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Vergessene Kräuter – Raritäten aus Omas Garten II

Sehr viele schöne Kräuter sind zu schade, um in Vergessenheit zu geraten – deshalb gibt es diesmal noch einen „Nachschlag“ zum letzten Monat. Diese Pflanzen sind ebenfalls problemlos u. a. im Hochbeet zu kultivieren und bieten vielfältige Möglichkeiten der Anwendung, sei es als Heilkräuter oder als aromatische Kochgewürze.  Ich würde mich freuen, wenn Sie auch in diesem Monat etwas Neues für Ihren Garten und für Ihre Küche entdecken können.

Pimpinelle (Sanguisorba minor)

Vorab – der Name Pimpinelle bietet Anlass zu Verwechslungen, der Name Pimpinelle wird sowohl für das Kraut Kleiner Wiesenknopf benutzt, als auch für die Bibernelle, einem Doldengewächs. Hier ist der Kleine Wiesenknopf gemeint, dessen lateinischer Name „Sangiusorba“ von „sangius“ = Blut und „sorbere“ = aufsaugen kommt, da er u.a. traditionell zum Stillen von Blutungen verwendet wurde. Im Mittelalter sagte man, Pimpinelle mache das Herz froh und den Wein anmutig. Besonders im elisabethanischen England war sie sehr wichtig. Damals wurde der Wein oft mit einzelnen schwimmenden Pimpinelle-Blättchen serviert. Ferner wurde sie auch bei Herzerkrankungen, Blasen- und Nierenbeschwerden eingesetzt.
Die Verwendung der Pimpinelle in der Volksheilkunde: bei Dünndarmentzündungen, Leber- und Gallenbeschwerden und Zahnfleischentzündungen, hilft ein Aufguß bestehend aus 20 frischen Blättern, die mit 1 Liter kochendem Wasser überbrüht werden – 5 Minuten ziehen lassen. Hiervon nimmt man täglich 2-3 Tassen zu sich. Auch bei Husten und Asthma wird sie wegen ihrer reinigenden Wirkung angewendet. Sie schützt auch gegen Frühjahrsmüdigkeit. Äußerlich angewendet lindert sie Hautprobleme und Sonnenbrand.
In der Küche hat die Pimpinelle leicht bittere, aber auch würzige Komponenten und liefert viel Vitamin C. Geschmacklich ist sie eher mild, an eine Gurke erinnernd. Da die Blätter sehr fein sind, welken sie relativ schnell und sollten nach der Ernte sofort verwendet werden. Im Kühlschrank können sie 1-2 Tage in einem Frischhaltebeutel lagern – vorher mit etwas Wasser einsprühen. In keinem Fall sollten die Blätter mitgekocht werden, sondern an warme Speisen nur abschließend zugegeben werden. Kalten Speisen wie Quark, Kräuteressig oder Sommerbowlen verleiht sie einen erfrischenden Geschmack.

Der Klassiker:
Frankfurter grüne Sauce

Pimpinelle, Borretsch, Dill, Kerbel, Kresse, Petersilie, Schnittlauch und etwas Spinat für die grüne Farbe durch den Fleischwolf drehen oder anderweitig zerkleinern. Sofort mit einer glatten Masse aus 250 g Quark, etwas Schmand und süßer Sahne, 1 EL Mayonaise, 1 TL Senf und 1TL Meerettich verrühren. Mit Salz und Peffer abschmecken. Schmeckt hervorragend zu Pellkartoffeln mit hartgekochtem Ei, zu gegrilltem Fleisch oder Fisch, als „Salatersatz“ zum Abendessen und immer dann, wenn man Lust auf etwas Frisches hat. Die fertige Sauce kann man auch sehr gut einfrieren.

Heiligenkraut
(Santolina chamaecyparissus)

Diese Pflanze, auch unter dem Namen Zypressenkraut bekannt, die sich wohl auf die Form der Zweige bezieht, ist im lateinischen von „santcus“ = heilig und und „linum“ = Flachs abgeleitet. Das sog. „graue“ Heiligenkraut ist eine mehrjährige Pflanze mit gelben Knopfblüten. Sein Silberlaub duftet sehr aromatisch und seine Heimat ist Südfrankreich und das nördliche Mittelmeergebiet. Die Araber nutzten es jahrhundertelang für medizinische Zwecke. Bekannter ist es als Mottenschutzmittel. Im Französichen führt es auch den Beinamen „Garderobe“, weil es Kleider und Wäsche vor den lästigen Insekten schützt. Hier ein schönes Rezept für ein Kräutersäckchen, das man in den Schrank legen kann:
Je 1 Handvoll Wermut, Pfefferminze, Heiligenkraut, Rosmarin + 1 TL zerstoßenem  Koriander trocknen, zerkleinern und vermischen und danach in kleine Baumwollbeutel füllen. Auch ein Trockenstrauch der blühenden Pflanze kopfüber an einem luftigen Ort aufgehängt, wehrt Mücken, Obstfliegen und andere Insekten ab.

Olivenkraut
(Santolina viridis, syn. S. rosmarinofolia)

auch Grünes Heiligenkraut genannt, riecht (wenn man es reibt) und schmeckt nach Oliven. Man verwendet es als Gewürz zu allem, wozu man auch Oliven verwenden würde. Es läßt sich z. B. eine Pilzpfanne oder Pizza würzen, einen Tomatensuppe verfeinern oder anstelle von Basilikum einem Tomatensalat beigeben. Man kann es kurz mitgaren oder über das fertige Gericht streuen. Olivenkraut-Butter schmeckt hervorragend zu Fisch, kurzgebratenem Fleisch oder aufs Brot. Man kann es aber auch zum Einlegen von Oliven oder Gurken verwenden. Auch zum Räuchern im Grillfeuer ist es gut geeignet. Da es im Handel schwer zu bekommen ist, empfiehlt sich der Anbau im eigenen Garten. Hier auch noch ein schönes Rezeptbeispiel:

Olivenkraut-Pesto

1 Handvoll Olivenkraut, 3 EL geröstete Sonnenblumenkerne, 1-2 Knoblauchzehen, die Schale einer Viertel Zitrone. 1 Sardelle klein hacken und in einen Mixer geben. Mit so viel Olivenöl mischen, dass eine cremige Paste entsteht. 2-3 EL Parmesan untermischen – fertig! Auf frisch gekochte Pasta geben und schon ist eine Mahlzeit zubereitet. Wer es scharf liebt, würzt mit Chilischoten nach.
Auch ganz fein: 1 Stängel in einem Glas Prosecco, dazu ein winziger Spritzer Limoncello (Zitronenlikör) – einfach super!
Olivenkraut wirkt aber auch gesundheitsfördernd, seine ätherischen Öle wirken appetitanregend und verdauungsfördernd. Sie regen die Magensaftsekretion an und können sogar Blähungen und Verdauungsbeschwerden vorbeugen. Naturheilkundler schätzen sie wegen ihrer entzündungshemmenden und schleimlösenden Wirkung. Sogar Herztätigkeit und Atmung sollen positiv beeinflußt werden.

Currykraut
(Helichrysum italicum)

Die auch italienische Strohblume oder italienische Immortelle genannte Pflanze aus der Gattung der Korbblütler stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum.

Ihre silbrig-grauen Blätter enthalten viele ätherische Öle, die für den curryartigen Duft verantwortlich sind. Mit dem Gewürz Curry hat das Currykraut nicht einmal entfernt etwas zu tun. Currypulver ist eine Gewürzmischung u.a. aus Koriander, Pfeffer, Kardamom, Muskatnuß, Gelbwurz, Kreuzkümmel etc. Nichtsdestotrotz ist der Geschmack relativ ähnlich.

Currykraut passt zu vielem – Reis, Nudelgerichte, Paella, Gemüse, Suppen und Fleischgerichte können damit aromatisiert werden. Am besten eignen sich dafür die frischen, kleingehackten Blätter. Wenn ganze Zweige mitgekocht werden, bitte diese nach Zubereitung entfernen, sonst kann es zu Magenbeschwerden kommen.

Den Griechen und Römern war das Currykraut als Heilmittel seit der Antike bekannt. Im Mittelalter wurde es v.a. gegen Schlangenbisse, Harnprobleme, Frauenleiden und Mottenbefall empfohlen. Die heutige naturheilkundliche Anwendung beruht auf seinen wundheilenden, entzündungshemmenden, antibakteriellen, krampflösenden und enspannenden Eigenschaften, also sprich z. B. bei Husten, Bronchitis, nervösen Unruhezuständen, Hautproblemen, Prellungen, Blutergüssen und Hämorrhoiden. Ein Tee aus Currykraut wird gelegentlich bei Erkältungsbeschwerden eingesetzt. Hier verwendet man eher die Blüten – 1-2 TL mit 250 ml kochendem Wasser übergießen, 7 min. ziehen lassen, 2 x täglich trinken. Bei Hautkrankheiten und -irritationen oder leichtem Sonnenbrand werden Salben aus Currykraut hergestellt.

Ihre Apothekerin Simone Wagner

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