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300 Jahre St. Mang: Das Kloster und seine Künstler

Johann Jakob Herkomer war als Architekt und Baumeister ohne Zweifel der größte Künstler, der an dem Bau des Klosters St. Mang beteiligt gewesen ist. Ihm gelang es vor rund 300 Jahren, die alten und sehr unregelmäßig angelegten Gebäude an dem steilen Hang über dem Lech in ein architektonisches und prunkvolles Gesamtkunstwerk zu verwandeln. Dafür beschäftigte Herkomer allerdings auch noch weitere namhafte Künstler, die an der Umgestaltung der mittelalterlichen Basilika in eine nach venezianischen Vorbildern gestaltete Barockkirche mitwirkten.

„Möglich war dieses gigantische Bauvorhaben nur durch eine gut gefüllte Klosterkasse“, erklärt Füssens Museumsleiter Dr. Anton Englert. „Die barocke Kunst hier im Kloster nimmt ihren ursprünglichen Anfang darin, als nach den Verwüstungen und der großen Armut, die nach dem 30-jährigen Krieg hier herrschte, wieder ein bescheidener Wohlstand aufgebaut wurde. Die Äbte des Klosters waren geleitet von dem Gedanken, Geld anzusparen, um das Kloster zu renovieren.“ Dazu hatte der Konvent auch alle nötigen Voraussetzungen. Denn das Kloster war sehr gut versorgt, es besaß einige Ländereien in der Region, die Einkünfte aus Naturalien, darunter Korn und vor allem Holz brachten, das weiterverkauft werden konnte, wie auch der Wein, der aus Südtirol geliefert wurde. So hatte der damalige Abt Baur bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erste Ideen und Pläne, um das Kloster zu erneuern. Auch einen Baumeister hatte er bereits an der Hand. Allerdings hatten die Brüder schon zu dieser Zeit eher den Wunsch, mit Johann Jakob Herkomer einen einheimischen Baumeister zu beauftragen. Schließlich hatte sich der weitgereiste Herkomer in Oberitalien auch als Freskenmaler und Stuckateur ausgebildet.

Planungen anfangs viel zu teuer
„Sie waren überzeugt davon, dass Herkomer der Richtige ist, dass er über das passende Wissen und Können verfügt, um das Projekt zu verwirklichen“, so Englert. Schließlich hatte Herkomer nach seiner Rückkehr aus Italien bereits mit der von ihm erbauten Kapelle in seinem Geburtsort Sameister auf sich aufmerksam gemacht und somit eine Art Visitenkarte abgegeben. „Dem Abt Baur waren die Planungen für den Bau aber viel zu teuer.“ So kamen die Pläne erst nach dem Ableben des Abtes wieder auf den Tisch, als dessen Nachfolger Gerhard Oberleitner im Jahre 1696 zum Abt gewählt wurde. Sein Bestreben und auch das des Konvents war es, mit dem Neubau Außerordentliches zu schaffen und den Neid aller Kunstfreunde zu erwecken. Der neue Abt rechtfertigt dies auch mit einer recht einfachenArgumentation. „Um viel Geld ist man uns neidig, niemand Gescheiter um eine schöne Wohnung“, heißt es in einem Briefwechsel zwischen Oberleitner und dem seinem Ottobeurer Kollegen, Abt Rupert Neß, im November 1713. Darin schreibt Oberleitner, dass es viel wichtiger ist, der Nachwelt denkwürdige Bauten zu hinterlassen, anstatt Geld in der Klosterkasse anzuhäufen.

Hilfe aus Italien
„Die Zusammenarbeit zwischen Herkomer und den Äbten muss hervorragend gewesen sein“, erklärt Anton Englert. „Denn er hat die theologischen Wünsche der Ordensbrüder perfekt umgesetzt.“ Für den Bau holte sich Herkomer mehrere Fachleute und Künstler nach Füssen, die an den verschiedenen Baustellen im Kloster arbeiteten. So wie beispielsweise in der Bibliothek, die den Mittelpunkt der Südfront der Barockanlage bildet und deren Innenraum wegen seiner hohen Überkuppelung und der ovalen Öffnung in der Mitte des Raumes überrascht. Hier bot sich den Mönchen vom Refektorium aus ein hoher Blick hinauf zu den Fresken von Francesco Bernardini, der diese im Alter von nur 24 Jahren malte. Er erschuf auch das Kuppelfresko, das die vier Frauengestalten als Allegorien der Göttlichen Weisheit, Klugheit, Wahrheit und Erkenntnis zeigt.

Die Engelsgestalten auf der Bibliotheksgalerie, auch Putten genannt, stammen dagegen von Bildhauer Anton Sturm, genauso wie auch die Skulptur, die auf dem Brunnen im Refektorium steht und den heiligen Magnus darstellt. Für die Magnuskapelle schuf der Wahlfüssener schließlich mit Benedikt, Scholastika, Columban und Gallus vier lebensgroße Heiligenfiguren aus weißem Laaser Marmor. Auch Matthias Lotter, bei dem Anton Sturm anfangs noch beschäftigt war, schuf als führender Stuckateur und Bildhauer einige Apostelfiguren. Für den Kaisersaal, der erst zwischen 1721 und 1722 fertiggestellt wurde, zeichnet dagegen der Architekt Carlo Andrea Maini verantwortlich. Mit diesem prunkvollen rechteckigen Saal demonstrierte das Kloster sein Bestreben, den Stand der Reichsunmittelbarkeit zu erlangen.

Zu den wichtigsten Künstlern, die Herkomer auf seinem Bau beschäftigte, zählte aber vor allem sein Neffe und Lehrling Johann Georg Fischer, der als Palier seines Onkels fast alle Bauprojekte leitete. Er war es auch, der nach Herkomers Tod den Klosterbau in dessen Auftrag zu Ende führte. „Schließlich dauerte der Bau länger, als ursprünglich vorgesehen“, erklärt Englert. „Das hängt damit zusammen, dass Herkomer auch während dieser Zeit sehr viele Aufträge bekommen hat, die Baustelle in Füssen war nicht die einzige, in die er und seine Angestellten involviert waren.“ Der letzte und weitere wichtige Künstler, der im Kloster St. Mang seine Handschrift hinterlassen hat, war Dominikus Zimmermann, der wohl bei Johann Jakob Herkomer seine Ausbildung absolvierte und als einer der bedeutendsten deutschen Baumeister des Rokoko gilt. Zimmermanns Hauptwerk, die Wieskirche, zählt heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Einige der Kunsthandwerker, Stuckateure, Bildhauer und Kunstschnitzer haben sich in oder rund um Füssen niedergelassen und letztendlich auch dazu beigetragen, dass sich die Stadt vor allem als kultureller Mittelpunkt der Region entfalten konnte.

Text: Lars Peter Schwarz

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