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Mitten im Leben

Das Kinderhospiz St. Nikolaus in Bad Grönenbach

Hell und freundlich ist das schöne Haus mitten in Bad Grönenbach. Keiner, der zufällig vorbei geht, würde vermuten, dass hier Leid, Freude, Lachen und Weinen ganz eng beieinander liegen. Das Haus St. Nikolaus ist ein Kinderhospiz, das einzige in Bayern und Baden – Württemberg. Es ist eine Anlauf- und Erholungsstätte für Familien mit unheilbar und lebensbegrenzt erkrankten Kindern.

Eltern, die ein unheilbar oder lebensbegrenzt erkranktes Kind haben, leben in einer sehr angespannten und schwierigen Situation. Die Eltern sind ständig mit Ängsten und Konflikten konfrontiert. Eine Normalität des alltäglichen Lebens ist oftmals nicht möglich, weil das kranke Kind ständig im Fokus ist.  Vieles kommt dabei zu kurz, insbesondere das Familienleben. Ein Aufatmen oder Erholung gibt es in dieser schwierigen Lebenssituation kaum. Die Eltern und auch Geschwister kommen an ihre psychischen und physischen Grenzen. Denn der Alltag orientiert sich an der Erkrankung und den Bedürfnissen des betroffenen Kindes. Geschwister erfahren dadurch oftmals weniger Fürsorge und geraten in Gefahr, psychosomatische Symptome zu entwickeln, Partnerschaften werden schwer belastet, nicht selten zerbrechen Ehen an der Situation.

Um diesen Familien ein zweites Zuhause und einen Ort zum Kraft tanken zu geben, wurde im März 2007 das Kinderhospiz St. Nikolaus eröffnet. Acht schöne, helle und behindertengerechte Zimmer befinden sich im Erdgeschoss des Hauses. Hier wohnen die Kinder, die, wenn es nötig ist, rund um die Uhr betreut werden können. „Jedes Kind wird nach den Wünschen der Eltern und den Bedürfnissen des Kindes gepflegt“, so Pressesprecherin Brigitte Waltl-Jensen.

„Wenn es mich nicht berühren würde, wäre ich hier fehl am Platze“

Im ersten Stock befinden sich die Eltern- und Geschwister-Appartements, die sehr wohnlich eingerichtet sind. Insgesamt haben die Eltern die Möglichkeit, 28 Tage im St. Nikolaus zu verbringen. Wie sie letztendlich die Entlastungsaufenthalte einteilen, bleibt jeder Familie selbst überlassen. „In diesen sieben Jahren haben wir 374 Familien begleitet “, erzählt Brigitte Waltl-Jensen. Ziel dieser Aufenthalte ist es, dass die Eltern und Kinder zur Ruhe kommen und gemeinsam eine gute Zeit verbringen können.  „Unser Team mit 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auf 28 Vollzeitstellen verteilt, besteht aus Professionen verschiedener Bereiche wie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Pädagogik, diverser therapeutischer Angebote und der Hauswirtschaft. Die ärztliche Begleitung durch qualifizierte  Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde mit Erfahrung auf dem Gebiet der pädiatrischen Palliativmedizin, erfolgt auf Honorarbasis. Dem hauptamtlichen Team stehen viele geschulte Ehrenamtliche zur Seite“, so  Brigitte Waltl-Jensen.

Die gesamte Einrichtung ist deshalb stark von Spenden abhängig. Etwa 1 Million Euro braucht das Hospiz jedes Jahr an Spendengeldern. Für die erkrankten Kinder und Jugendlichen gibt es je nach Pflegestufe einen Zuschuss von den Kranken- und Pflegekassen für 28 Tage. Da aber die gesamte Familie im Fokus von St. Nikolaus steht, ist es wichtig, alle Familienmitglieder aufzunehmen. Der Aufenthalt der Eltern und der gesunden Geschwister wird jedoch nicht von den Kostenträgern übernommen und muss komplett aus Spendenmitteln finanziert werden, da zumeist die betroffenen Familien nicht in der Lage sind, einen Eigenbetrag zu leisten. Aus diesem Grund ist das Kinderhospiz St. Nikolaus mit seinem Förderverein Kinderhospiz im Allgäu e.V. auf eine jährliche Spendenunterstützung angewiesen.

Neben Bewegungsbad, Reit- und Musiktherapie, gibt es auch einen Snoezelenraum (Kuschelraum) und eine Hauskapelle sowie einen Erinnerungsgarten. In Zusammenarbeit mit dem Team gestalten die Familien ihre eigene Fahne, die das Kind und die ganze Familie symbolisiert. Verstirbt das Kind, wird die Fahne in den Erinnerungsgarten zu den anderen Fahnen dazu gehängt. Einmal jährlich wird ein Erinnerungsfest veranstaltet, um den Eltern eine kontinuierliche Begegnung und einen Austausch zu ermöglichen. Seit der Eröffnung des Kinderhospizes sind 113 Kinder der von in St. Nikolaus betreuten Kindern gestorben.

Im Gespräch mit Pressesprecherin Brigitte Waltl-Jensen

Mit welchen Erkrankungen kommen die Kinder zu Ihnen ?
Zum großen Teil sind es Stoffwechselerkrankungen (23 %), genetische Erkrankungen (27 %) und Erkrankungen der Muskulatur (16 %). Es gibt noch eine Vielzahl an Erkrankungen, die lebensmindernd sind (24 %), die man nicht alle aufzählen kann. Drei Prozent sind Kinder mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung.

Woher kommen die Familien, die den Aufenthalt bei Ihnen in Anspruch nehmen?
Die Familien kommen aus ganz Deutschland. Wir haben auch eine Familie aus Südtirol, die immer wieder zu uns kommt. Die Familien bekommen maximal 28 Tage im Jahr bezuschusst. Im Durchschnitt sind es 10 Tage, die sie bei uns verweilen.

Es ein sehr trauriges Thema und trotzdem stellt sich die Frage, was ist wenn, ein Kind im Sterben liegt, gilt dann diese 28-Tage-Regelung auch?
Wenn es um die Sterbebegleitung geht, dann sind die Aufenthaltstage nicht begrenzt. Da trifft der Begriff Kinderhospiz ganz zu.

Gibt es Aufnahmekriterien für die betroffenen Eltern, beziehungsweise wie alt darf das Kind sein, um bei Ihnen aufgenommen zu werden?
Als Aufnahmekriterie gilt die Diagnose vom Kinderarzt, dass die Kinder unheilbar und lebensverkürzt erkrankt sind. Die Kinder werden bei uns offiziell von 0 bis zum 18. Lebensjahr aufgenommen.

Sie betiteln Ihr Haus als ein offenes Haus. Gilt das auch für andere Konfessionen, die nicht dem christlichen Glauben angehören?
Wir nehmen jedes Kind mit seiner Familie auf, unbeachtet seiner Konfession. Wir haben einen Abschiedsbereich und einen Abschiedsraum.

Wie gehen Ihre Mitarbeiter mit diesen sehr emotionalen Lebensgeschichten um?
Die Frage höre ich oft. Manchmal haben wir eine eins zu eins Betreuung, es ist also sehr individuell. Dass sie emotional miteinbezogen werden, bleibt nicht aus. Um das gut verarbeiten zu können, bekommen unsere Mitarbeiter eine Supervision.

Wie kann man außer Spenden noch helfen, vielleicht mit einer Mitgliedschaft?
Ja, auf jeden Fall. Wie haben etwa 1800 Mitglieder und jeder kann Mitglied werden. Der Mindestbeitrag ist 25 Euro im Jahr. Anmelden kann man sich über unsere Homepage oder schriftlich per Antragsformular.

INFO
Im Zuge eines integrativen und ganzheitlichen Versorgungsansatzes kooperiert das Kinderhospiz eng mit ambulanten Kinderhospizdiensten, dem Nachsorgezentrum „Bunter Kreis e.V.“ (Augsburg und Allgäu) sowie dem HOMe- Projekt des Interdisziplinären Zentrum für Palliativmedizin (IZP) in München und diversen ambulanten Kinderkrankenpflegediensten.
Spendenkonten

Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim
Kto-Nr. 10 229 706
BLZ 731 500 00
IBAN DE32 7315 0000 0010 2297 06
SWIFT-BIC: BYLADEM1MLM

VR-Bank Memmingen
Kto-Nr. 133 78 90
BLZ 731 900 00
IBAN DE86 7319 0000 0001 3378 90
SWIFT-BIC: GENO DE F1 MM 1

Text: Sabina Riegger
Bilder: Kinderhospiz St . Nikolaus

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