Kolumne

Der Ruf der Freiheit

Ich stehe hier im Schneematsch, es regnet, ist kalt und grau. Mittlerweile sind auch meine Füße nass. Bei jedem Schritt drücken meine Zehen auf die Schuhsohle, die von der Konsistenz her inzwischen eher einem vollgesogenen Naturschwamm ähnelt und weniger, wie mir die Fachverkäufern versicherte, „einer extra beschichteten Fleece Einlege-Sohle für warme und trockene Füße“. Gerade in dem Moment, wo ich also zwischen Graupel, Matsch und Einkaufstüten wie ein begossener Pudel der Witterung ausgeliefert bin, denke ich an einen Bericht, den ich vor kurzem gelesen habe.

Thema: Urlaub

Angeblich planen nämlich die meisten Leute, statistisch gesehen, die „schönsten Wochen im Jahr“ während der Wintermonate.Bei dem Gedanken wird mir gleich warm ums Herz. „Das ist (m)ein Zeichen!“ Ich war mir ganz sicher. Mein Mann war von meiner Planungs – Euphorie aber weniger begeistert. Wahrscheinlich, weil wir ab jetzt eine zwielichtige Dreiecksbeziehung führen. Er, das Fernweh und ich. Und was sind drei Räder an einem Wagen? Genau, eins zu viel. Die Ellenbogen sind ausgefahren, deswegen das Mantra ab jetzt: Alle für Einen. Und immer Irgendeiner für sich selber.

Neulich habe ich gefragt: „Schatz, was meinst du zu dem Gutshof in Andalusien? Du weißt schon, der mit den Schafen!?“ Er hat nicht geantwortet. Nur nach Atem gerungen, mich angeschaut und mir einen eindeutigen Blick zugeworfen. Ich glaube, sein Gesichtsausdruck wollte mir sagen:„Ja super, dann können wir auch gleich Kartoffeln anbauen gehen und bei 40 Grad den Schafmist aufsammeln. Gerne! Das wollte ich schon immer mal. NICHT TUN!!!“

Meine Orientierungsphase war  immer noch in vollem Gange und die Euphorie kein Stück getrübt. Klar, dass ich meinen Liebsten rund um die Uhr an meinen neuen Ideen teilhaben lassen wollte. Nachts, beim Essen, im Bad oder via SMS. Auf Vorschläge wie das Lykische Meer, Bologna oder das Familien Yoga-Camp im Honigtal auf Griechenland, hieß es:
„Was sollen wir da machen?“
„Wo ist das?“ Oder,
„Jetzt übertreibst du aber wirklich.“

Obwohl ich uns schon beim Yoga in Griechenland sehen konnte. Wir, mit weißen Leinenhosen beim Sonnengruß, „Hellas!“ Naja, irgendwann bin ich dann auf ein anderes, ganz spezielles Angebot gestoßen: „Planwagenferien in den Vogesen!“ Die Vogesen habe ich aber gar nicht erst vorgeschlagen. Sein Blick hätte mich sonst womöglich noch um die Ecke gebracht…

Außerdem haben wir uns geeinigt. Wir setzten doch wieder auf Altbewährtes. Einmal (wild) Camping, immer Camping! Bis nächstes Jahr gilt also: „Phantasie ist eine wunderbare Eigenschaft, aber man muss Sie im Zaum halten.“ Und das, Herr Kästner, werde ich. Europa wir kommen… Yee-Haw!

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