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Heilkräuter (nicht nur) für Frauen

Meine lieben Herren, hoffentlich sind Sie nicht enttäuscht, dass es diesmal mehr um uns Damen geht, aber der Frauenmantel, der sich in unserem Garten so schön ausgebreitet hat, hat mich förmlich dazu „gedrängt“. Allerdings haben diese Kräuter auch andere Anwendungsgebiete, die für beiderlei Geschlechter nutzbar sind.

Frauenmantel
(alchemilla vulgaris)
Die Pflanze aus der Gattung der Rosengewächse, ursprünglich stammend aus Osteuropa, ist weit verbreitet – Europa, Nordamerika und Asien – und wächst gerne auf feuchten Wiesen sowie in lichten Wäldern. Ihr Name rührt daher, dass die Blätter dem wehenden Mantel einer Frau ähneln. Sie hat aber auch noch andere Namen wie z.B. Alchemistenkraut, Allerfrauenheil, Marienmantel, Sinn- oder Immertau. Einige dieser etwas seltsam anmutenden Bezeichnungen rühren daher, dass  frühmorgens kleine Wassertropfen am Blattrand zu sehen sind, die dann zu einer „Tauperle“ in der Blattmitte zusammenfließen. Es ist allerdings kein Tau, sondern von der Pflanze selbst über winzig kleine Drüsen ausgeschiedenes überschüssiges Wasser. Dieser Prozess heißt in der Botanik „Guttation“. Die für die alten  Alchemisten scheinbar aus dem Nichts kommende Flüssigkeit galt als eine Ursubstanz, die ihnen helfen sollte den „Stein der Weisen“ zu erschaffen. Die Kelten benutzten das Guttationswasser für rituelle Zwecke. Auch heute noch gilt die Verwendung  dieses Wassers als gutes Mittel gegen Hautunreinheiten oder Sommersprossen.

Die Tradition als Frauenpflanze geht ebenfalls weit zurück. Die alten Germanen sahen einen Bezug zur Liebesgöttin Freya, die Römer zur Venus, die Menschen im Mittelalter zur Jungfrau Maria mit ihrem Schutzmantel. Die Verwendung bei Frauenleiden war vielfältig aber auch für allerlei Liebeszauber wurde der Frauenmantel eingesetzt. Bei unerfülltem Kinderwunsch sollten die Frauen barfuß durch taunasse Wiesen streifen und das Wasser aus den Frauenmantelblättern trinken.

Verwendet wird das ganze Kraut ohne Wurzel. Es enthält 6-8% Gerbstoffe, als Hauptkomponente das sog. Agrimoniin, außerdem etwa 2 % Flavonoide. Aufgrund der adringierenden = zusammenziehenden Wirkung der Gerbstoffe kann ein Tee aus Frauenmantel äußerlich als Umschlag bei juckenden Hautleiden, entzündeten Wunden  oder als Gurgelmittel bei Halsschmerzen und Zahnfleischproblemen verwendet werden. Unterstützend getrunken hilft er gegen leichten Durchfall den Magen-Darm-Keime verursacht haben.

Der Einsatz in der volksheilkundlichen Frauenheilkunde ist vielfältig: Der Frauenmantel wird als Tee getrunken, als Tinktur eingenommen, für Vaginalspülungen genutzt und in Sitzbädern verwendet denn er wirkt ausgleichend und regulierend auf den gesamten weiblichen Organismus. Hier nur einige der wichtigsten Anwendungen:
– Bei vermehrtem oder krankhaftem Ausfluß äußerlich als Vaginalspülung.
– Bei unregelmäßiger, schmerzhafter oder zu starker Menstruation als Sitzbad oder Tee.
– Als Begleittherapie bei Myomen, Eierstockzysten oder Endometriose (Langzeiteinnahme).
– Bei Beschwerden vor und während der Wechseljahre.
– Bei unerfülltem Kinderwunsch wird der Eisprung gefördert.

Gänsefingerkraut
(Potentilla anserina)
„Viele Leute haben ihm, nach seiner Wirkungsweise, den Namen Krampfkraut gegeben. Tee vom Anserinenkraut ist ein vortreffliches Mittel bei Krampfanfällen, seien dieselben im Magen, im Unterleib oder wo immer.“  Sebastian Kneipp, 1892

Die Pflanze aus der Familie der Rosaceae ist in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel weit verbreitet, am liebsten auf Wiesen mit feuchten, nährstoffreichen und verdichteten Böden, darum häufig auf Gänseangern. Der Name Potentilla ist die Verkleinerungsform vom lateinischen potentia =Macht und soll auf die große Heilkraft des Krautes hinweisen. Der Artname Anserina kommt vom lat. anser = Gans aufgrund der Verwendung als Aufzuchtfutter für junge Gänse.
Da es im Mittelmeerraum nicht wächst, fehlt das Gänsefingerkraut in den Schriften der antiken Ärzte, hat aber nichts desto trotz eine sehr lange Tradition in der Volksmedizin. Schon die alten Germanen schätzten es sehr, die daraus wohl eine „Kräutermilch“ herstellten. Dazu wird frisches Kraut in Milch aufgekocht und für einige Minuten ziehen gelassen. Durch den Fettgehalt der Milch werden bestimmte Inhaltsstoffe besser zugänglich gemacht. Bei Krämpfen, aber auch bei Wunden zum Schutz gegen Infektionen wurde sie getrunken und das gekochte Kraut auf die Wunde gelegt.

In mittelalterlichen Schriften wird die Pflanze u.a. das erste Mal speziell als Frauenheilmittel erwähnt und zwar bei schmerzhaften Regenblutungen.
Die Wirkungen des Gänsefingerkrautes lassen sich von ihren Inhaltsstoffen ableiten: 5-10 % Gerbstoffe, zum größten Teil sog. Ellagitannine, verschiedene Flavonoide und sogar Vitamine (bis zu 350 mg Vitamin C auf 100 g frisches Kraut). Auf alle Arten von krampfartigen Beschwerden hat das Gänsefingerkraut einen positiven Einfluss, sei es der Gebärmutter, des Darmes, der Harnblase, der Galle oder bei Blähungskoliken der Kinder.

– Als Begleitmittel bei Blasenentzündungen wird es gerne mit Goldrute und Zinnkraut kombiniert.
– Durch den hohen Gehalt an zusammenziehenden Gerbstoffen ist es ein häufiger Bestandteil sog. „Rückbildungstees“ nach der Geburt.
– Als Kompresse, Badezusatz, Tinktur oder Einreibung bei Wunden oder Hautausschlägen.

Übrigens: der Volksmund sagt: „Wer Gänsefingerkraut bei sich hat, dem soll niemals das Geld ausgehen!“

Schafgarbe
(Achillea millefolium)
Stammend aus der Familie der Korbblütler, ist die Pflanze beheimatet in Europa, Nordasien und Nordamerika. Sie wächst wild, wird aber hauptsächlich in Osteuropa auch kultiviert. Als eine der ältesten Heilpflanzen wurde die Schafgarbe schon bei Plinius, Hippokrates und Dioskorides erwähnt. Der Name Achillea soll auf die Schlacht von Troja zurückgehen. Als Achilles von ihrer blutstillenden Wirkung erfuhr und damit viele seiner Krieger behandelte. Die mehrfach fiederschnittigen Blätter (lateinisch: mille = tausend, Folium = Blatt) führten zum Artnamen „millefolium“. Diese Blätter und auch die Blüten sind ein beliebtes Futter für Schafe, woher letztlich der deutsche Name stammt.

In den Kräuterbüchern des Mittelalters und der frühen Neuzeit war die Schafgarbe nicht wegzudenken, so empfahl die Heilige Hildegard von Bingen sie z.B. bei der unterstützenden Behandlung von Wunden und Geschwüren. Das Kraut enthält 0,2 – 1 % ätherisches Öl, das sich je nach Herkunft der Pflanze sehr unterschiedlich zusammensetzen kann, häufig kommen Substanzen wie Azulen, 1,8-Cineol und Kampfer vor. Der Stoff Chamazulen verleiht dem Öl seine tiefblaue Farbe. Außerdem enthält das Kraut sog. Sesquiterpenlactone.

Die Inhaltstoffe der Schafgarbe können einen positiven Einfluss auf Entzündungen haben und krampflösend wirken, den Appetit anregen und die Gallentätigkeit fördern. In der Frauenheilkunde wird sie u.a. wie folgt eingesetzt:
– Je nach Dosierung bei zu starker und zu langer wie auch zu schwacher und unregelmäßiger Menstruation und Regelschmerzen.
– Bei Pilzinfektionen können Spülungen und Sitzbäder helfen.
– Nach der Geburt zur Blutstillung und Wundheilung.
– Zur Kräftigung des Bindegewebes.
– Bei Wechseljahrsbeschwerden.
– Bei gereiztem, nervösen Magen und Krämpfen, daher auch der Name „Bauchwehkraut“, zur Appetitanregung …um nur einiges zu nennen. Achtung: wer eine Allergie gegen Korbblütler hat, sollte Schafgarbe nicht verwenden!!!

Hoffentlich haben Sie über diese interessanten Pflanzen viel Neues erfahren – und das nicht nur die Damen…

Einen schönen Herbst wünscht Ihnen,

Ihre Simone Wagner
Apothekerin

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