Werner zu erzählen. „Nach einer sonnigen und unbeschwerten Kindheit hat es mir in der Volksschule bei Lehrer Eduard Jesacher noch relativ gut gefallen. Das erste Hauptschuljahr ist mir aber richtig auf die Nerven gegangen. Damals war ich Ministrant im Kloster und eines Tages ist der Pater Beda gekommen und hat gefragt, wer ins Leopoldinum nach Hall gehen will, ins Studentenheim der Franziskaner. Darin sah ich eine Chance, der Hauptschule den Rücken zu kehren und meine Mutter war wohl froh, mich gut aufgehoben zu wissen, nachdem im Vorjahr mein Vater gestorben war. Zwölf Osttiroler Buben haben damals mit zehn oder elf Jahren das Studium begonnen. Das war schon eine Gaudi. In der siebten Klasse bekamen wir dann dort eine Berufsberatung. Der Psychologe sagte, er könnte sich vorstellen, dass ich Priester werden würde. So ging es Schritt für Schritt weiter und ehrlich gesagt, ich hab den für mich bequemsten Weg gewählt. Alle anderen Wege wären anstrengen-
der gewesen. In Anlehnung an ein Prophetenwort könnte ich sagen: „Gott hat mich verwöhnt und ich ließ mich verwöhnen.“ Pater Werner hat seine Entscheidung nie bereut. “Wenn junge Leute wüssten, wie fein es im Kloster ist, wären die Klöster übervölkert”, so der Pater.  
„Wir kommen den Menschen ein wenig entgegen“, verrät Bruder Lorenz. „Wenn Leute bei uns anfragen, können sie Kloster auf Zeit erleben. Die Gäste können eine zeitlang bei uns leben oder auch ihren Urlaub bei uns im Kloster verbringen. Manchmal kommen aber auch Menschen, die einfach nur reden wollen”.  Bruder Lorenz erklärt: “Unsere Türen stehen für alle Menschen offen, die reden wollen oder Hilfe suchen. Das Kloster ist längst nicht mehr so verschlossen, wie es früher einmal war”.

Die Franziskaner in Reutte waren einmal eine große Gemeinschaft von bis zu 20 Brüdern.  Jetzt sind sie nur noch zu viert. “Wir freuen wir uns immer sehr, wenn Menschen kommen und auch wenn sie uns helfen wollen. Allein könnten wir gar nicht mehr alles schaffen. Wobei die Nähe zu den Menschen schon immer ein besonderes Kennzeichen der Franziskaner war. Den Menschen als Bruder begegnen, das hat uns Franz von Assisi vorgelebt und gelehrt“, so der Guardian.

Haben die vier Franziskaner auch Freizeit?
Die Bruder schmunzeln, als ich diese Frage stelle. Bruder Lorenz mag sehr gern den Skilanglauf, am liebsten fährt er im Tannheimer Tal. Im Sommer locken ihn die Berge.
Eislauf auf dem Plansee gehört neben Singen, Schwimmen und Wandern zum Freizeitvergnügen von Bruder Gottlieb.
Bruder Franziskus liebt die Arbeit im Garten und nebenbei  kümmert er sich liebevoll um die Tiere, die im Kloster leben.
Bruder Werner dichtet und schreibt sehr gern in seiner Freizeit. Jetzt, vor kurzem, ist sein zweites Buch im Tyrolia-Verlag erschienen. Es hat den Titel „Ich komme zu dir – Gedanken zur Genesung“. Bruder Werner liebt gute Gespräche und ab und zu ein „Hopfenlimo“.

Was bedeutet OFM?
„Weißt du eigentlich, warum wir Franziskaner heißen?“ fragt Bruder Werner plötzlich und sagt mir gleich die Deutung: „So wie der Franz is kaner“.
So gut sie können, wollen die vier Reuttener Patres im Geist des Franz von Assisi miteinander den Weg gehen, den Jesus Christus zeigt: Gott dem Vater für Leben und Schöpfung freudig danken und mit Hilfe des Hl. Geistes den Menschen ermutigend und heiter begegnen.

Zum Abschied erklärt Bruder Lorenz, warum die Franziskaner die Ordensabkürzung OFM haben.
„Es heißt auf lateinisch ordo fratrum minorum. Übersetzt: der Orden der Minderen Brüder.”
Schelmisch und mit Humor fügt er hinzu: „Manchmal denken die Leute, es würde Orden feiner Männer heißen oder vielleicht Orden fröhlicher Männer.”

Text/Bild:ha

 

 

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