Kolumne

(M)eine nordische Liebe

Meine Freundin hat vor Kurzem geheiratet. Richtig spektakulär, mit viel Tamtam, viel Kleid, hunderten von Gästen, Live-Musik, Show-Koch und einer Tanzeinlage der Uroma. Danach ging´s weiter nach Amerika zum Flittern. Drei Wochen lang…
Bei mir ist das alles schon ein bisschen her, aber ich kann mich noch erinnern, als wär´s gestern gewesen:

Sechs Tage, drei Koffer und zwei Taschen, 28 Grad, vier-spurige Straßen, ein Auto-Tank auf Reserve und das Graffiti links neben mir: „Moin, Moin Digga!“
Moin, Moin auch! Endlich hab ich es gesehen, das Stadtschild. 800 Kilometer hab ich mich darauf gefreut. Und dann war es direkt vor mir. Mann, war ich glücklich.
Das gelbe Blechschild, auf dem ein fetter, schwarzer „Deine Mudda, du Fischkopp“ Sticker zwischen den Worten Frei und Hansestadt klebte, war die Eintrittskarte ins Glück. Mein Glück. Unser Glück. Ich war sowas von bereit. Auf alles. Auf die Ehe. Die Reeperbahn, die Alster, den Hafen und unser Hotel.
Wir checkten also ein, in ein Fünf-Sterne-Design-Hotel. Und das Wort „Design“ war hier mehr als nur Programm. Es war DAS Mantra.

Der Eingangsbereich war eine Mischung aus Kölner Dom, Andy Warhol und Purismus.
Und mitten im Foyer, zwischen Skulpturen, Leuchten und Pop Art, standen wir. Zwei Liebesverrückte mit blinkenden Neon-Herzen in den Augen, kurzer Hose, Flip Flops und Baby.
Spätestens beim Anblick des vollverglasten Badezimmers war ich sicher: „Das wird so toll, Schatz!“ Das Bad war in die Suite integriert, bunt beleuchtet mit Holzboden, eingearbeiteten Steinen und Bambuspflanzen am Boden. Die Badewanne war Grasgrün und so groß wie zehn Geburtswannen zusammen. Nur in schön.

Und nicht zu vergessen- der Vergrößerungsspiegel mit Rundum-Beleuchtung, für den optimalen Blick auf das Wesentliche: Gesichtsbehaarung und Poren. Das Hotel, die Suite, ganz Hamburg und wir, das war wie Topf und Deckel, Kuchen und Sahne, Bonnie und Clyde.
Ich war verliebt. In mein neues Bad. Den Ring an meinem Finger. In die Stadt.
Aber weil zu viel Entspannung auch nicht gut ist, sah die Sache sechs Tage, drei hausinterne Zimmer-Umzüge und einen genervten Concierge später ein bisschen anders aus:
Ein kamerascheuer Zuhälter war hinter mir her. Ein halbnackter Jesus-Fanatiker und seine fliegenden Bibeln wüteten in der Stadt, ich reiherte fast „Rüdiger“ das Boot voll und beinahe brannte auch noch das Hard Rock Café ab.

Und was soll ich sagen, das waren die schönsten Flitterwochen überhaupt. Aber nur, weil du dabei warst. Meine große Liebe aus dem Norden.

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