BrauchtumLeben

Ein Festtag in Pfronten-Kappel

Am 14. Februar ist Schalenggar-Rennen

Sie heißen „Sister’s Act“, „Omas Föhla“, „Blitzhoanar Weitnau“ oder ganz einfach „Augustiner“. Hanne Allgayer kennt sie fast alle, die wagemutigen Damen und Herren, die sich am Faschingssamstag in Pfronten-Kappel  treffen, um mit ihren selbstgebauten „Schalenggen“, auch Hörnerschlitten genannt, mit halsbrecherischem Tempo den etwa 1000 Meter langen Hang runter zu rodeln. Früher war das Schalenggenfahren eine harte Arbeit – heute ist es ein pures Vergnügen.

Hanne Allgayer kann sich noch sehr gut an die arbeitsreiche Zeit erinnern. Hochschwanger ging sie damals mit ihrem Mann in Kohlholz, so heißt das Gebiet oben auf dem Hündleskopf, um zu mähen. Mühsam schleppte man den Grasmäher, Rechen und alles was man für einen langen Arbeitstag im Sommer brauchte, nach oben auf über 1.200 Meter. Erst wenn die Blumen verblüht sind, durfte gemäht werden. „Daran wird auch heute noch festgehalten“, erklärt die 71-Jährige, die seit 1997 an der Spitze des Schalenggen-Vereines steht. Dieser Tradition ist der Verein heute noch treu geblieben. Immer nach dem 15. Juli wird dann in Kohlholz gemäht. Es sind feuchte Wiesen, fast moorig, beschreibt Hanne Allgayer den Boden. Gelagert wird das Heu in einem kleinen Stadel gleich neben der Wiese.

Bis Ende der 60er Jahre holten die Männer im Februar das im Sommer gemähte Heu runter ins Tal. Immer zu zweit liefen die Männer den mühsamen Weg zum Hündleskopf raus. Der eine den Weg schaufelnd, während der andere den Schalenggen auf dem Rücken hoch trug. Bis zu vier mal am Tag stapften sie den knapp zwei Kilometer langen, mühsamen Weg rauf. „Es war eine gefährliche Arbeit, die viel Konzentration und Erfahrung brauchte“, so Hanne Allgayer. Das Heu wurde ganz fest auf dem Schalenggen festgezurrt und mit Tannenzweigen beschwert. Bremsen gab es auf den Schlitten nicht, das übernahm der hintere Mann, während der vordere den Holzschlitten lenkte. Während die Männer die schwere Arbeit taten, kochten die Frauen „a gscheites Midagessen“ und bereiteten für den Abend eine deftige Brotzeit vor.

Einige Male musste das Schalenggen-Rennen wegen Schneemangels abgesagt werden. „Wir hoffen, dass es dieses Jahr mit dem 30. Schalenggen Rennen klappt“, meint Hanne Allgayer und wünscht sich eine gute Schneelage. Bis zu 200 Schalenggen fahren mit, das bedeutet etwa 400 Teilnehmer, darunter etwa 20 Damenmannschaften. Alle Teilnehmer bekommen eine Urkunde und ein Geschenk überreicht. Pokale gibt es für die 1,2,3,4,5, 11, 30, 77, 99, 111, die Letzten sowie den weitesten Angereisten. „Für die Original-Schalenggar gibt es sogar ein Geschenk. Bei uns geht keiner leer aus“, erklärt die 1. Vorsitzende. Die Orginalen, darunter auch Bürgermeisterin der Gemeinde Pfronten, Michaela Waldmann, treffen sich schon früher und laufen gemeinsam den Weg hoch. Dort wird dann wie anno dazumal der Schlitten aufgeladen und dann eine Brotzeit gemacht. „Auch der Mann unserer Bürgermeisterin, Hans-Peter Waldmann, fährt mit. Ich glaube, er hat die Schalenggen selbst gebaut“, erzählt Hanne Allgayer. Dass die Orginaler „a Häs“ tragen und keine Kleidung, stellt die Vorsitzende des Vereines auch sofort klar. „Deswegen nennt ma se auch d’Orginaler“, meint sie im Pfrontener Dialekt. Eröffnet wird das Rennen durch das „Himmlische Team“ mit Pfarrer Andreas Wasmer und Bernd Leumann.

Die Familie von Hanne Allgayer darf bei so einer traditionellen Veranstaltung nicht fehlen. Von ihren 15 Enkeln fahren neun mit, auch die Mädels, betont die fünffache Mutter, Oma und Uroma. Am Renntag selber ist Hanne Allgayer ziemlich angespannt. Sie ist froh, dass bislang nichts schlimmes passiert ist, ausser vielleicht ein paar Blessuren, die der eine oder andere Teilnehmer davon getragen hat. Denn die 1.000 Meter lange Strecke ist nicht ungefährlich. Vom Start bis zum Ziel sind es etwa 200 Höhenmeter und die zwei Kurven erfordern ein gewissen Maß an Fahrkönnen. Schnell mal aus der Kurve fliegen ist bei dem Rennen nichts ungewöhnliches, auch nicht das Gelächter.

INFO
Anmeldungen können noch bis zum 8. Februar berücksichtigt werden.
Fax: 08363 / 5146 oder 08363 / 94243
E-Mail: info@kappelar-schalenggar.de
www.kappelar-schalenggar.de

Text: Sabina Riegger
Bilder: privat/Hubert Riegger

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