Kolumne

Von Hasen und Handys

Kult ist nicht nur ein Wort oder eine Beschreibung. Sondern ein Gefühl, eine Einstellung. Kult ist „Bohemian Rhapsody“ auf voller Lautstärke, Eis am Stiel, und mein allererstes Handy.

Die Tasten leuchteten Neongelb, das Gehäuse war elegant, zurückhaltend, royalblau-beige meliert. Seine Haptik: Ergonomisch, griffig, stabil. Ein tolles Gerät.

„Das behalte ich. Forever together!“ Das dachte ich mit zwölf. Das ist lange her. Und obwohl das Handy längst Geschichte ist, blieb trotzdem etwas davon übrig. Eigentlich das Wichtigste, das Herzstück, meine mobile Identität. Die Prepaid SIM-Karte. Also: „Einmal aufladen, bitte. D1. 15 Euro!“

Und das in Zeiten von Fitness-Apps; die sofort Alarm schlagen, bevor das Tagesziel der persönlichen Bewegungsaktivität zu scheitern und die Wochenstatistik auf der Skala Richtung Unten zu rutschen droht.

Ich lade in der Tankstelle also Guthaben auf meine Karte, während ein Kerl hinter mir mit seinem Smartphone spricht und diktiert: „Hey Cortana! Schreibe SMS an Hasi: Komme gleich Baby. Kassenstau am Start.“

Ich drehe mich zu ihm um: „Armes Hasi. Aber sie wird schon nicht davon hoppeln!“ Und warte die Transaktion ab. Ich überlege, ob es wirklich richtig sein kann, im Jahr 2015 ohne Internet, ohne Flat, ohne Freiminuten, völlig offline die Kassen dieser Welt zu blockieren? Ja, davon bin ich überzeugt. Eigentlich.

Niemand braucht eine App, in die man seine Einkaufe eintragen und später mit einer Berührung abhaken kann. Wo bleibt da der Kult? Oder das Retrogefühl, wenn man handschriftlich seine Einkaufliste schreibt? Und reicht es nicht auch, sich nur zuhause mit den Weiten des Internet zu verbinden?

Ähm ja… Eigentlich nicht, nein. Nicht mehr. Ich habe kapituliert und schwinge die weiße Flagge an alle Hasis dieser Welt. Vorerst. Ich bin jetzt nämlich eine von Euch. Fast jedenfalls. Hinter meinem neuen 5,7 Zoll Display steckt noch mehr als nur Apps, Internet oder eine Flatrate.

Eine Frau braucht Prinzipien. Deswegen gibt es natürlich noch immer die eine, alte SIM-Karte.

Ich sage nur: Ein Handy. Zwei Nummern.
Wo bleibt sonst der Kult? Sorry, Hasi…

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