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Berge, Brotzeit, Biergenuss

Füssener Hütte

Füssen.    „Wenn man sich seinen Traum von einer Hütte erfüllen kann, ist das schon etwas ganz Besonderes. Die viele Arbeit darf man nicht scheuen, man muss einfach seinen Weg gehen.“ Jörg Kratzer geht seinen Weg. Er hat ihn auf die Füssener Hütte geführt, dort, wo alles ein bisschen ruhiger ist, da, wo die Natur zum größten Teil noch unberührt ist. Ein typischer Hüttenwirt ist der gebürtige Weissenseer nicht, auch wenn er mit Lederhose und Hut seine Gäste auf 1.550 Meter Höhe empfängt.  Das gehört einfach zu ihm, das macht ihn so authentisch. Er lässt sich schwer in ein Klischee pressen, was auch gut ist. Jörg Kratzer ist so wie er ist, natürlich, gerade heraus und sehr naturverbunden. 

Anfangs war seine Frau Katharina skeptisch, ob die Hütte das Richtige ist. „Andere sehen die viele Arbeit nicht, die dahinter steckt“, sagt sie lächelnd. Während den Sommerferien ist sie öfter auf der Hütte „eigentlich jede Woche“, sagt sie und fügt hinzu „ich sehe, dass Jörg mich hier oben auch als Arbeitskraft braucht“. „Die Kinder fühlen sich hier wohl, sie brauchen niemanden, der sich mit ihnen beschäftigt. Es gibt immer etwas zu entdecken“, erzählt der Familienvater. Die Füssener Hütte ist ausser montags, geöffnet. „Der Montag ist unser Ruhetag und zugleich der Schlachttag“, erklärt der Metzgermeister. Als selbstständiger Schlachtmeister ist er viel unterwegs bei Hausschlachtungen im Allgäu und dem benachbarten Tirol sowie im Füssener Schlachthof. Die Familie ist sehr bedacht, ihren Gästen Qualität zu bieten. Deshalb werden in der Hüttenküche nur regionale Produkte verwertet. Das Wildfleisch wird von den Jägern aus der Halblecher- und Buchinger sowie aus der Musauer Jagd geliefert und das Brot wird beim Bäcker im Dorf gekauft. Selbst beim Bier hat der Hüttenwirt nicht auf Qualität verzichten wollen. Den Gästen wird im wahrsten Sinne des Wortes Königliches Bier ausgeschenkt, und zwar von der Brauerei Kaltenberg.

Jörg Kratzer sammelt Antiquitäten, er selbst nennt es alte Sachen. „Manchmal haben sie halt nur für mich eine Bedeutung“, so der 36-Jährige. Die Stube in der Hütte heißt jetzt Jägerstube und ist mit alten Fotos und Geweihen geschmückt. Viel verändert hat sich in der Füssener Hütte nicht. „Man muss nicht immer alles verändern. Es gibt Sachen, die haben sich bewährt, dann muss man auch den Mut haben zu sagen, das lasse ich jetzt so“, so der Hüttenwirt. Noch ist es früh am Vormittag und die ersten Gäste sitzen bereits auf der herrlichen Sonnenterrasse. Es sind drei Mädels, die von der alpinen Aussicht einfach begeistert sind. Sie blicken direkt auf den Schartschrofen, weiter links ist der Gimpel. Der Füssener Zitherspieler Magnus Lipp ist auch schon oben. Er will noch eine Nacht auf der Hütte verbringen und ein wenig Zither spielen „… die Leute mögen das“, sagt er und stimmt ein Lied an. Auch Jörg Kratzer ist musikalisch. Er spielt die Steirische und Gitarre während Katharina Kratzer Geige spielt. „Ich spiele klassische Stücke. Es kommt sehr selten vor, dass wir gemeinsam musizieren können“, erzählt sie. Früher spielte sie in einem klassischen Orchester, heute hat sie nur selten Zeit dafür. Dass ihr Mann Jörg zur Gitarre greift und ein Johnny Cash Lied spielt, verwundert sie nicht. „Jörg ist sehr autentisch. Er spielt dann wenn er Lust hat. Mal ist es ein Blues oder ein irisches Stück oder Volksmusik.“ Blues auf der Füssener Hütte und das an einem ganz normalen Tag, das verwundert nicht nur die Gäste, die immer mehr werden, sondern auch mich. Es ist einfach nur schön und vor allem so ungezwungen. „Eine tolle Stimme“, hört man einen Gast sagen. Doch nach einigen Liedern, wo der eine oder andere Gast mit singt, ist dann auch wieder Schluss. Es war ein kurzes Intermezzo, fein, ohne viel Aufsehen und doch bleibt es den Gästen in bester Erinnerung. „Wir kommen wieder“, sagen die jungen Mädel, die selbst die Gitarre und die Zither in die Hand genommen und mit musiziert haben.

Erholung auf 1.550 m

Die Füssener Hütte ist eine Erholungshütte, stellt Katharina Kratzer dar. „Hier her kommen Menschen, die all das hier suchen“, und deutet auf die Umgebung. Manche bleiben ein bis zwei Nächte, weil sie von der Füssener Hütte aus Touren gehen. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es genügend, 65 insgesamt, aufgeteilt in Drei-  und Mehrbettzimmer.
Hier oben auf der Füssener Hütte, haben Katharina und Jörg Kratzer auch manchmal für sich Zeit. Kein Handy, kein Laptop, kein Fernseher – man ist alleine mit sich und der Natur. „Das Leben nimmt einfach einen anderen Rhythmus an. Man fühlt sich irgendwie freier“, erzählen die Beiden. Seit dem sie Hilfe von ihren zwei Mitarbeitern haben, können sie auch kleine Touren rund um die Hütte unternehmen. „Ich nehme mir immer vor die Hüttennachbarn zu besuchen, aber das schaffe ich nicht immer. Manche kenne ich nur durch das Telefon“, meint die 34Jährige.

Im Herbst, wenn es dann heißt runter ins Tal, wird dem Schreiner und Metzgermeister etwas komisch zumute. „Sehnsucht hab ich dann schon nach den Bergen“, sagt er ehrlich. Einmal Berg immer Berg? „Vielleicht, es ist etwas ganz anderes auf einer Hütte zu arbeiten“. Doch bis es soweit ist, haben sie ja noch ein wenig Zeit. Erst Mitte Oktober soll es wieder nach Hause gehen.

Text · Bild: Sabina Riegger

 

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